foodaktuell.ch
Internetmagazin für die Lebensmittelbranche Samstag, 04. Mai 2024
Inhalt
Home
Nachrichten
Fleisch & ...
Backwaren & ...
Gastronomie
Über uns, Werbung
Archiv, Suche
Impressum
3.2.2016
Messetipp: IFFA 2016 in Frankfurt

„Fleischindustrie 4.0“ nimmt Fahrt auf
anzeigen...

Partner/Sponsoren

Cash+Carry Angehrn: Frische für Profis an neun Standorten in der Deutschschweiz.
Direkt zur CCA-Website:
www.cca-angehrn.ch


Empfohlene Links:

Fachschule für Bäckerei,
Konditorei, Confiserie:
www.richemont.cc


Fachschule für Metzgerei:
www.abzspiez.ch


Internationale Privat-Fachschule für Koch-Profis: European Culinary Center DCT in Vitznau LU
Deutsch: http://german.dct.ch
English: www.culinary.ch


Internet- und Socialmedia-Auftritte:
www.chrisign.ch







Schweizerischer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband


Beiträge im Archiv

13.5.2006 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
Druckansicht
Tiere schonend transportieren




Tiertransporte sind unverzichtbar. Viehhändler und Tiertransporteure üben dabei eine wichtige Funktion aus, welche Bauern, Metzgern und Konsumenten gleichermassen zu Gute kommt. Denn: Pierre-Alain Dufey, Fleisch-Wissenschafter der Agroscope Liebefeld-Posieux ALP sieht eine spezielle Verantwortung beim Transportgewerbe: „Die Händler müssen es vermeiden, beim Transport Tiere verschiedener Herkünfte zu mischen oder zu lange vor der Schlachtung zu transportieren. Der Stress der Tiere wirkt sich negativ auf die Fleischqualität aus.“

Es geht auch um den schonenden Umgang mit Tieren. Beim Bundesverband deutscher Tiertransporteure betont man: „Wir transportieren keine Ware, sondern lebende Tiere. Das ist ein Auftrag, der Verantwortung fordert.“

Zum Tierwohl auf Transporten: Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis

Kurzfassung des Referats von Dr. Michael Marahrens, Institut für Tierschutz und Tierhaltung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, DE-Celle, anlässlich der STS-Tagung „Tierschutz und Tiertransporte“ vom 27. April 2006 in Olten:

Auf dem Transport wirken eine Vielzahl von Faktoren auf Tiere ein, die ihr Wohlbefinden in erheblicher Weise stören können. Darüber wird in den letzten Jahren eine intensive gesellschaftliche und politische Diskussion geführt, die auch in der EU zu neuen gesetzlichen Regelungen führt.

Am Beispiel des Rindertransportes wird verdeutlicht, welcher Natur die Einflussgrössen sind und wie die Tiere darauf reagieren können. Hierfür wurden in der Vergangenheit verschie-dene Versuche und Feldstudien hauptsächlich zum Ferntransport sowohl von Zuchttieren als auch Masttieren durchgeführt.

Untersucht wurden hier Parameter der generellen Belastungsreaktion wie das Verhalten (Stehen, Liegen), Herzfrequenzen, Körpertemperaturen und Stresshormone (v.a. Cortisol) sowie Faktoren des Energie- (freie Fettsäuren, Ketokörper) und Flüssigkeitshaushaltes (Gesamtprotein, Hämatokrit, Elektroyte). Auch die Lufttemperatur und –feuchte wurde kontinuierlich mit erfasst.

Beim Ferntransport in Nord-Südrichtung werden durch die Passage verschiedener Klima-zonen erhöhte Ansprüche an die Thermoregulation der Tiere gestellt. Hier kommen jedoch noch weitere Belastungsmomente wie der Standort des Tieres im Fahrzeug sowie die Pausengestaltung hinzu, da es bei stehendem Fahrzeug und fehlender Zwangsventilation grundsätzlich zu Temperaturerhöhungen im Fahrzeuginnern kommt.

Die Körpertemperatur ist ebenso wie die Herzfrequenz weitgehend abhängig vom emotionellen Status der Tiere, jedoch auch von ihrer motorischen Aktivität und letzlich vom (Energie-) Stoffwechsel. Diese Zusammenhänge führen zu diurnalen und episodischen Rhythmen, die auch unter den Bedingungen des Transportes beibehalten werden - jedoch auf höherem Niveau.

