foodaktuell.ch
Internetmagazin für die Lebensmittelbranche Sonntag, 05. Mai 2024
Inhalt
Home
Nachrichten
Fleisch & ...
Backwaren & ...
Gastronomie
Über uns, Werbung
Archiv, Suche
Impressum
3.2.2016
Messetipp: IFFA 2016 in Frankfurt

„Fleischindustrie 4.0“ nimmt Fahrt auf
anzeigen...

Partner/Sponsoren

Cash+Carry Angehrn: Frische für Profis an neun Standorten in der Deutschschweiz.
Direkt zur CCA-Website:
www.cca-angehrn.ch


Empfohlene Links:

Fachschule für Bäckerei,
Konditorei, Confiserie:
www.richemont.cc


Fachschule für Metzgerei:
www.abzspiez.ch


Internationale Privat-Fachschule für Koch-Profis: European Culinary Center DCT in Vitznau LU
Deutsch: http://german.dct.ch
English: www.culinary.ch


Internet- und Socialmedia-Auftritte:
www.chrisign.ch







Schweizerischer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband


Beiträge im Archiv

17.2.2012 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
Druckansicht
Geheimnisse der Produktion von Bio-Wurst

Wie man Wurstwaren ohne oder mit weniger Pökelsalz herstellt, war das Thema eines zweitätigen Kurses der Bio Suisse und des Bio-Forschungsinstituts FiBL, der am ABZ stattfand. «foodaktuell» präsentiert einige der dort vermittelten Technologien und deren Erklärungen.



Hermann Jakob, Metzgermeister, Buchautor („Wurstherstellung ohne Zusätze“, „Ökologische Wurstrezepturen“) und Leiter der Meisterschule für Fleischer in D-Kulmbach erklärt die Rezeptvarianten: mit und ohne NPS, Acerola- oder Aronjapulver und Gemüsepulver.


Die Werbeaussage «ohne E-Nummern» ist in ganz Europa ein Trend. Bei Biowurstwaren besteht das Hauptproblem im Ersatz der Zusatzstoffe Asorbinsäure und Nitritpökelsalz (NPS). Wer Biowurstwaren mit Knospe-Label herstellt, darf zwar Pökelstoff verwenden, einen der wenigen von Bio Suisse tolerierten Zusatzstoffe. Er muss aber die Dosierung stark reduzieren und darf nicht auf nitrathaltige Gemüsepulver ausweichen. Welche alternativen Rezepturen, Techniken oder Zutaten gibt es, um mit wenig oder ohne Pökelung die Umrötung, das Pökelaroma und eine verlängerte Haltbarkeit zu erreichen?

Der im 2011 zum zweiten Mal durchgeführte und wieder ausgebuchte Kurs vom Bio-Forschungsinstitut FiBL, von Bio Suisse und dem ABZ in Spiez vermittelte das nötige Wissen und Können. Hermann Jakob, Buchautor und Leiter der Meisterschule für Fleischer in D-Kulmbach zeigte die Praxis. Jürg Hauri, dipl. Lebensmittel-Ing bei Bio Suisse erklärte die Anforderungen der Knospe dazu und ABZ-Fachlehrer Felix Kesselring vermittelte die wichtigsten Grundlagen eines anwenderfreundlichen HACCP-Konzepts in der Metzgerei. «foodaktuell» war dabei und präsentiert einen Auszug aus den Unterlagen von Hermann Jakob.


Jürg Hauri von Bio Suisse vermittelt die Theorie und Konzepte von BioSuisse.


Rohwurst ohne Nitrit oder Nitrat (Salpeter) rötet nur schwach und unbeständig oder überhaupt nicht um. Die Haltbarmachung erfolgt dann nur über Trocknung (aW-Wert-Senkung) und Säuerung (pH-Wert­Senkung). Sie ist deshalb problematisch, weil in der schwierigen Anfangsphase mit hohem aW-Wert und hohem pH-Wert der Schutz des Nitrits vor Salmonellen und andern pathogenen Keimen wegfällt. Bei der Herstellung von Rohwurst ohne Nitrit empfiehlt es sich deshalb mit Kulturen zu arbeiten, welche den pH-Wert rasch senken und so die unerwünschten Keime im Schach halten.

