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4.6.2010 - Rubrik: Gastronomie
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Demenz irritiert Geschmackssinn

Menschen, die an bestimmten Formen der Demenz leiden, entwickeln häufig Vorlieben für bestimmtes Essen, die ihr näheres Umfeld befremden. So werden manche plötzlich extrem wählerisch oder süchtig nach Süssem. Demenz kann bewirken, dass die Bedeutung von Geschmack verloren geht, erklärt ein Forscherteam in der Fachzeitschrift "Cortex" dieses Phänomen. Ein deutsch-schweizerisches Projekt greift indes die Geschmacksfrage auf und arbeitet an Speisen, die speziell auf die Bedürfnisse alter Menschen abgestimmt sind.



Die Nährstoffzufuhr bei betagten Menschen ist oft ein Problem, vor allem bei Demenz und wenn die Sensorik- oder Motorik-Fähigkeiten verloren gehen. Nicht alle können noch selbstständig essen oder sogar kochen. Selbst Lieblingsspeisen können im Alter plötzlich langweilig schmecken.

Die Wissenschaftler rund um Katherine Piwnica-Worms von der Washington University und Jason Warren vom University College London untersuchten Patienten, die an semantischer Demenz leiden. Diese Krankheit zeigt sich, indem die Bedeutung von Wörtern und auch von Dingen verloren geht, während gleichzeitig oft eine Vorliebe für unübliche Nahrung und deren Kombinationen entsteht. Die Versuchspersonen erhielten Geleebonbons und sollten deren verschiedene Geschmäcker unterscheiden und bestimmen.

Die Unterscheidung gelang den Patienten und sie konnten auch sagen, ob sie die probierten Geschmacksrichtungen als angenehm empfanden oder nicht. Ging es jedoch darum, den Geschmack einzelner Bonbons zu bestimmen, bereitete ihnen das ernsthafte Probleme. Ebenso mussten sie bei der Fragestellung, welche Geschmacksrichtungen gut zusammenpassen - etwa Vanille und Essiggurke - resignieren. "Das ist der erste Nachweis dafür, wie die Bedeutung von Geschmack bei der semantischen Demenz beeinträchtigt ist", schreiben die Forscher.

Süsser Zahn im Alter

"Im Alter gehen bei vielen Menschen Teile des Geschmackssinnes verloren", bestätigt die Pflegewissenschaftlerin Ilka Lendner vom Bürgerspital Solothurn (http://www.so-h.ch/buergerspital-solothurn). Vielen würde nur mehr Süsses schmecken und selbst langjährige Lieblingsspeisen veränderten sich. "Alte beklagen sich etwa, dass man ihr Lieblingsessen verändert hätte oder empfinden einen sandigen Geschmack", so die Expertin. Besonders häufig sei dies bei Demenzkranken zu beobachten.


Lendner arbeitet in einem Projekt, das die Geschmackssensibilität alter Menschen fördern will. Gemeinsam mit dem Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz http://www.mpip-mainz.mpg.de und dem Koch Rolf Caviezel werden Konzepte zur besseren Verpflegung von Senioren erarbeitet. "Ziel ist es, die Geschmackssensibilität etwa durch Anreicherung und Geschmackskonzentration der Nahrung anzuregen. Alte Menschen sollen dadurch wieder mehr Lust am Essen entwickeln", so Lendner.

Alternativen zum Einheitsbrei

Alte Menschen erhalten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen oft Püree-Fertigmischungen, die jedoch den Anschein des Einheitsbreis haben. Das Projekt der deutschen und schweizerischen Forscher untersucht andere Formen der Zubereitung, die dennoch Schluckbeschwerden, motorischen Einschränkungen, den Parkinson-Erkrankungen oder der Demenz gerecht werden.

Möglich scheint etwa die Entwicklung schluckender Gelees, nichttropfende Flüssigkeiten oder aromatische Schäume, die dennoch Anregungen für das Schmecken, Riechen und Fühlen bieten. Das lebensnotwendige Essen soll somit auch wieder zum Mittel der Kommunikation und Stimulation werden, hoffen die Wissenschaftler. (Text: Washington University)

Innovatives Konzept



Ein Koch, ein Physiker, eine Pflegefachkraft, ein Konzept: Die Technik der Avantgarde Küche hält Einzug im Alters- und Pflegebereich. Bild: Molekular-Koch Rolf Caviezel (am Swiss Culinary Cup-Wettkochen 2006 in Weggis)


Die Pflegewissenschaftlerin Ilka Lendner (Solothurn, Schweiz), der Molekularkoch Rolf Caviezel (Grenchen, Schweiz) und der Physiker Thomas Vilgis (Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz) entwickeln seit Januar neue gemeinsame Konzepte zur Ernährung und Verpflegung in Pflege- und Altenheimen und Krankenhäusern.

