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Beiträge im Archiv

1.3.2008 - Rubrik: Gastronomie
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André Jaeger: Genusswoche-Patron 2008

Spitzenkoch André Jaeger ist Genusswoche-Schirmherr 2008. Die Woche der Genüsse wurde im Jahr 2001 ins Leben gerufen und wuchs seither stetig von anfangs 140 Veranstaltungen in der Westschweiz auf über 1000 in der ganzen Schweiz. Jede Ausgabe steht unter der Ägide eines Patronats. Der erste Schirmherr war Jean-Luc Petitrenaud, Initiator der Woche der Genüsse in Frankreich. Ihm folgten Carlo Petrini, Gründer von Slow food, Freddy Girardet, Irma Dütsch und letztes Jahr Georges Wenger. Jaeger ist als Inhaber des Schaffhauser Gourmettempels Fischerzunft mit 19 GM-Punkten der erste Deutschschweizer Genusswoche-Schirmherr. Interview.



André Jaeger (rechts), Genusswoche-Schirmherr 2008 mit Genusswoche-Gründer und Waadtländer Nationalrat Josef Zisyadis.

Herr Jäger, es scheint, dass die Mehrheit unserer Gesellschaft dem Benzintanken die grössere Aufmerksamkeit schenkt als der eigenen Ernährung. Kinder und Jugendlich werden von künstlichen Aromen quasi überrollt. Stellen Sie das auch fest?

André Jaeger: Ein Freund von mir liefert Gemüse in die ganze Schweiz. Er erzählte mir, dass das Tessin am meisten frisches Gemüse brauche. Auch die Romandie sei gut, doch in der Deutschschweiz brauche es einen Haufen Convenience. Man sieht heutzutage viel schönes Gemüse in den Regalen, aber zugeschnitten, gerüstet, begast und pfannenfertig. Das sieht schön aus und gibt kaum mehr Arbeit, aber dass das keinen Geschmack mehr hat, ist klar, darüber müssen wir nicht reden.

Die Konsumenten stören sich offenbar nicht daran.

Es beginnt eben in der Kinderstube. Die Generation, die jetzt eigene Kinder aufzieht, ist mit dem Tiefkühler aufgewachsen und mit Convenience. Gekaufte Fertigpizza aus dem Tiefkühler kostet nicht alle Welt, prägt aber die Kinder. Die Kinder leiden darunter, ihnen nimmt man etwas weg. Wenn man nicht dafür sorgt, dass sie lernen, was gut ist und was Geschmack hat, werden sie verarmt aufwachsen. Die Eltern merken gar nicht, was sie ihren Kindern antun, wenn sie lauter Bequemkost verfüttern.

Ich bin ja nicht total dagegen, man sollte aber trotzdem versuchen, hie und da einen frischen Salat zu machen, ein frisches Gemüse, dem Kind zeigen, was ein ganzes Poulet ist und was man davon alles essen kann. Ein Kind sollte wissen, wie ein guter Käse schmeckt und wie er gemacht wird. Es gibt mehr als das, was in Glitzerfolie gewickelt ist und aus dem Schachteli kommt.

Wenn die Eltern zu wenig oder gar nichts tun, müsste man nicht an den Schulen ein Unterrichtsfach Essen einführen?

Das Bundesamt für Gesundheit hat einen klaren Auftrag: Es muss die Volksgesundheit überwachen und fördern. Ich bin der Meinung, vor allem auch als Präsident der Grandes Tables Suisse, dass es eine grosse Chance wäre, wenn sich das BAG einschalten würde. Man könnte an den Schulen eine Genussklasse einführen. Das kann man mit einfachen Mitteln tun, wenn man einem Kind zum Beispiel beibringt, aus gutem Mehl mit Hefe und Salz ein Brot zu backen. Das Kind wird das Brot, das es selber gemacht hat, mit Sicherheit lieber essen als gekauftes.

Wie kann man sonst noch das Interesse der Kinder an gutem Essen wecken?

Mein Sohn ist 18 und ein grosser Gourmet. Ich nahm ihn überall hin mit, schon als Baby, er durfte alles probieren, er musste nichts essen, was ihm nicht schmeckte. Aber er wollte eben das, was der Papi ass. Die Vorbildfunktion ist enorm wichtig. Wir assen von der gleichen Platte, aus dem gleichen Teller – das hat ihn geprägt. Vielleicht war er in jüngeren Jahren etwas übergewichtig, weil er zu viel Game Boy spielte und dergleichen, zu gut lebte, zu wenig Bewegung und zu viele Kalorien hatte.

Als er mit vier, fünf Jahren bei mir in der Küche sass, machte ich ihm eines seiner Lieblingsessen: Ich briet ein Stück frischer Zander in Butter, gab zum Fisch einen grossen Löffel weissen Reis, den ich mit Bratbutter aus der Pfanne übergoss. Er sagte immer: Papi, Fisch in Butter mit Butterreis. Das liebte er über alles. Und jetzt, mit 18, ist er grossgewachsen und schlank, athletisch, hat kein Gramm Fett und isst fürs Leben gern.

