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Beiträge im Archiv

11.10.2008 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Moderne Geflügelmetzgerei

Ernst Kneuss Geflügel AG im Aargauischen Mägenwil ist ein mittelgrosser Familienbetrieb mit 115 Mitarbeitenden, modernem Firmenleitbild und kurzen Entscheidungswegen. Daniel Kneuss, der als CEO die Firma zusammen mit dem Betriebsleiter, seinem Bruder Thomas, führt, setzt die Ziele bei Kundenzufriedenheit, hoher und konstanter Qualität, Innovation und Kontinuität aber nicht primär bei der Umsatz-Maximierung. Er hat «foodaktuell» Einblick in alle Betriebsbereiche gewährt.




Motivierte langjährige Mitarbeiter freuen sich über den dynamischen Betrieb. Bild: Brustfilettierung.

Ernst Kneuss Geflügel AG ist vor 48 Jahren gegründet worden. Das Produktionsvolumen beträgt heute im Durchschnitt 50 Tonnen pro Woche, was ein paar Millionen Hühnern pro Jahr entspricht. Der Geflügelmarkt boomt. Daniel Kneuss ist überzeugt, dass die Geflügelverarbeitung in der Schweiz Zukunft hat: «Wir besitzen moderne Schlachthöfe und fitte Verarbeitungsbetriebe, die fähig und willig sind zu investieren». Die Importquote beträgt derzeit 54 Prozent gemäss Angaben von Proviande, Tendenz steigend mit Blick auf die letzten zehn Jahre.

Export ist zwar noch kein Thema, aber Kneuss will «technologisch an der Front bleiben, um dereinst Chancen packen zu können». In der Tat ist der Betrieb nicht nur modern sondern auch innovativ: Innovationsfähigkeit war schon für Firmengründer Ernst Kneuss ein Erfolgsfaktor: er verfütterte den Güggeli ein altersabhängiges Qualitätsfutter nach seinem Geheimrezept, damit das Fleisch zart und vor allem schön weiss bleibt. Und vor zwei Wochen lancierte die Firma in Zusammenarbeit mit dem Verpackungsspezialisten Bizerba eine neuartige Frischeettikette, welche den Frischezustand mit Farbwechsel anzeigt, für rohe Backofen-Güggeli in einer Backfolie (sogenannter Time Temperature Indicator TTI, der die Temperatursumme registriert).

Kreativität ist nie ein Zufall sondern muss stimuliert werden. Bei Kneuss wird der Innovationsprozess gezielt organisiert. Regelmässig trifft sich ein Produktentwicklungsteam aus Fachleuten der Produktion, des Marketings und der QS zum Ideenaustausch und zur Ausarbeitung von Projektvorschlägen.

Modern sind auch die organisatorischen Abläufe, die Rückverfolgbarkeit sowie der Hygienestandard: Die Firma ist ISO-zertifiziert nach der Norm 9001 sowie nach BRC (British Retail Consortium). Hygiene ist das A und O in der Fleischverarbeitung - besonders beim Geflügel. Schlachten, Zerlegen und der logistische Teil sind bei Kneuss gemäss den strengen Hygienenormen in drei Zonen aufgeteilt und durch Schleusen voneinander getrennt. Sogar die Lüftung wird separat geführt. Die Mitarbeiter erhalten täglich neue Schutzkleidung und schleusen sich mit Kleider- und Schuhwechsel nach der Händedesinfektion ein oder aus. Die tägliche Betriebsreinigung geschieht durch eine spezialisierte externe Firma.



Kontrolle der Qualität und des Reifeprozesses.


Kneuss produziert täglich und je nach Menge ein- bis anderthalbschichtig (Spitzenphasen sind Ostern, die Grillsaison und Weihnachten). Die Firma bezieht Poulets und Mistchratzerli von rund siebzig Vertrags-Mastbetrieben. Aus den Küken entstehen Poulets von rund 1200 bis 1300 gramm, aus den jüngeren Tieren Güggeli von nur rund 450 bis 600 gramm. Schlachten und Verarbeiten der kleinen Güggeli ist eine Exklusivität und Kernkompetenz von Kneuss. Der erste Schritt in der Verarbeitungskette geschieht von Hand: die Tiere werden an den Füssen in der Hängebahn befestigt. Dabei bleiben sie erstaunlich ruhig, «weil sie mit dem Kopf nach unten hängen», erklärt Kneuss.

Betäubt werden sie in einem Stromwasserbad. Dann folgt der Schnitt durch die Halsschlagader und das Ausbluten. Nach einem sanften Brühen mit Dampf entfernen Gumminoppen in der Rupfstation die Federn. Im nackten Zustand werden sie nun zwecks Hygienebarriere auf eine andere Bahn umgehängt, was wieder manuell geschieht. Der Schlachtprozess steht permanent unter Kontrolle eines Kantons-Veterinärs vor Ort.

Beim Übertritt in die Ausnehmerei und Zerlegerei schleust man sich aus und wieder ein: Die Eingeweide werden in der reinen Zone mit gezielten Schnitten in den Tierkörper durch die Kloake herausgezogen, und das «Ernten» der Leber geschieht manuell. Anschliessend werden die Poulets in einem kontinuierlichen Kühltunnel mit Kaltluft während 1.5 Std auf zwei Grad abgekühlt. Die kontaktfreie Kühlung mit Luft (im Gegensatz zu Wasser) ist ein hygienisches Muss.



