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Beiträge im Archiv

2.6.2007 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Nischenmarkt Pferdefleisch

Pferdefleisch(waren) werden heute vor allem in der Westschweiz und von Feinschmeckern geschätzt. Und sie sind sogar günstiger als Rindfleisch. Beliebt ist Pferdefleisch als Trockenprodukt, aber der Konsumanteil beträgt nur ein Prozent. Zum grössten Teil wird importiertem Rohfleisch verwendet. Pferdefleisch enthält viel Eisen und Calcium. Besteht hier eine Nischenmarktlücke?


Metzgerei Hornecker, Zürich: ABZ-Goldmedaille 2006 für Pferdemostbröckli

Pferdefleisch gilt als Spezialität. Im Supermarktregal liegen Pferdefilet und Pferdemostbröckli heute gleichberechtigt neben edlen Produkten aus Rinds- und Schweinefleisch. Doch früher durften Pferdeprodukte per Gesetz nicht zusammen mit Rindfleisch verkauft werden. Dies aus Gründen der Verwechslungsgefahr und der Kundentäuschung. Erst Mitte der Achtzigerjahre liess der Gesetzgeber die Klausel fallen. Diese Diskriminierung des Pferdefleischs geht auf den mittelalterlichen Hexenwahn und den Kampf der Kirche gegen das Heidentum zurück.

Dazu der Schaffhauser Stadtarchivar Peter Scheck: „Am Hexensabbat wurde angeblich gesottenes und gebratenes Pferdefleisch aufgetragen, jedoch ohne Brot und Salz, denn dies sind heilige Dinge, welche die Hexerei unwirksam machen”. Doch nicht nur Aberglaube rankte sich um den Genuss von Pferdefleisch, es gab auch handfeste religiöse Verbote. So brandmarkte Papst Gregor III. im Jahr 732 das Pferdfleisch als unrein und untersagte der Christenheit den Verzehr mit der Begründung, es verursache Aussatz (Lepra).

In Wirklichkeit wollte die Kirche vor allem den heidnischen Pferdekulten der Germanen einen Riegel schieben. Trotzdem konnten sich gerade auch bei uns zahlreiche Pferdefeste halten, und mancherorts ist der Herbstmarkt bis heute jener Tag im Jahr, an dem traditionell Pferdefleisch gegessen wird.

Gesundheitspolitisch war das kirchliche Pferdefleischverbot purer Nonsens, denn Pferdeprodukte sind besonders nahrhaft. Sie sind reich an ungesättigten Fettsäuren und enthalten dreimal mehr Kalzium, aber nur halb so viel Natrium wie Rind. Zudem ist der Eisengehalt besonders hoch – daher die kräftige rote Muskelfarbe. Pferdefleisch schmeckt kaum anders als Rind – zumindest bei jüngeren Tieren. Erst beim Fleisch von älteren Pferden stellt sich der unverkennbare, leicht süssliche Geschmack ein.



Pferdefleisch ist im Durchschnitt magerer als Rind-, Schwein- oder Lamm-Fleisch (Bild: zvg)


Attraktiver Ladenpreis

Früher wurden spezielle Pferdemetzgereien eingerichtet; dennoch konnte sich Pferdefleisch nur in den frankophonen Gebieten durchsetzen. „Eine Folge davon ist, dass in der Westschweiz viel häufiger Pferdefleisch gegessen wird als in der Deutschschweiz”, sagt die Archäozoologin Sabine Deschler- Erb von der Universität Basel. In der Tat blieb Pferdfleisch im alemannischen Raum noch lange als Arme-Leute-Kost verschrien.

„Dieses Image hat Pferdefleisch erst nach dem 2. Weltkrieg abgelegt”, erklärt Davide Elia von Bell. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Krieg habe für einen kontinuierlichen Anstieg der Kaufkraft gesorgt und das Image verschiedener Lebensmittel wie auch das Ernährungsverhalten der Schweizer verändert.

