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Beiträge im Archiv

8.6.2012 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Rolf Büttiker zum SFF-Jubiläum

Der Schweizer Fleisch-Fachverband SFF feiert dieses Jahr seinen 125. Geburtstag. Er hat am 3.6.2012 nach Cham eingeladen zur Jubiläums-Hauptversammlung in bundesrätlichem Beisein und in Anwesenheit der wesentlichen Exponenten der Fleischwirtschaft. «foodaktuell.ch» präsentiert das Referat von SFF-Präsident Rolf Büttiker.



Das letzte Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende war mit BSE, Maul- und Klauenseuche, Salmonellen und Campylobacter von verschiedenen Tierseuchen geprägt, wobei BSE die wohl grössten Auswirkungen und im Rückblick auch verschiedene positive Entwicklungen zur Folge hatte. Zu letzteren zählen sicherlich die Schaffung der Tierverkehrsdatenbank zwecks Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit, eine klare Verbesserung des Qualitätsverständnisses sowie die wohl unvergessliche Rettung der Nationalwurst Cervelas.

Unvergessen bleibt auch die Petition „Nein zum Dringlichen Bundesbeschluss Kuhschlachtung“ des VSM, die mit 146'000 Unterschriften die Bundesbehörden davon abhielt, im Rahmen von BSE rund 230'000 Kühe zu töten und zu verbrennen, womit sich rund 300 Mio. Franken unnötig in Rauch aufgelöst hätten. Der gesunde Menschenverstand der Metzger mit ihrem direkten Kontakt zur Kundschaft hat schon damals die Bundesbehörden in ihren Sparbemühungen konstruktiv unterstützt, anstatt wie andere Branchen ins Jammern zu verfallen.

Von ebenso grosser Bedeutung war die Veränderung des Berufsbildes der Metzger, indem man sich vom Konzept der Lehrtypen A (mit Schlachtung) und B (ohne Schlachtung) verabschiedete und mit der Schaffung der drei Wahlpflichtbereiche Fleischgewinnung, Verarbeitung und Veredelung die angestrebte Verfeinerung und Spezialisierung erreichte. Im Zuge dieser Modernisierung und auch auf Druck des Gesetzgebers erfolgte schliesslich der Ersatz der Berufsbezeichnung Metzger/-in durch Fleischfachmann/-frau.

Mit der Schaffung der Berufsprüfung als Zusatzoption zwischen Lehrabschluss- und Meisterprüfung konnte auch das Segment der Weiterbildung bereichert werden. Unsere Ausbildungskonzepte und Reglemente werden auch heute laufend den Erfordernissen der Zeit angepasst, um sicherzustellen, dass unsere Branche stets auf ein Reservoir an gut ausgebildeten Fachkräften zugreifen kann. Pro Jahr bilden wir rund 300 Fleischfachleute und ca. 180 Detailhandelsfachleute aus – es könnten noch wesentlich mehr sein.

Gerade im Zusammenhang mit dem schon heute frappanten Mangel an Kadernachwuchskräften unterstützen wir ausdrücklich die Forderung des Schweizerischen Gewerbeverbandes, dass die Höhere Berufsbildung seitens des Bundes mit zusätzlich 400 Millionen Franken zu alimentieren sei. Dies auch unter dem Aspekt, dass wir von den Interessenten und Interessentinnen für eine Weiterbildung immer wieder hören, dass sie nebst den privaten Einschränkungen vor allem durch die hohen Kosten abgeschreckt werden.

In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit begann Fleisch als emotionellstes Lebensmittel zunehmend einen prominenteren Platz einzunehmen, zumal der Konsum von Fleisch unabdingbar mit der Schlachtung eines Tieres, die möglichst schonend zu geschehen hat, verbunden ist. Es ist daher nicht weiter erstaunlich, dass in den letzten 25 Jahren die diversen Anfeindungen gegen den Fleischkonsum durch Konsumenten- und Tierschutzseite, aber auch durch die Medien massiv zunahmen, der Fleischkonsum seit geraumer Zeit aber gleichwohl eine tendenziell steigende Tendenz aufweist.

Vegi-Tag

Der Vergleich mit dem Vegi-Tag in Lyss vom vergangenen 12. Mai 2012 zeigt, dass Fleisch als emotionellstes Lebensmittel unvermindert im Fokus des öffentlichen Interesses steht. So haben es gewisse Vegetarierkreise fertig gebracht, die Stadt Lyss und verschiedene ortsansässige Heime und Restaurants zur Einführung eines fleischlosen Tages zwecks Einsparung von CO2 zu bewegen. Für uns steht ausser Frage, dass der Konsument selber in der Lage ist, zu entscheiden, ob er Fleisch essen will oder ob er eine vegetarische Ernährung bevorzugt.