Das durch den Transport veränderte Ethogramm äussert sich in er-höhter Aktivität (auch isometrische Motorik), die über erhöhtem Stoffwechsel zu erhöhten Körpertemperaturen und Herzfrequenzen führen (zusätzlich zu emotional bedingtem "Tonus").

Grundsätzlich sind diese Prozesse auch im üblichen Praxisablauf des landwirt-schaftlichen Betriebes vorhanden und können Änderungen physiologischer Parameter in vergleichbarem Umfang verursachen. Hier fehlt jedoch die Tierschutzrelevanz, da hier immer auch Ruhephasen möglich und vorhanden sind.

Die Untersuchung des Energie- und Flüssigkeitshaushaltes von Rindern während des Transportes zeigt auf, dass hochtragende Färsen, Bullen und Ochsen unterschiedlich auf die Umstände des Ferntransportes und dadurch bedingte Belastungen reagieren.

Auch wenn die Gesetzgebung für den Tierschutz beim Transport gleiche Anforderungen aus-schliesslich abhängig vom Körpergewicht vorschreibt (mit Ausnahme der Anforderungen an den Transport von Kälbern), sind diese Unterschiede insbesondere hinsichtlich der Vor-bereitung der Tiere auf den Transport zu beachten.

Position des Schweizer Tierschutz STS zum Tiertransport

Tiertransporte werden von der Öffentlichkeit und den Konsumenten kritisch gesehen. Schonende und möglichst kurze Transporte sind mit der Revision des Tierschutzgesetzes gesetzliche Pflicht geworden. Diese Vorgaben gilt es nun von der Viehhändler- und Tiertransportbranche umzusetzen. Der STS wird diese Umsetzung kritisch und konstruktiv begleiten.

Unsere Nutztiere sind sensible Lebewesen. Mit ihrem reichhaltigen Verhalten zeigen sie den Artgenossen - und, wenn wir es denn zu verstehen vermögen, auch uns - was sie denken, fühlen oder beabsichtigen. Aufschlussreich ist dabei, dass trotz tausenden von Jahren der Domestikation und der extremen Leistungszucht der letzten fünfzig Jahre, dieses Verhalten praktisch gleich geblieben ist.

Am Transporttag treffen Tiere auf fremde Artgenossen und geraten in unvertraute Situationen. Darauf reagieren sie exakt so, wie sie in freier Wildbahn auf Unbekanntes reagieren würden: Mit Vorsicht und Fluchtbereitschaft. Je weniger vertraut Nutztiere mit Menschen sind, desto stärker zeigen sie diese Reaktion. Im Gegensatz zu Sportpferden, die häufig gefahren werden, sind Transporte für die allermeisten Nutztiere seltene und absolut ungewohnte Ereignisse.

Dabei spielt die Erfahrung der Tiere eine wichtige Rolle. Sind Kühe oder Rinder ge-wohnt, am Strick geführt zu werden? Kennen Mastschweine den Weg von der Bucht ins Freie, zum Verladeplatz? Haben Tiere mit Menschen oder Einrichtungen vorgängig schlechte Erfahrungen gemacht?

Tierschutzrelevanz von Transporten

Jeder Transport stresst ein Tier in einem gewissen Masse. Dieser Stress liegt bei einem ruhigen, ohne starken Zeitdruck vonstatten gehenden Ein- und Ausladen, einer be-herrschten Fahrweise und der Verwendung von konformen Fahrzeugen und Einrichtun-gen im Rahmen der natürlichen Anpassungsfähigkeit der Tiere. Aus tierschützerischer Sicht ist also gegen Transporte von domestizierten Tieren, sofern sie tierschutzkonform durchgeführt werden, nichts einzuwenden.

Tierschutzrelevant werden Transporte erst dann, wenn einer oder mehrere der nach-stehenden Punkt ins Spiel kommen:

1. Versagen des Faktores „Mensch“
2. Ungenügende Einrichtungen beim Ein- und Ausladeort und im Camion
3. Mehrmaliges Umladen und/oder Transport überschreitet gewisse Dauer

Diesen Punkten gilt es daher besondere Beachtung zu schenken bei der täglichen Transportarbeit, der Aus- und Weiterbildung und bei Kontrollen.

