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24.7.2009 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
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Erfolg dank handwerklichem Produktaussehen?

Handwerkliche Herstellung gilt bei der Produktqualität heute als exklusiv. Industrielle Süsswarenhersteller bemühen sich, ihren Produkten handwerkliche Anmutung und damit ein gutes Image zu verleihen - mit welchen Tricks?



Handwerkliche Pralinés von Spüngli mit gezielt eingesetzter
Handwerks-Anmutung dank unregelmässiger Form und Kakao-Puder


Industrieprodukte besitzen oft einfache Formen und perfekt gleichartiges Aussehen – ein Kompliment an die Maschinen-Konstrukteure und Anlageführer aber gemäss Erfahrung der Marketingstrategen oft ein Nachteil, vor allem bei Premiumprodukten. Handwerksprodukte dagegen zeigen variiererendes Aussehen, filigranere Formen und aufwändigere Dekors. Die industrielastige Süsswarenbranche bemüht sich seit einigen Jahren um mehr handwerkliches Produktaussehen, aber industrielle Hersteller versuchen, ein solches mit automatischen Anlagen zu imitieren, um nicht die Produktionskapazität zu schmälern oder die Herstellkosten zu erhöhen.

Wem dies gelingt, hat nicht nur einen Wettbewerbsvorteil gegenüber andern Industrien sondern verringert auch den Qualitätsabstand zu den gewerblichen Herstellern und dies bei unverändertem Preisvorteil. Dazu verwendet die Industrie oft ausgeklügelte Techniken, aber auch typische Industrievertreter bekennen sich zu Handarbeit bei einzelnen Prozessschritten. Typische Beispiele für industrielle Süsswaren-Hersteller sind Chocolat Frey (Migros) sowie Lindt&Sprüngli – bei beiden kommt Handarbeit vor.

Chocolat Frey stellt Pralinen mit Standard-Anlagen her. Hierzu zählen moderne Verfahren wie One Shot (Truffes), Frozen Cone (Kugeln, Eili), Frozen Shell (gefüllte, überzogene, dekorierte Pralinen), aber auch traditionelle wie Giessverfahren (gefüllte, dekorierte Pralinen) und Extrusion (Formpralinen).

«Es kann vorkommen, dass wir Produkt-Veredlungen von Hand vornehmen», sagt eine Sprecherin von Chocolat Frey AG. «Beispielsweise beim Dekorieren eines Osterhasen mit Maschen, Aufleger etc. Dabei ist es durchaus möglich, dass industriell gefertigte Produkte eine handgefertigte Anmutung erhalten. Dies gelingt dank geschickter Kombination von Anlagen und Handarbeit sowie bei der Gestaltung von Formwerkzeugen wie Giessformen oder Extrusionsdüsen oder beim Überziehen und Dekorieren».

Natürlich steigen die Kosten, sobald Handarbeit im Spiel ist. «Wir versuchen jedoch, die Verkaufspreise so zu gestalten, dass solche Artikel ihrer Preislage entsprechend positioniert bleiben. Handwerkliches Aussehen macht ein Produkt sichtbar attraktiver, dennoch ist dies bei Industrieprodukten nicht immer erfolgsentscheidend», relativiert die Frey-Sprecherin: «Grundsätzlich kann man nicht sagen, dass von Hand veredelte Produkte erfolgreicher sind als ausschliesslich industriell gefertigte».

Gezielte unregelmässige Anordnung

Auch Lindt&Sprüngli produziert industriell d.h. kontinuierlich mit einem hohen Automatisierungsgrad, aber Dekors wie Nüsse oder Nougatscheibchen werden teilweise manuell aufgelegt, «weil das Produkt schöner wird», so Lindt-Sprecherin Silvia Kälin. «Das Ziel ist, auch mit Industriemethoden ein handwerkliches Aussehen zu erreichen». Ein Beispiel: Das Filieren (dekorieren mit dünnen Schokoladefäden) geschieht mit einem automatisierten Prozess, aber die programmierbare Maschine reproduziert ein handwerkliches Design. Die unregelmässige Anordnung der Fäden sieht nach handwerklicher Herstellung aus.