Bio Suisse hat sich aus Gründen der Produktsicherheit und der Erhaltung von Spezialitäten bei Biowurstwaren für die Zulassung von Pökelsalzen ausgesprochen (im Gegensatz zu Demeter). Aber mit Alternativen wie Acerolakirsche und handwerklichem Knowhow können auch nitritfreie oder –reduzierte Wurstwaren hergestellt werden. Dabei gilt: NPS (mit maximal 0,6 % Natriumnitrit) ist auf 1.3 % bei Rohwurst und 0.8 % bei erhitzten Produkten begrenzt.

Notabene: Nicht der Zusatz ist begrenzt, sondern die verbleibende Höchstmenge von Nitrit und Nitrat. Für das Erzielen der sensorisch ansprechenden Eigenschaften der Fleischerzeugnisse reicht der Zusatz von etwa 40 mg Natriumnitrit pro Kilo, was einem Drittel der üblicherweise zugesetzen NPS-Menge entspricht.

Rohwurst ohne Pökelstoff

Ascorbinsäure ist bei Knospenprodukten nicht zugelassen. Für Brühwurst, Kochschinken und Kochwurst wird die Vitamin-C-haltige Alternative Acerolapulver empfohlen. Die Verarbeitungstechnik ist auf den geringeren oder fehlenden Pökelstoffzusatz abzustimmen. Folgende Punkte sind für die Rohwurstherstellung zu beachten, das gilt in besonderem Masse für Rohwurst ohne Nitrit.

Das Fleisch soll von älteren Tieren wie Muttersauen und Kühen stammen, in hygienisch einwandfreiem Zustand sein und höchstens 5 Tage nach der Schlachtung verwendet werden. Es soll einen pH-Wert zwischen 5,3 und 5,7 haben, d.h. es darf weder blass, weich und wässrig (PSE), noch dunkel, fest und trocken (DFD) sein, sondern muss Wasser langsam abgeben können.

Färbende Zutaten sind tabu in Biowurst. BioSuisse toleriert Pökelstoffe zur Umrötung. Demeter dagegen nicht, so dass solche Würste aus rotem Fleisch eher grau oder braun herauskommen. (Bild: A.Rossetti)

Speck soll weiss, frisch und kernig sein, am besten schlachtwarm abgezogen, abgeschwartet und aufgehängt werden, damit er möglichst viel Wasser abgibt und trocken-kernig wird. Im Idealfall kann man den aW-Wert des Fleisches entscheidend senken indem man es, schlachtwarm ausbeint, in faustgrosse Stücke schneidet und im Kühlraum flach auskühlen lässt (egal ob Schwein, Rind oder Schaf).

Die Reifung ist der problematischste Abschnitt der Rohwurstherstellung. Während der Reifung wird die Wurst durch Trocknung (aW-Wert-Senkung) und Säuerung (pH-Wert-Senkung) haltbar und gleichzeitig durch mikrobielle Vorgänge aromatisiert. Da für die schwierige Anfangsphase kein Nitrit als Schutz zu Verfügung steht, muss man möglichst schnell einen aW-Wert von 0,9 und einen pH-Wert von 5,0 bis 5,3 erreichen. Um trotzdem ein angenehm mildes Rohwurstaroma zu erzielen, sollten auf alle Fälle Starterkulturen zugesetzt werden.

Zur Trocknung senkt man mit ausgekühltem Warmfleisch und auskristallisiertem Speck den aW-Wert entscheidend. Einen aW-Wert unter 0,9 erreicht man mit einem engen Darmkaliber (unter Kaliber 60) relativ schnell, und die mikrobiell instabile Phase verkürzt sich dadurch. Wichtig ist die Säuerung: Die „Kunst“ ein sensorisch hochwertiges Produkt mit geringem mikrobiellen Risiko herzustellen besteht darin, während der Reifung bzw Fermentation den pH-Wert zwischen 5,0 und 5,3 zu halten.