Wir wehren uns aber gegen jegliche Art von Bevormundung. Es ist für uns ein rotes Tuch, wenn mit missionarischem Eifer versucht wird, unsere Kundschaft vom genüsslichen Fleischkonsum abzuhalten. Gar bedenklich wird es, wenn sich dann noch die Politik in die Alltagsgewohnheiten der Bürger einzumischen beginnt, wie dies in Lyss der Fall war. Dies ist umso erstaunlicher, als die in Lyss ansässigen Fleischverarbeiter mit insgesamt rund 360 Arbeitsplätzen – so sollte man es zumindest meinen – einen gewichtigen lokalen Wirtschaftsfaktor darstellen.

Genau in dieselbe Richtung weist auch der neuste Spendenaufruf von Caritas Schweiz in der Zeitschrift „20 minuten“ von letzter Woche unter dem Titel „Wie viel Fleisch ist tragbar?“. Dabei verknüpft Caritas die weltweite Hungerproblematik auf inakzeptable Art und Weise einseitig mit dem Fleischkonsum. Wir haben umgehend bei Caritas Schweiz mit Kopie an die Stiftung Zewo, die die Hilfswerke bekanntlich zertifiziert, schriftlich interveniert und uns dabei die Frage erlaubt „Wie viel Caritas ist tragbar?“.

Tierschutz – Schmerzfreie Ferkelkastration

Ich komme nun zur 2. Thematik, dem Tierschutz. Als Beispiel hierzu möchte ich die weltweit einmaligen Bemühungen der Schweizer Fleischwirtschaft rund um das Thema der schmerzfreien Ferkelkastration aufzeigen. Ohne Zutun der Behörden hat es die Branche, d.h. die Fleischproduzenten, die Fleischverarbeiter und der Viehhandel gemeinsam verstanden, im Rahmen des Kastrationsfonds innert rund 1½ Jahre rund 13 Mio. Franken zur Anschubfinanzierung der schmerzfreien Ferkelkastration zu äufnen und an die betreffenden Schweinezuchtbetriebe vor allem zur Anschaffung von Inhalationsnarkosegeräten auszuzahlen.

Ein Blick über die Grenze zeigt, dass die Schweiz neben Norwegen weltweit das einzige Land ist, das die Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration vorschreibt und auch umsetzt. In der EU ist das Kastrieren ohne Schmerzausschaltung bis zum Alter von 7 Tagen weiterhin erlaubt; angestrebt wird die Einführung der Ebermast bis 2018. Es würde mich aufgrund von früheren, ähnlich gelagerten Situationen jedoch nicht erstaunen, wenn dies EU-weit gleichbedeutend mit einer Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleinstag wäre.

Regulierungsdichte

In den letzten Jahren nahm die Regulierungsdichte massiv zu. Seitens der Behörden wird dies oft mit der sog. Äquivalenz, d.h. einer zunehmenden Angleichung an die EU-Gesetzgebung, begründet. Als EU-Aussenstehende können wir diese leider nicht mitgestalten, müssen sie aber zunehmend übernehmen. Gleichwohl gibt es seitens der Schweizer Behörden immer wieder Bestrebungen für zusätzliche, Schweiz-spezifische Auflagen, die uns das Leben noch schwerer machen. Unsere Betriebe sind hierbei vor allem durch die Lebensmittelgesetzgebung und im Bereich der Schlachtung vor allem durch veterinärrechtliche Regelungen stark gefordert.

An dieser Stelle möchte ich beispielhaft auf die grossen Anstrengungen des SFF in den Jahren 2006 und 2007 hinweisen, als es darum ging, die Ausnahmekriterien für die Melde- anstelle der Bewilligungspflicht für lokale Betriebe mit einer Tätigkeit von beschränktem Umfang zu definieren. Anfänglich wollte man seitens der Behörden für den Begriff „lokal“ einen maximalen Radius von 80 km, später einen solchen von 150 km vorgeben. Wir haben es dann hingekriegt, dass der Begriff „lokal“ vom BAG für die gesamte Schweiz anerkannt wird.