Im Grunde sollten das Bundesamt für Gesundheit und auch die Krankenkassen mehr Geld in die Gesundheit stecken und nicht nur in die Heilung.

Aber gesund Essen ist oft negativ behaftet. Viele denken an ein Medikament, wenn man Ihnen ein rohes Rüebli anbietet. Das Wesentliche ist die Entdeckung des Geschmacks.



André Jaeger verabscheut schlechten Umgang mit Produkten zugunsten von Angeberei in der Präsentation: «Stil und Qualität zeichnen sich nicht durch Kompliziertheit aus». Bild: Amuse-bouche in der Fischerzunft


Was müssten die Schulen den Kindern beibringen?

Ich könnte mir zwei, drei Massnahmen vorstellen. Bis 10-12 Jahre: elementare Geschmacksübungen. Man gibt den Kindern begaste Rüebli aus dem Beutel und frische Rüebli zu degustieren, damit sie den Unterschied merken. Man sollte ihnen zeigen, dass gut und gesund Essen keine Kunst ist, dass es nicht viel braucht, um etwas Feines zu machen. Bei den Älteren könnte man einen Schritt weitergehen und einen einfachen, elementaren Kochkurs durchführen.

Sind nicht viele Schulen zweifelhafte Vorbilder?

Man müsste das Feld vielleicht von hinten aufrollen: Das Kind soll zu Hause sagen, he, ich will nichts aus dem Beutel essen, sondern etwas Frisches. Ein Ansatz wäre gesunde Pausenernährung.

Pausenapfel und Pausenmilch?

Vielleicht könnte ein kleiner Wettbewerb helfen: Die Pausenernährung muss von zu Hause kommen und wird von der Schule bewertet. Die besten werden prämiert.

Die Schulen werden wohl sagen, dass sie nicht auch in diesem Bereich Elternfunktionen übernehmen möchten.

Wir hatten einmal eine Diskussion, dass die Grandes Tables Suisse ein Label kreieren sollte, um das sich Mensen, Kantinen, Cafeterias und solche Verpflegungsstätten bewerben könnten. Ein anerkannter Koch der Grandes Tables besucht solche Lokale, prüft die Angebote nach Kategorien und Aspekten wie Gesundheit, Vielfalt, Produktwahl, Frische und zeichnet jene Stätten mit einem Label aus, die es verdienen. Wir waren mit dieser Idee in Diskussion mit dem Bundesamt für Gesundheit, dort ist sie immer noch pendent.

Text: Woche der Genüsse. Bilder: foodaktuell.ch

Weiterlesen: Balance Boy – gesunder Fastfood


André Jaeger – zur Person



Einer, der während einer fernöstlichen Wanderschaft die sich anbahnenden Veränderungen und damit die Zeichen der Zeit früher als andere erkannte und sich von der asiatischen Kultur inspirieren liess, ist der Schweizer Spitzenkoch André Jaeger des Rheinhotels «Die Fischerzunft» in Schaffhausen. Er verband den Osten mit dem Westen und schuf die «Cuisine du Bonheur», die Küche zur Glückseligkeit.


André Jaeger, intellektuellster und tiefsinnigster Schweizer Koch ist ein zwar stiller, aber akkurater Beobachter der Umwelt, die für ihn nicht in Feuerthalen aufhört, sondern den Erdball umrundet. Er sieht, analysiert und versteht die grossen Zusammenhänge des sozialen und ökonomischen Lebens und bringt sie in seine Kochkunst ein. Seine Aussenseiterrolle führt ihn nicht etwa in ein gastronomisches Emeritendasein, ganz im Gegenteil, sie bringt ihm den Vorteil, Freiheiten nachzugehen, die ihn auf keine bestimmte Themenküche beschneiden. Er konnte sich - und kann sich immer noch - unbehelligt entfalten.

André Jaegers innovative Gedanken auf der Suche nach neuen kreativen Ideen, Wegen und Formen kreisen um eine Küche in Richtung Purismus. Manchem mag dies etwas abstrakt erscheinen, doch Jaeger hat davon konkrete Vorstellungen: «Bei der neuen Entwicklung steht das auserlesene Produkt im Vordergrund, das ich zu einem Gericht aufleben lassen will. Dabei treiben wir bei der Präsentation wohl einen grossen Aufwand, ohne ihn aber in Effekthascherei ausarten zu lassen. Wir wollen Spannung aufbauen, die Gäste aus der Reserve locken und damit die Freude auf den bevorstehenden Genuss erhöhen».

André Jaeger verabscheut nichts so sehr wie schlechten Umgang mit Produkten zugunsten von Angeberei in der Präsentation: «Stil und Qualität zeichnen sich nicht durch Kompliziertheit aus.»