Entsprechend den heutigen höheren Ansprüchen werden heute von der Kundschaft vor allem Pferdefleisch-Edelstücke geschätzt: Entrecôte, Filet, Steak, aber auch Fondue Chinoise und Roast Beef. Eher selten ist dagegen Charcuterie – „am ehesten kommen hier Trockenfleischprodukte zum Zug”, so Elia. Dabei können die Pferdefleischliebhaber davon profitieren, dass die Ladenpreise für ihre Leibspeise im Schnitt etwa zehn Prozent tiefer liegen als bei Rind.



Macelleria Scalino, Li Curt GR: Spezialität ist Trockenfleisch vom Jura-Pferd.


Neunzig Prozent importiert

Dennoch ist der Pferdefleischkonsum in der Schweiz bescheiden. Er beläuft sich aktuell auf bloss 680 Gramm pro Jahr und Person und übertrifft damit den Verzehr von Wildbret nur geringfügig. Schon Fisch und Geflügel werden mit je acht Kilogramm deutlich stärker nachgefragt. Bei Rind liegt der Konsum bei elf Kilogramm, bei Schweinefleisch sogar bei über 25 Kilogramm. So beträgt denn der Anteil von Pferdefleisch am Gesamtfleischkonsum nur gerade 1,1 Prozent.

Dieser Nischenmarkt wird zudem grösstenteils durch Importe aus Nordamerika versorgt. Während die inländische Produktion von Pferdefleisch zwischen 2005 und 2006 von 499 Tonnen auf 483 Tonnen zurückging, legte die Einfuhr um 467 Tonnen auf 4745 Tonnen zu und deckt damit inzwischen über 90 Prozent der Nachfrage. Da erstaunt es, dass die Schweizer Bauern die Pferdemast nicht längst als Produktionsnische entdeckt haben. Denn nach wie vor kommen bei uns fast nur ausgediente Reitpferde unters Metzgermesser sowie Fohlen, die sich nicht als Zucht- oder Reittiere eignen.


„Auf den ersten Blick scheint die Pferdemast tatsächlich ein gewisses Potenzial für die hiesige Landwirtschaft zu bergen”, meint Heiri Bucher, Leiter Viehwirtschaft beim Schweizerischen Bauernverband. Doch bei einem Preis von gerade noch sieben Franken pro Kilogramm sei die Schlachtpferdproduktion nicht rentabel. Und gross für Pferdefleisch die Werbetrommel rühren könne man auch nicht. „Das passt nicht zum Image des Pferdes als Freizeit- und Heimtier”, sagt Bucher. Somit bleibt das Pferdefilet wohl auch in Zukunft ein Geheimtipp für Gourmets und Connaisseurs.

Vierzig Pferdemetzgereien in der Schweiz

Rund 20 Schweizer Pferdemetzgereien sind im Verband der Schweizerischen Pferdefleischimporteure (VPI) zusammengeschlossen. Neben den VPI-Mitgliedern gibt es etwa noch einmal so viele Pferdemetzgereien, die sich nicht mit dem Import befassen. Insgesamt waren laut Angaben des Bundesamts für Veterinärwesen BVET im letzten Jahr 135 Schlachthöfe und Metzger an Pferdeschlachtungen beteiligt.

Den hohen Importanteil an Pferdefleisch erklärt Proviande-Sprecherin Regula Kennel damit, dass das Pferd hierzulande eine spezielle Stellung einnehme: „Wurde das Pferd früher als Arbeitstier gebraucht, wird es heute vor allem im Sport und bei verschiedensten Aktivitäten und Hobbys eingesetzt.”

Auch die BSE-Krise brachte dem Pferdefleisch keinen Impuls, erinnert sich Balz Horber, Direktor des Schweizerischen Fleischverbands: „Die dunkelrote Farbe beim Pferdefleisch gleicht jener von Rindfleisch. Trotz BSE setzte es sich aber nicht als Alternative durch.” 2006 wurden in der Schweiz 3‘500 Pferde geschlachtet, eine bescheidene Anzahl im Vergleich zu den 77‘000 Rindern.

Text: Elias Kopf / LID
Bilder: foodaktuell und zvg

Weiterlesen: Undeklariertes Pferdefleisch in Würsten
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