Fleisch-Steuer via Importkontingent-Versteigerung

Wie Sie es von mir wohl nicht anders erwartet haben, komme ich nun auf das Importsystem für Fleisch zu sprechen. Nachdem die damals zuständigen Bundesräte in einer „Nacht und Nebel-Aktion“ den Bauern genug Angst in Bezug auf eine allfällige Kürzung des Agrarbudgets eingejagt hatten, wechselte das Importsystem Fleisch zu Beginn des Jahres 2005 von der Zuteilung von Zollkontingentsanteilen aufgrund einer Inlandleistung hin zum aktuellen Versteigerungssystem. Dies hat seither, vor allem aber seit 2007 zu einem bedeutenden Geldabfluss aus der Fleischwirtschaft hin zur Bundeskasse geführt, den ich als nichts anderes als eine verkappte Fleisch-Steuer auf dem Buckel der Fleischwirtschaft bezeichnen muss.

Nennen Sie mir eine Branche, die seitens der Politik einer ähnlichen fiskalischen Belastung ausgesetzt wurde und auch heute noch ist! Alleine in den letzten zwei Jahren belief sich diese faktische Fleisch-Steuer auf 200 bis 210 Mio. Franken brutto bzw. unter Berücksichtigung der Entsorgungsbeiträge von knapp 50 Mio. Franken auf 150 bis 160 Mio. Franken netto.

Nach dem abschlägigen Bescheid des Bundesrates in seiner Botschaft zur Agrarpolitik 2014-2017 und in Missachtung der Ergebnisse seiner vom EVD eingesetzten Arbeitsgruppe als Folge meine Motion haben sich SFF und die Bauern auf einen gemeinsamen Antrag zuhanden des eidgenössischen Parlamentes geeinigt. Dieser ist einfach und pragmatisch und bezieht die wettbewerbspolitischen wie auch die finanziellen Bedenken des Bundes ein. Der konkrete Antrag, der die 120%-ige Unterstützung von uns allen braucht und noch brauchen wird, wird Ihnen später durch unseren Direktor noch näher vorgestellt.

Einkaufstourismus

Dieselben Kreise, die sich jeweils in der Öffentlichkeit für die vorgenannten Themen stark machen, sind gleichzeitig oft auch diejenigen, die den Einkaufstourismus aktiv propagieren – wahrhaftig ein gutes Beispiel, wie man sich in der heutigen Zeit auch mit Inkonsequenz positionieren kann. Mit dem Phänomen des Einkaufstourismus, über welchen der Schweizer Fleischwirtschaft im letzten Jahr bereits schätzungsweise eine Milliarde bzw. jeder 10. Franken verloren geht, wird überdies die Einbahnstrasse in die Schweiz hinein zunehmend grösser.

Verstehen Sie mich richtig, wir plädieren nicht für Verbote, den schliesslich ist der Kunde ja König. Wir sind jedoch der Auffassung, dass die Konsumentinnen und Konsumenten unbedingt für die Konsequenzen ihres Handels sensibilisiert werden müssen – denn schliesslich kann niemand auf längere Sicht hinaus „den Fünfer und das Weggli“ haben. Daher geht die aktuelle Kampagne „In der Schweiz gekauft“ des Schweizerischen Gewerbeverbandes, die die Qualität, die Arbeitsplätze und die Bildung in der Schweiz herausstreicht, klar in die richtige Richtung.


Der 23jährige Metzger Daniel Bösch aus Sirnach TG siegte am Unspunnen- Schwinget im September 2011.


Zu schaffen macht uns auch der Strukturwandel, indem wir seit Jahren von der Schliessung von rund einer Metzgerei pro Woche Kenntnis nehmen müssen. Die Ursachen hierfür liegen oft im Mangel an geeignetem Nachwuchs begründet. Ich möchte gerade an dieser Stelle festhalten, dass das in den Medien oft fälschlicherweise verbreitete Metzgereisterben nicht stattfindet; denn wie die relativ konstante AHV-Gesamtlohnsumme wie auch der tendenziell zunehmende Fleischverbrauch immer wieder zeigen, wird die sinkende Zahl der Metzgereien durch Filialisierungen, Fusionen und Diversifizierungen vollständig kompensiert.

Wir sind uns bewusst, dass wir auch in Zukunft einer Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt sein werden. Wie es dem Naturell der Metzgerschaft entspricht, werden wir diese aktiv zugunsten unseres hochwertigen Lebensmittels Fleisch anpacken, denn schliesslich ist ja alles andere Beilage.

Wie erfolgreich Metzger sein können, zeigen auch die Beispiele von Didier Cuche, Kilian Wenger und Daniel Bösch – wir sind stolz auf Euch! Unsere Branche braucht solche Sympathieträger und Vorbilder und zwar nicht nur für die Jungen, sondern für uns alle! Tun wir es doch unseren Paradepferden gleich und knüpfen wir nahtlos an ihre Erfolge an! (Auszug aus dem Referat von Rolf Büttiker (Bild)
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