Zweifellos ist das Einnehmen der Mahlzeiten ein grundlegender Eckpfeiler des Tagesablaufs und hat daher eine wesentliche soziale Funktion. Mahlzeiten sind vor allem in schwierigen Situationen eine der wenigen Möglichkeiten, sich selbst als Mensch wahrzunehmen. Daher dürfen weder Geschmack noch Aussehen vernachlässigt werden, wie dies leider oft der Fall ist. In allen Lebensabschnitten und Lebenssituationen müssen die Mahlzeiten in Geschmack, Präsentation, Farbe und Konsistenz ein Genuss sein.

Vor allem das systematische Zusammenwirken von Geschmack und krankheitsbedingt erforderlicher Konsistenzen, etwa bei Schluckbeschwerden, motorischen Einschränkungen, Parkinsonerkrankungen und Demenz erfordert ein Umdenken in der Zubereitung, weg vom Anrühren von Pürees mit vorgegebenen Hilfsmitteln, hin zu medizinisch erforderlichen Darreichungsformen, etwa leicht schluck- und zerdrückbare Gelees, nichttropfende Flüssigkeiten oder aromatische Schäume.



Zart gelierter Erdbeersaft mit Alginat als Geliermittel (Erdbeer-Kaviar)


Die basale Stimulation spielt dabei die zentrale Rolle, um zum Beispiel eine nachlassende alters- oder krankheitsbedingte Geschmackssensibilität auszugleichen und neu zu aktivieren. Hierzu werden neue Forschungsergebnisse und die Techniken der Avantgardeküche genutzt und neu verbunden, so dass Essen, abseits einer stereotypen Convenienceverpflegung wieder stimulierend wirkt. Sei es durch entsprechende Kombinationen natürlich geschmacksverstärkender Lebensmittel und Zutaten, oder sei es durch physikalisch abgestimmte Konsistenzveränderung, die der jeweiligen Lebenssituation gerecht wird - ohne dabei die erforderliche Nährstoff- und Flüssigkeitsversorgung ausser Acht zu lassen.

So lernen Patienten dabei eine neue Art des Umgangs mit Essen. Sehen, Fühlen und Geschmack werden stimuliert. Viele Geschmackserfahrungen lassen sich durch das Spiel mit den Texturen wiedererkennen und neu erlernen. Essen wird wieder spannend und ist weit mehr als eine notwendige Alltagstätigkeit. Kommunikation wird daher über das Essen aktiviert und intensiviert.



Essen im Alter: oft fehlen Hunger oder Fähigkeit, selbst Messer und Gabel zu handhaben. Aber Nährstoffe und Sozialkontakt sind dabei sehr wichtig. Für Betagte im Heim ist das Essen oft eine der wenigen Freuden und Abwechslung im Lauf des Tages.


Das interdisziplinäre Team definiert dabei eine neue Form der Küche, die es Heimen, Pflegeeinrichtungen und Spitälern erlaubt, dem lebensnotwendigen Essen seinen sozialen Stellenwert zurückzugeben. Essen dient damit nicht nur der Zufuhr von Nährstoffen, sondern wird durch Schmecken, Riechen und Fühlen ein zentrales Element der Kommunikation und Stimulation.

Die Lebensqualität der Einzelnen, der Gemeinschaft, auch in der Palliativmedizin, wird gesteigert. Eine individuell dargereichte und schmackhafte Mahlzeit wird somit auch der Achtung der Würde und der Wertschätzung von Kranken und Pflegebedürftigen gerecht. Nur das enge Zusammenwirken vom praxisorientierten Vorgaben, mit physikalischen Erkenntnissen aus der aktuellen Forschung am Max-Planck-Instituts für Polymerforschung und der genussvolle Umsetzung in der Küche erlaubt eine umfassende Umsetzung dieser Ideen. (Text: Rolf Caviezel, www.freestylecooking.ch. Bilder und Legenden: foodaktuell.ch)

Weiterlesen: Kassensturz kritisiert Heimverpflegung
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