Ähnlich bei den Pralinés «Nouvelle Confiserie» (Bild), die ein Dekor von unregelmässigen Farbstrichen erhalten. Bei gewerblichen Confiserien ist die entsprechende Drucktechnologie stark im Trend. Dabei werden Farbzeichnungen als essbares Dekor von einer Folie auf die Schokoladeoberfläche transferiert. Die Produkte sehen aus wie einzeln von Hand bemalt. Aber auch die gewerbliche Folienmethode ist rationalisiert, und die Folien werden mit industriellen Methoden hergestellt. Lindt verwendet allerdings nicht Folien «sondern eine eigens entwickelte Siebdrucktechnik», verrät Entwicklungsleiter Urs Liechti.

Dekormaschinen sind aufwändig, aber Premiumhersteller wie Lindt leisten sich diese bewusst. «Mit Dekors erreicht man eine handwerkliche Anmutung», so Liechti. «Man kann den Produkten einen persönlichen Touch verleihen und Liebe zum Detail signalisieren». Auch spezielle Formwerkzeuge oder Giessformen gehören zum Arsenal der Dekordesigner. So haben die neuen Moussepralinés von Lindt eine gerillte Oberfläche «um Luftigkeit und Handwerk zu signalisieren», erklärt der Entwicklungsleiter. Der früher angestrebte Glanz von glatten Oberflächen ist heute nicht mehr das alleinige Ziel.

Eine weitere Eigenkonstruktion von Lindt ist eine Maschine, die Pralinés automatisch mit Kakao bestaubt. «Dazu musste man den Verpackungsroboter anpassen, damit er solche gepuderten Stücke handhaben kann, so Liechti. Pudern ist in der gewerblichen Confiserie eine beliebte Methode, um die handwerkliche Machart sichtbar zu machen, denn Kakaopuder ist in der Industrie immer noch eine Klippe, um die man nicht so einfach herumkommt. Bild: Manuell Pudern bei Läderach.


Für das handwerkliche Produktaussehen wird sogar in kauf genommen, dass Puder bei vielen Konsumenten unbeliebt ist, da es Flecken verursachen kann und sensorisch eher kontraproduktiv wirkt: Wenn man gepuderte Edelpralinés in den Mund nimmt, schmeckt man zuerst den weniger edlen und trockenen Kakao.

Nicht fehlende innere Werte vortäuschen

Lohnt sich dieser Dekor-Aufwand für die Industrie? «Die Strategie hat Erfolg», sagt Kälin, «aber auch die inneren Werte müssen stimmen. Das Aussehen darf nicht etwas versprechen, das das Produkt nicht hält». Diese selbstauferlegte Regel gilt für die meisten Schweizer Hersteller, während viele ausländische Produkte eher als «aussen fix und innen nix» bezeichnet werden müssen. Da der Aufwand für ein Dekor kleiner ist als für hohe innere Werte, sparen Billighersteller lieber Kosten beim Intérieur und nicht beim werbewirksamen Aussehen. Allerdings: wenn die Konsumenten vom wahren Produktwert enttäuscht sind, kaufen sie es trotz äusserlicher Schönheit nicht mehr.


Marzipanfiguren von Hand geformt bei OLO


Beispiele für grosse Süsswarenhersteller, die trotz Grösse mehrheitlich handwerklich arbeiten, gibt es in der Schweiz viele, so etwa die Grossconfiserien Läderach in Ennenda und Sprüngli in Dietikon. Auch der Marzipanhersteller OLO in Lyssach BE gehört dazu, der zwar Marzipan auf modernen Anlagen maschinell herstellt aber manuell zu Figuren weiterverarbeitet. Dazu OLO-Mitinhaberin Doris Lohner: «Unsere Produkte sind in der Herstellung so komplex, dass viele Arbeitsschritte nicht automatisiert werden können. Keine Maschine kann Figuren herstellen, bei denen jedes ein Unikat ist».

Mit Handproduktion kann man ausserdem sehr rasch auf geänderte Kundenwünsche reagieren. Es gibt keine lange Vorlaufzeit, weil keine Maschine entwickelt oder beschafft werden muss. «Von der Idee bis zur Realisierung reichen oft einige Tage», so Lohner. Und nicht zuletzt: «Unsere Artikel werden von Menschen hergestellt. Uns sind auch die Arbeitsplätze wichtig. Es sind nicht Maschinen oder Roboter, die unsere Artikel kaufen. Ferner wollen wir Tradition, Können und Wissen in Ehren halten».

Weiterlesen: Handwerks- und Industrieprodukte im Vergleich
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