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23.11.2007 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Wie weiter ohne Ferkelkastration?



Die Kastration ohne Betäubung ist ab 2009 verboten. Die Schweineproduzenten werden die unliebsamen Zusatzkosten wohl selbst tragen müssen.

In der Schweiz werden jährlich rund 1,3 Mio männliche Ferkel in den ersten zwei Lebenswochen kastriert. Denn: Nach der Geschlechtsreife hat ein Teil der Tiere - falls nicht kastriert - einen erhöhten Anteil an den Stoffen Androstenon und Skatol im Muskelfleisch. Erhitzt man dieses Fleisch, macht sich ein typischer Ebergeruch bemerkbar, der viele Konsumenten stört.

Ab dem 1. Januar 2009 soll fertig sein mit dem Kastrieren von Schweizer Ferkeln ohne Betäubung. So steht es im Tierschutzgesetz. Um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen, ohne dass wie in der Vergangenheit Tierschützer und Schweinehalter aufeinander losgehen, bildeten alle involvierten Kreise – Produzenten, Verarbeiter, Tierärzte, Grossverteiler und Tierschützer – vor drei Jahren das Projekt ProSchwein.
Das Ziel dieses Projektes war die koordinierte Suche nach der besten Alternative zur Kastration ohne Betäubung.

Die beste Alternative gibt es nicht. Das wurde an der ProSchwein-Schlusstagung vom 13. November in Zollikofen BE klar. Die umfangreiche Vorstellung der Resultate zeigte, dass zwei Methoden zur Diskussion stehen: Die Betäubung durch das Gas Isofluran mit anschliessender Kastration und die so genannte Immunokastration, die die Bildung des verpönten Ebergeruchs durch eine Impfung verhindert. Diese Impfung geschieht einen Monat vor der Schlachtung.

Betäuben oder Impfen?

Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Die Betäubung ermöglicht die Kastration, wie sie bisher gemacht wird, erfordert aber hohe Investitionen. 15‘000 Franken kostet das Gerät der Firma Agrocomp, bei dem die Ferkel auf dem Rücken in eine Schale gelegt und sofort betäubt werden.
Die Immunokastration, die in Australien bereits angewendet wird, ist tierfreundlicher, weil die Ferkel gar nicht kastriert werden, sondern nur kurz vor Lebensende zwei Spritzen erhalten. Die zwei Spritzen sollen laut Hersteller Pfizer zwischen 5 und 5.90 Franken kosten.

Das Problem bei dieser Methode sind die Konsumenten: Vertrauen sie darauf, dass dieses Fleisch ohne Bedenken konsumierbar ist, oder haben sie diffuse Ängste davor, dass noch irgendwelche Rückstände im Fleisch sein könnten? Die Fachleute sind sich einig, dass die Methode für die Konsumenten absolut bedenkenlos ist, dass die Kommunikation aber trotzdem schwierig ist. Der Schweizer Tierschutz und die Nutztierschutzorganisation Kagfreiland setzen sich für eine dritte Variante ein: Die Jungebermast.

Die Tiere dürfen ihre Hoden behalten, bis sie geschlachtet werden, Schlachtkörper mit Ebergeruch werden im Schlachthof ausgesondert. Aus diesem Fleisch werden Rohfleischwaren hergestellt – denn der Ebergeruch entsteht nur, wenn das Fleisch erhitzt wird. Das Problem: Das Aussortieren im Schlachthof ist teuer und in Grossbetrieben fast nicht machbar. Ferner ist fraglich, ob die gesamte Menge an „Stinkerfleisch” als Rohessfleisch zu regulären Preisen abgesetzt werden könnte – im Schnitt ist jedes zehnte männliche Schwein ein „Stinker”.

Branche muss selber bezahlen

Über eines ist man sich in der Branche weitgehend einig: Die Ferkelkastration ohne Betäubung ist ein Problem, das die Konsumten „gelöst” haben wollen, für dessen Lösung sie aber nicht bereit sind, einen Mehrpreis zu bezahlen. Die Kosten, die entstehen – unabhängig davon, wie das Problem gelöst wird – wird die Branche also selber tragen müssen. Die Schweineproduzenten befürchten, dass letztlich wieder alle Kosten an ihnen hängen bleiben.

Peter Hofer, Präsident des Schweinehalterverbandes Suisseporcs, sagte in Zollikofen: „Wir hätten enorm Mühe, eine weitere Kostensteigerung zu akzeptieren.” Die Schlachthofbetreiber möchten am liebsten gar nichts damit zu tun haben. „Die Kontrolle im Verarbeitungsbetrieb ist nicht machbar”, erklärte Balz Horber, Direktor der Schweizer Fleischfachverbände, kategorisch.

An einer solchen Kontrolle wird zwar auch geforscht: Die so genannte elektronische Nase kann mit relativ guter Genauigkeit Fleisch mit Ebergeruch aussortieren. Sie ist aber noch nicht im Schlachthof anwendbar, für die Entwicklung eines Prototypen fehlt schlicht das Geld.
Geld, das zum Beispiel von den Grossverteilern kommen könnte. Denn auch sie verlangen eine rasche Lösung des Problems. Doch Coop und Migros können sich mit dem Thema nicht profilieren und wollen deshalb auch kein Geld ausgeben. In der Niederlande ist das anders: Dort hat McDonald‘s entschieden, ab 1. November 2007 kein Schweinefleisch mehr zu kaufen von Tieren, die ohne Betäubung kastriert wurden. Für die niederländische Fleischwirtschaft ist dies ein wichtiger Impuls, um alternative Lösungen voranzutreiben.

Geld würden die hiesigen Grossverteiler allenfalls für Umfragen locker machen. „Wir wären bereit, eine repräsentative Umfrage zu unterstützen, die klären würde, wie gut die Akzeptanz das Fleisch von immunokastrierten Schweinen bei den Konsumenten ist”, erklärte Bernhard Kammer vom Migros-Genossenschaftsbund. Bisherige Umfragen sind zu wenig objektiv oder zu wenig breit abgestützt, die Ergebnisse entsprechend widersprüchlich.

In Zollikofen war herauszuhören, dass die Metzger und Fleischverarbeiter die Betäubung durch Isofluran bevorzugen. „Die Hoden müssen raus”, heisst es bei den Verarbeitern. Den Schweineproduzenten hingegen ist wichtig, dass kein Monopol für eine Methode entsteht. „Wir möchten, dass beide Methoden angewendet werden”, sagte Peter Hofer von Suisseporcs. Vor allem sei es wichtig, dass auch kleinere Betriebe eine gute Lösung hätten und dass nicht jeder auf die teure Betäubung setzen müsse.

Es geht um viel Geld

Klar ist: Es wartet ein Millionengeschäft. Entsprechend warben Pfizer und Agrocompin Zollikofen für ihre beiden Methoden. Und doch seien vielleicht beide Varianten angesichts der noch bestehenden Mängel nur eine Übergangslösung, erklärte Metzgerchef Balz Horber. Definitive Lösungen werden möglicherweise irgendwann von der EU definiert. Denn dort hat das Thema Ferkelkastration inzwischen eine ungeahnte Dynamik erhalten: die EU-Kommission denkt bereits über ein Verbot der Ferkelkastration nach. Pro-Schwein-Projektleiter Peter Spring prognostizierte: „Das Endziel in der EU ist wahrscheinlich die Ebermast.”
(Quelle: Roland Wyss-Aerni, LID)

Weiterlesen: Jungebermast statt Ferkelkastration?
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