Ein späterer Anstieg ist geschmacklich erwünscht, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Wurst ca. 30 % ihres Gewichts verloren hat (aW-Wert unter 0,86). Die Säuerung wird über Materialauswahl, Zuckerzusatz, Starterkulturen und Temperaturführung gesteuert. Eine geschmacklich gute Wurst entsteht mit 2 g/kg Traubenzucker und 1-2 g/kg Maltodextrin, da damit eine gute Aromatisierung bei relativ rascher pH-Wert-Senkung auf 5,0 bis 5,3 stattfinden kann.

Sinnvolle Starterkulturen

Eine hervorragende Sache ist der Einsatz von Mikroorganismen (Starterkulturen), die sich speziell für die Rohwurstreifung eignen und gleich zu Beginn des Kuttervorgangs zugesetzt werden. Sie aromatisieren nicht nur die Wurst in der gewünschten Weise, sondern sorgen gerade in der kritischen Anfangsphase für die schnelle Säuerung und unterdrücken andere unerwünschte Mikroben, die zu Rohwurstfehlern führen könnten. Starterkulturen muss man immer zu Beginn des Zerkleinerungsvorgangs zusetzen und nie mit Salz oder Gewürzen vormischen, da sie sonst geschädigt werden können.



Starterkulturen


Bei luftgetrockneten Würsten hat sich Edelschimmel als schützender und aromatisierender Aussenbelag bewährt. Zu diesem Zweck wird die Wurst nach dem Füllen in eine Edelschimmellösung getaucht. Die Kulturen überziehen sie mit einem erwünschten Schimmelrasen, der sie aromatisiert wie beim Camembert und vor unerwünschtem Aussenbelag schützt. (Hermann Jakob / GB)

Was ist das Hürdenkonzept?

Die Haltbarmachung von Bio-Rohwurstwaren erfolgt mit der Trocknung (Senkung der Wasseraktivität d.h. des aw-Werts), der Säuerung im Zug der Fermentation und der Hemmung von pathogenen Mikroorganismen durch Kochsalz. Diese Massnahmen zusätzlich zu besonders hygienischen Rohstoffen und Verarbeitungsmethoden sind wie Hürden: eine allein ist zu wenig wirksam aber in der Kombination genügend.

Man spricht daher vom Hürdenkonzept. Dies im Gegensatz zur Pasteurisierung, wo eine einzelne (weil hochwirksame) Massname ausreicht zur Inaktivierung der pathogenen Mikroorganismen. In konventionellen Produkten dient auch Pökelstoff als Konservierungsmittel und weitere Hürde. Trotzdem: Die Rohwurstreifung ist immer eine Gratwanderung und muss sorgfältig überwacht werden. (GB)


Hürdentechnologie bei Rohwurst: mehrere Hürden von zunehmender Höhe wirken gegen pathogene Bakterien (Graphik: Hermann Jakob)



Rezept Bio-Rindfleisch-Salami

85 % Rindfleisch mager
15 % Rinderfleischfett oder 50 % Rindfleisch mager
50 % Rindfleisch durchwachsen z. B. Querrippe

Fleisch und Fett leicht anfrieren, mit Salz Starterkulturen und Gewürzen mischen und 3 mm wolfen.
Rindfleisch III fein wolfen und untermischen. Alles kühlen und gut durchmengen.
Füllen in Saitlinge 24/26

Würzmischung:
28,0 g Salz
Starterkulturen
3,0 g Pfeffer, schwarz
1,0 g Piment
2,0 g Traubenzucker
2,0 g Maltodextrin
1,0 g Knoblauch
1,0 g Koriander
18,0 g Rotwein / Wacholder
wie gewünscht reifen.
(Rezept: Hermann Jakob)

Weiterlesen: Biowurst für ein abgerundetes Sortiment
__________________________________________

Die Redaktion empfiehlt:

Archiv der Nachrichten

Archiv der Varia-Beiträge

foodaktuell.ch-Newsletter

foodaktuell Journal (Print)

Delikatessen-Führer delikatessenschweiz.ch






Copyright Codex flores, Huobstr. 15, CH-8808 Pfäffikon (SZ)