Aufgrund der spezifischen Gegebenheiten der Schweizer Landwirtschaft und der star-ken Sensibilisierung der Bevölkerung für Tierschutzfragen liegen die Zukunftschancen unserer Bauern und von Schweizer Produkten klar in einer Qualitätsproduktion. Pro-dukte aus ausländischen Tierfabriken werden immer billiger sein. Hierzulande muss man deshalb die Konsumenten mit anderen Argumenten vom teureren Schweizer Produkt überzeugen.

Möglichst kurze und schonende Transporte

Zur tiergerechten Haltung gehört auch ein möglichst kurzer und schonender Transport. Das hat sich nicht nur als Meinung in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Vielmehr lässt sich der Zusammenhang zwischen der Art und Weise des Transportes und der Tiergesundheit resp. der Qualität der Produkte auch durch Praxiserfahrung und wissen-schaftliche Erkenntnisse klar nachweisen.

Mangelnde Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Tiere auf Transporten ist deshalb nicht nur ethisch, sondern auch wirtschaftlich fragwürdig! Diese Erkenntnis hat sich leider noch nicht überall durchgesetzt.

Geht heute eine Transportfirma resp. ein Chauffeur nicht korrekt mit den anvertrauten Tieren um oder werden Tiere unnötig lange herumgekarrt, so bezahlen die Tiere, die Bauern, die Metzger und schlussendlich die Konsumenten die Zeche. Auch um hier wieder ein Stück Gerechtigkeit einzuführen, befürwortet der STS vermehrte Tiertransport-Kontrollen; sei dies über die Behörden oder privatwirtschaftlich organisiert, z.B. über akkreditierte Kontrolldienste.

Fachmännische Kontrollen

Kontrollen haben oft einen zweifelhaften Ruf. Sinnvoll betrieben schützen sie aber jene, die korrekt sind, vor den schwarzen Schafen! Das gilt auch beim Tiertransport. Fach-männische Kontrollen samt detaillierten Berichten gestatten es dem Transportunter-nehmer und der Branche, Schwachstellen auszumerzen, sich laufend zu verbessern und diese Bemühungen gegen aussen zu kommunizieren.

Auch bei Tiertransporten können Fehler passieren. Das wird niemand bestreiten und niemand der Branche anlasten. Aber es gilt, schwarze Schafe zu erkennen und ihnen klar zu machen, dass sie in dieser extrem anspruchsvollen Tätigkeit nichts verloren haben.

Tierfreundliches Verhalten gezielt fördern

Tiertransporte sind äusserst anspruchsvoll. Das bedingt eine sorgfältige Auslese der Chauffeure durch die Transportfirma, eine ständige interne Aus- und Weiterbildung aber auch den periodischen Besuch externer Ausbildungsveranstaltungen, z.B. der IGTTS. Tiertransport-Kontrollen sind ein gutes Instrument zur Verbesserung der Arbeitsqualität sowie zur Mitarbeiterbeurteilung. Transportfirmen müssen sicherstellen, dass sich tier-freundliches Arbeiten für den Chauffeur lohnt!

Die Chauffeure sind allerdings nach den Tieren, die sie befördern, das schwächste Glied in der Kette. Wichtig ist deshalb, dass ein Unternehmen intern die Voraussetzun-gen schafft für ein menschenwürdiges und tierfreundliches Arbeiten. Tierschutz muss Chefsache sein! Firmenphilosophie und Qualitätssicherungssysteme sollen dem Tier-schutz einen hohen Stellenwert einräumen.

Ein Chauffeur muss auf die volle Rückendeckung seiner Vorgesetzten zählen können, wenn er im Zweifel für das Tier entscheidet. Es darf auch nicht angehen, dass Unter-nehmen, die sich wenig um den Tierschutz kümmern, damit einen Wettbewerbsvorteil erzielen können. Hier ist klar die Banche gefordert.

Referat von Dr. Hans-Ulrich Huber, Geschäftsführer Fachbereich des Schweizer Tierschutz STS anlässlich der STS-Tagung „Tierschutz und Tiertransporte“ vom 27. April 2006 in Olten

Bild: STS
__________________________________________

Die Redaktion empfiehlt:

Archiv der Nachrichten

Archiv der Varia-Beiträge

foodaktuell.ch-Newsletter

foodaktuell Journal (Print)

Delikatessen-Führer delikatessenschweiz.ch






Copyright Codex flores, Huobstr. 15, CH-8808 Pfäffikon (SZ)