Der Frauenanteil ist hoch, weil Frauen die filigranen Arbeiten schätzen. Die Arbeit ist abwechslungsreich und die Arbeitsplätze dank Jobrotation flexibel.


In der Zerlegerei liegt die Raumtemperatur bei 6 bis 8 Grad – ein Kompromiss zwischen Gesundheitsschutz und Hygiene. Nach der Gewichtskalibrierung werden die Poulets entweder zerlegt oder mit einem Gummi gebunden («dressiert»). Das Aufschneiden der Tierkörper geschieht automatisch, ebenso das Ausbeinen der Brustkappen. Qualitätskritische Bearbeitungsschritte erfolgen jedoch manuell, so etwa das Ablösen der Haut und das Nachdressieren.

Besonderheiten bei der Geflügelverarbeitung sind zum Einen die kontinulierliche Produktionsweise mit der Hängebahn vom lebenden Tier bis zum ausgebeinten Fleisch über mehrere Stationen, und zum Andern der vergleichsweise hohe Automatisierungsgrad. Ausserdem gibt es natürlich keine schweren Tierkörper. Die kontinuierliche Verarbeitungslinie - vom Betäuben bis zum Zerlegen - läuft mit einer maximalen Geschwindigkeit von 2300 Tieren pro Stunde, «ein humanes Tempo», sagt Daniel Kneuss. Dass an der Zerlegelinie langjährige Mitarbeiter arbeiten, bestätigt seine Einschätzung.

Für den Automatisierungsgrad gilt bei ihm das Prinzip «so viel wie nötig» zwecks Rationalisierung, aber «so wenig wie möglich» bei einem Zielkonflikt mit der Qualität. Ein Beispiel: Zu schnelles Rupfen fördert Hautverletzungen und erzeugt in der Folge Flecken auf der Haut. Und bei zuviel mechanischem Druck büsst das Poulet Formstabilität ein und läuft in die Breite».



Qualität ist auch Chefsache: Thomas Kneuss, Betriebsleiter (links) und Daniel Kneuss, CEO.
Daniel Kneuss, mit 31 Jahren ein junger Patron, ist gelernter Metzger und diplomierter Betriebswirtschafter. Er übernahm Ende 2007 die Geschäftsleitung.


Obwohl viel Handarbeit nötig ist, gibt es keine Akkordarbeit. Das Arbeitstempo wird mit Leistungsvorgaben gesteuert. Eine weitere Besonderheit der Arbeit bei Kneuss ist die Jobrotation, welche von den Mitarbeitern geschätzt wird. Und im Vergleich zu traditionellen Metzgereien finden sich keine Charcuterieabteilung und auch keine Garprozesse, d.h. alle Eigenfertigungsprodukte sind ungegart. Aber Kneuss verkauft eine lyonerähnliche Salatwurst unter Eigenmarke – sie wird extern produziert aus frischem Pouletschenkel Muskelfleisch und besitzt im Sortiment einen prominenten Platz.


Der Innovationsgeist wird gefördert und lässt sich belegen: vor zwei Wochen lancierte Kneuss eine neuartige Frischeettikette, welche den Frischezustand mit Farbwechsel anzeigt.

Die Firmenkultur bei Kneuss ist von einem Familienfirmen-Geist geprägt, und der Führungsstil modern und motivierend. Dies zeigt sich am hohen Anteil langjähriger Mitarbeiter. Wenn der Patron im Betrieb vorbeischaut und freundlich einen guten Tag wünscht, grüssen die Mitarbeiter erfreut zurück. «Es macht ihnen Spass, in einem modernen Betrieb zu arbeiten», betont er stolz. Als Arbeitgeber bietet Kneuss mehrere Vorteile. Talentierte Mitarbeiter werden gefördert und für Fachpersonal besteht die Möglichkeit einer mehrstufigen Karriereplanung.



Kühlfrische Produkte werden in der Atmosschale unter Schutzatmosphäre verkauft.

Für die Fleischreifung reicht beim Poulet ein Tag, was gerade der Durchlaufzeit vom lebenden Huhn bis zur Verpackungsmaschine entspricht. Handkehrum bleibt das Produkt maximal drei Tage im Kühlraum vor der Auslieferung oder wird andernfalls tiefgekühlt.

Die Firma legt Wert auf Weiterbildung. Frauen schätzen die geringen Fleischstückgewichte und die filigranen Arbeiten, der Frauenanteil in der Produktion ist daher hoch. In der Spezialitätenabteilung, wo das Fleisch veredelt wird, arbeiten Metzger und Köche, und Frauen besorgen das Filettieren der Pouletbrüstli. Alle Produktionsanlagen und alle Handarbeiten sind geflügelspezifisch und werden neuen Mitarbeitern bei der Einführung instruiert. Die Firma organisiert daher betriebsinterne Schulungen, je nach Funktion von zwei Tagen bis zu drei Wochen. Kneuss bildet bisher keine Lehrlinge aus, weil es den Beruf des Geflügelmetzgers offiziell nicht gibt. Aber die Firma bietet Praktika für Fleischfach-Lehrlinge an.

Weiterlesen: MARKTPLATZ: Kneuss-Güggeli mit Frische-Ettikette
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