Schon vor der jüngsten Jahrhundertwende warnte André Jaeger vor allzu übertriebenen Hoffnungen, die Gastronomie und andere Lebensbereiche würden sich im neuen Millennium schlagartig verändern: «Die sich abzeichnenden Veränderungen werden dosiert, aber unnachgiebig in unser Leben eingreifen und uns zu Anpassungen, zu inneren und äusseren Veränderungen drängen.» Das gelte auch für die Gastronomie in der Schweiz, meint der Spitzenkoch aus Schaffhausen: «Schweizerisches Essen ist zwar gut, aber nach dem Genuss ist man auch immer recht voll. Es gleicht fast einer Kalorienstrafe, die einen nach dem Essen förmlich zum Ausruhen zwingt.»

Dies ist einer der Gründe, weshalb Jaeger eine Gastronomie mit aufbauendem Effekt zu pflegen begann. Die Gerichte sollen beflügeln, Körper und Seele beschwingen und geistig beweglich machen. Er setzt einem Kotelett mit Spätzli, Rahmsauce und Brot ein leichtes Gericht entgegen, das seinen Intentionen entspricht, etwa einen Fisch mit etwas Gemüse an Soyasauce und Olivenöl. Bild: Amuse-bouche in der Fischerzunft.


Seine Philosophie des Yin und Yang, die Harmonie der Gegensätze, kommt immer wieder zum Tragen. Auf seine Gerichte übertragen heisst das, Fettverbrennendes gegen Fetthaltiges, Weiches gegen Hartes, Süsses gegen Saures usw. Unschwer zu erraten, dass darin immer auch ein Akt der Spannung liegt.

Gastronomie mit Stil ist auch Liebe und Würde für Mensch und Tier

Küchenchef Jaeger prophezeit in Bezug auf die Zukunft der Beschaffung von guten Produkten Probleme. Er glaubt, dass Fisch, Fleisch und Geflügel von wild und frei lebenden Tieren zur Mangelware werden. In diesem Zusammenhang verweist er auf die BSE-Problematik, die aus Profit- und Habgier entstanden sei. Aus diesem Grund bezieht er das Fleisch von Bauern, die ihre Tiere auf der Wiese weiden und sie erst schlachten lassen, wenn sie doppelt so alt sind wie ihre Artgenossen in den Tierfabriken.

Er nimmt auch keinen «Loup de mer», dem in Gefangenschaft das Rückgrat gebrochen wurde, damit er sich nicht mehr bewegen und sich am Drahtverhau nicht etwa verletzen kann, aber als «Paraplegiker der Fische» unter grossen Schmerzen bis zu seinem Tod ausharren muss. Auch kommen keine gefarmten Lachse oder Steinbutte in Jaegers Küche. leisten können».

Viele suchen das Erlebnis, möchten die Welt mit Gerichten aus anderen Kulturen schmecken und erleben. André Jaeger vermittelt das kulinarische Erlebnis nicht mit Laserkanonen und Dezibel, die im Lokal nach Sonnenbrille und Gehörschutz rufen. Im Gegenteil, in seinem lokal herrscht eine mit Spannung und eben «Glückseligkeit» angereicherte Ruhe. Deshalb wird denn sein Lokal auch von AHV-Bezügern und «Normalbürgern» - dieser Ausdruck soll in diesem Zusammenhang für einmal gestattet sein - sowie von jungen Leuten mit kleinem Budget besucht, auch wenn die Gerichte ihren Preis haben.

Der stille Beobachter stellt in der «Fischerzunft» fest, dass André Jaeger und seine Partnerin Jana Zwesper, ältere und weniger bemittelte Bürgerinnen und Bürger mit liebevoller Umsicht empfangen und betreuen, weil ihnen erstens jeglicher Snobismus abhold ist, und weil sie wissen, dass für diese Leute ein Besuch in ihrem Restaurant mit hohen Ausgaben verbunden ist. Dafür vermitteln sie ihnen ein kulinarisches und kulturelles Erlebnis erster Güte.

Der Werdegang

André Jaeger wurde am 12. Februar 1947 als Sohn eines Wirteehepaars in Rümikon, im Kanton Aargau geboren. Mit zehn Jahren wusste er bereits, dass er Koch werden wollte und später einmal ein eigenes Restaurant haben möchte. Die dreijährige Lehrzeit als Koch durchlief er im Hotel Beau Rivage-Palace in Lausanne. Das Praktikum im Service führte ihn ins Dorchester Hotel in London und in die Administration/Reception des Hotels Eden au Lac in Lugano-Paradiso. Nach erfolgreichem Lehrabschluss besuchte er die Hotelfachschule in Lausanne. In der Armee bekleidete er den Rang eines Oberleutnants.

1971 engagierte das Peninsula Hotel in Hongkong André Jaeger als Food & Beverage Manager. Die Jahre in Asien prägten seine spätere berufliche Laufbahn auf nachhaltige Weise. Im Jahre 1981 konnte er von seinem Vater die «Die Fischerzunft» in Schaffhausen kaufen. Damit begann Jaegers grosse Zeit des Wandels, der Erneuerung von Hotel und Restaurant und die engagierte Suche nach einem eigenen Kochstil. Seit 1995 hält André Jaeger 19/20 Gault-Millau-Punkte. (Quelle: fischerzunft.ch)

Weiterlesen: St.Gallen offizielle Stadt der Genüsse 2008
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