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14.7.2007 - Rubrik: Gastronomie
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«Fritieren» mit Stickstoff

In der Schweiz gibt es mehrere Möglichkeiten, die neuartige molekulare Küche in Kursen kennenzulernen: Der St.Galler Biosupermarkt Yardo bietet solche an und seit Januar auch die Kochschule Soul Food Factory im Züricherischen Zollikerberg in Zusammenarbeit mit der deutschen JeLo Event GmbH. JeLo-Chef und Molekularkoch Jens Lorenz will «nicht etwas Bewährtes ersetzen sondern durch Neues erweitern». foodaktuell hat den Molekular-Zauberern an einem Soul Food Factory-Kurs über die Schultern geblickt.



Dominik Weckherlin, Kursleiter an der Kochschule Soul Food Factory hat sich spezialisiert auf Molekularkoch-Techniken mit Flüssig-Stickstoff, der bei minus 196 Grad siedet (Bild). Er hält vor den Kursteilnehmern eine Erdbeere auf einer Schöpfkelle drei bis vier Sekunden ins dampfende Tauchbad bis sie leicht knistert. Er nennt dieses Schockfrosten «fritieren», weil die Beere einen knusprigen Eismantel erhält, währenddem sie innen ungefroren bleibt. Der Biss direkt nach der Behandlung ist aussen knackig und innen weich – wie gute Pommes sein sollen.

Aber hier erschöpft sich die Parallelität zum Ölfritieren: Beim Kälteschock geschieht keine Garung, kein Wasser verdampft sondern nur der Stickstoff selbst, und der knackige Mantel besteht aus glasig erstarrtem Wasser. Nach dem Auftauen würde man der Beere nichts mehr anmerken, da keine stofflichen Veränderungen geschehen sondern nur physikalische, den Aggregatszustand betreffende.

Ebenfalls mit Stickstoff entsteht ein hochprozentiges Caipirinha-Sorbet, das in einer normalen Glacemaschine nicht gelingt wegen des zu hohen Alkoholanteils. Weckherlin mahnt aber zu Vorsicht im Umgang mit der gefährlich kalten Flüssigkeit – Isolierhandschuhe sind ein Muss.

Der Hexenmeister träufelt Olivenöl in den Stickstoff und erzielt einen griessartigen Zustand, der an Couscous erinnert. «Zusammen mit Fleur de Sel und Brot werden diese Brösel zum delikaten Amuse-Gueule», so Weckherlin. Im Mund schmelzen die Olivenöl-Schocklinge wieder auf – täten sie es nicht, so würde man keinen Geschmack wahrnehmen. Und stickstoffbehandelte Fleischbrühen in Form eines scheinbar gewöhnlichen Pulvers schmelzen im Mund zu einem aromareichen cremigen Erlebnis. «Aber zuerst sind die Sinne irritiert», kommentiert der Experte.


Für die Kurse melden sich mehr GV- als Individualgastro-Köche an. Jens Lorenz (Bild: links) meint: «sie sind offener für Innovationen. Und Gourmetköche nehmen zwar auch teil, sind aber nicht die Hauptzielgruppe». Er verspricht, dass nur Zusatzstoffe ohne gesetzliche Einschränkungen in seinen Rezepten verwendet werden.


Zwei Kursteilnehmer von Spitalküchen planen, den Patienten und im Catering molekulare Spezialitäten als Apero zu servieren. Und ein anderer Zauberlehrling, Küchenchef in einem Best Western-Hotel, will molekulare Aperohäppchen für Bankette anbieten. Vorteilhaft für die GV sind die günstigen molekularen Rezeptkosten (Geliermittel haben zwar hohe Kilopreise, werden aber nur grammweise verwendet). Eine Ausnahme bildet der teurere Flüssigstickstoff (rund drei Franken pro Liter), den man aber keineswegs verschwenderisch einsetzen muss. Aber der Arbeitsaufwand für die Herstellung, etwa von Melonenkaviar ist beträchtlich, so dass dieses pfiffige Produkt eher für Dekors als für die Hauptkomponente in Frage kommt.

Molekular-Kochkurse an den Hochschulen

Der Schweizer Kochverband veranstaltet an der Hochschule Wädenswil HSW Bromatikkurse über lebensmittelchemische Grundlagen kombiniert mit einem Workshop. Bei diesem geht es vor allem ums Verständnis der molekularen Vorgänge. Die öffentlichen Seminare und Kolloquien der Uni Neuenburg richten sich nicht an Lebensmitteltechnologen sondern an handwerkliche Profi- oder Hobbyköche. «Diese können einen Nutzen ziehen, wenn sie verstehen, warum z.Bsp eine Béarnaise scheidet oder Champagner perlt», schreibt Marc Heyraud von der Uni Neuenburg auf der Instituts-Website. «Es geht aber auch um fundamentale Fragen der Sensorik».

Die Wissenschaft untersuchte bisher vor allem industrielle Prozesse der Lebensmittelverarbeitung. «Die molekulare Gastronomie befasst sich nun vor allem mit der handwerklichen Kochkunst», so Heyraud. Der prominente Pariser Chemiker und Buchautor Hervé This hielt an der Uni Neuenburg einen Vortrag, aber auch Schweizer Experten kommen zu Wort wie Alain Dufey von der Forschungsanstalt Agroscope ALP, einer der erfahrensten Schweizer Fleisch-Wissenschafter.

Dazu offeriert die Uni Neuenburg Weiterbildungskurse wo Köche und Wissenschaftler zusammen arbeiten. Für Einsteiger lohnt sich auch das kürzlich im Herderverlag erschienene Büchlein «Wissenschaft al dente, Naturwissenschaftliche Wunder in der Küche» von Thomas Vilgis. Es enthält leicht verständlich geschriebene Erklärungen der molekularen Vorgänge bei der Zubereitung.

Molekulare Spezialitäten kurz erklärt

Warme Glace: Passionsfruchtsaft mit zwei Prozent Methylcellulose – beim Wärmen auf 60 Grad geliert die Methylcellulose, im Gaumen kühlt sie ab und schmilzt.

Melonenkaviar: Melonensaft mit Alginat in Calciumchloridlösung träufeln: die Tropfen gelieren an der Oberfläche und bleiben im Innern flüssig.



Falsches Spiegelei: Man gibt einen Esslöffel Fruchtsaft mit Alginat in Calciumchloridlösung. Nach den Gelieren richtet man den «Dotter» auf Rahm an.


Citrustränen: Grapefruitschnitze in Stickstoff schockgefroren, mit dem Walholz gebrochen: zerfällt in einzelne Tränen, die sich als Dekor eignen

Falsche Mozzarellakugeln: wie beim Spiegelei einen Dotter aus ungesüsster Kokosmilch herstellen und mit Cherrytomate zum Apero servieren.

Olivenölravioli: Teig aus Olivenöl, Wasser und Geliermitteln (Johannisbrotkernmehl, Xanthan, Gelatine) herstellen, der bei Abkühlen geliert. Füllung aus gehackten Tomaten, Mozzarella und Kräutern.

Pfefferschaum: Wasser mit Pfeffer und Lecithin mit dem Mixer aufschlagen. Schmeckt wie gepfefferte Luft.

Quelle: Kochschule «Soul Food Factory» in Zollikerberg ZH

Weiterlesen: Sensorik für Köche
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