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14.3.2009 - Rubrik: Gastronomie
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Fleisch anbraten vor dem Garen?

Peter Brunner, Küchenchef im Zürcher Gourmet-Restaurant Kaisers Reblaube und regelmässiger Gastro-Kolumnist im Tagesanzeiger empfiehlt, Fleisch bei Niedertemperatur zu garen aber vorher anzubraten. Dem widerspricht Werner Wirth, Metzgermeister, Garmethoden-Experte und Buchautor («Gabelzart» und «Zart garen»).




Die Experten sind sich nicht ganz einig, wie man den zartesten Braten erhält.


Für Sie gelesen im Züritipp No 10 / 2009 (Beilage des Tages Anzeigers): ZARTES FLEISCH

Das Niedertemperaturgaren (NT) ist eine Garmethode, die das Austrocknen möglichst vermeiden möchte. Die Grundüberlegung dabei ist einfach: je tiefer die Gartemperatur, desto kleiner der Saftverlust des Fleisches. Zwischen 65 und etwa 90 Grad spricht man von Niedertemperaturgaren. Unter 65 Grad gart das Fleisch noch nicht, über 90 handelt es sich um traditionelles Garen. Die technische Voraussetzung für diese neue Methode ist ein Backofen, den man im tieferen Temperaturbereich sehr genau regulieren kann. Eine ganze Kalbshaxe zum Beispiel benötigt bei 70 Grad etwa 12 Stunden, bei 110 Grad die halbe Zeit.

So saftig und zart ein Braten mit der NT-Methode wird, gibt es beim Geschmack doch ein grosses «Aber» zu vermerken. Viele der köstlichen Aromen und Düfte, die wir an einem Sonntagsbraten lieben, entwickeln sich erst ab 100 Grad. Da nützt es überhaupt nichts, wenn wir am Schluss das Fleisch noch kurz anbraten - verglichen mit einem traditionell zubereiteten Stück bleibt es geschmacklich fad und langweilig. In unserem Restaurant bevorzugen wir deshalb einen Kompromiss zwischen schonender Hitze und kräftiger Aromaentwicklung, und zwar bei Temperaturen zwischen 95 und 140 Grad, je nach Gericht.

Weil knackige Schlagwörter so beliebt sind, nennen wir es MITTEL-TEMPERATURGAREN. Geeignet sind nur grössere Fleischstiicke, die wir je nach Rezept in Butter oder Olivenöl bei milder Hitze anbraten. Das dauert wesentlich länger als in der rauchheissen Pfanne, das Fleisch trocknet dabei aber weniger aus, und gleichzeitig schmilzt das Fett im Fleisch, was den Röstprozess unterstützt. Anschliessend kommt es bei 100 bis 120 Grad in den Ofen.

POCHIEREN: Die Köche garen bei Niedertemperatur schon seit Jahrhunderten, lange bevor es moderne Backöfen mit Hightech-Thermometern gab, indem sie den Umstand nutzten, dass kochendes Wasser nicht heisser als 100 Grad wird, eine Flüssigkeit unter dem Siedepunkt also höchstens 99 Grad heiss sein kann. Mit etwas Erfahrung kann man so die Temperatur auch ohne Thermometer relativ präzis auf 70, 80 oder 90 Grad einstellen. Der einzige Nachteil ist dabei, dass die Röstaromen fehlen. Ein Beispiel für pochiertes Fleisch ist das bekannte Fondue chinoise. Text: Peter Brunner Restaurant Kaisers Reblaube, Zürich. (www.kaisers-reblaube.ch)



Kommentar von Werner Wirth: Einen abdressierten Rindsbraten nicht anbraten

Lieber Herr Brunner
Um es klar zu sagen: Wer Fleisch liebt, kommt zu anderen Schlüssen und zu wesentlich mehr Genuss als Sie in Ihrem Artikel im Züritipp. Ihre Empfehlung des Mittelgarens (vorgängig anbraten und dann niedergaren) ist falsch und überholt. Die Wissenschaft sagt es zwar schon lange, aber auch Sie nehmen offenbar die neuen Erkenntnisse nicht auf. Jedes Fleischstück hat seine Eigenheiten und nur wer auf diese Rücksicht nimmt, kann wirklich Genuss erzeugen. Das wäre ja die Aufgabe der Gastronomie, findet aber heute in vielen Restaurants nicht (mehr) statt. Und wenn das Gericht auf dem Teller dann keine Freude macht, sind das Fleisch und der Metzger schuld, basta.

Ich habe mit Fleisch ganz andere Erfahrungen gemacht und mache noch laufend mehr. Unglaublich, wie wenig wir über Fleisch wissen, resp. wie wir eigentlich Bekanntes ausblenden und seit vielen Jahrzehnten verdrängen. «Fleisch heiss anbraten, um die Poren zu schliessen» ist eine Unwahrheit – Fleisch hat keine Poren – und mit Anbraten erzeugen Sie nur eines: schädlichen Druck. Trotzdem findet man diesen «Rat» heute noch regelmässig in den Kochbüchern.

Auch in Ihrem Artikel würdigen Sie das Anbraten fälschlicherweise als etwas sehr Sinnvolles. Aber unser Fleisch ist heute viel zu stark dressiert und zugeschnitten. Alles, was vor der Hitze schützen könnte und Aroma gäbe, wird weggeschnitten und erzeugt neben einem wesentlich höheren Gewichtsverlust nur einen höchstens mittelmässigen Genusswert, so dass das Gericht nicht von einem saftigen, tollen Fleischstück lebt sondern von der Sauce. Wer einen total abdressierten Rindsbraten anbrät, macht kulinarisch einen Riesenfehler und kann auch keinen Genuss erwarten. Aber Sie sind in bester Gesellschaft: Minu – das Basler Gastro-Orignal – sagt über den Rindsbraten: «Das beste daran ist die Sauce, weil das Fleisch immer zäh und faserig ist».

Fleisch reagiert auf Hitze und Feuchtigkeit anders und viel heftiger als Sie es Ihren Lesern weismachen. Pochieren über 80 Grad verursacht bei einem Rindsbraten oder bei einem Siedfleisch bereits einen irreparablen Qualitäts-Schaden, also zähes Bindegewebe und hartes Fleisch. Das lässt sich durch den Garprozess höchstens mildern, aber das Resultat kann nicht zufrieden stellen.

Wer zartes Fleisch auf dem Teller will, kauft eine durch etwas Fett und Bindegewebe geschütztes Stück, vermeidet eine Gartemperatur von über 80°C und schenkt ihm die nötige lange Zeit, damit das Bindegewebe weich wird bzw sich auflöst. Je nach Alter des Tieres und der Art und Dicke des Muskels kann das locker 12 Stunden und mehr dauern. Zeitangaben sind schlicht nicht möglich: Zu viele und zu unterschiedliche Faktoren spielen eine Rolle. Ein Rindsbraten ist dann gar, wenn sich die Nadel mühelos ins Fleisch stechen lässt. Solches Fleisch macht grosse Freude und kann ohne Zahnstocher gegessen werden.

Beim Fleisch ist es wie im Leben: Druck erzeugt Gegendruck. Wer Fleisch so behandelt wie Sie es beschreiben, erzeugt viel Spannung im Fleisch, was unweigerlich zu Druck und damit zu erhöhtem Saftverlust führt. Es geht auch anders: gabelzart. Nüt für unguet. Text: Werner Wirth (Bild), Internet: www.wewi2.ch.

Weiterlesen: Zartes Fleisch – wissenschaftlich erklärt
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