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14.7.2012 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Glutamat: verpönt aber wirksam

Der Geschmacksverstärker Glutamat ist aus vielen Gründen umstritten, obwohl negative Folgen für die Gesundheit nie bewiesen wurden. Heute findet man immer öfter Werbeaussagen über die Abwesenheit dieses zugelassenen Zusatzstoffes. Jedoch: Er kommt natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vor.



Die drei obligaten weissen Pulver in der Chinaküche: Zucker, Salz und Glutamat. Die chinesischen Köche verwenden als einzige einen reinen Zusatzstoff (abgesehen von den modernen Molekularköchen)


Der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat oder kurz Glutamat hat eine bewegte Geschichte. Schon vor hundert Jahren entdeckte man seinen angenehmen bouillonartigen Geschmack. In der Folge begann man mit der Herstellung dieser Aminosäure, die ein Baustein aller Proteine bildet, um sie zur Geschmacksunterstützung in würzigen Speisen zu verwenden.

Nur freies, nicht in Proteinen eingebundenes Glutamat hat diese Wirkung. Es wird allmählich in kleinen Mengen beim Proteinabbau frei, so etwa bei langer Reifung von Rohwurst und Käse. Oder in grösseren Mengen in Sojasauce, die aus abgebauten Sojaproteinen hergestellt wird. Glutamat ist eines der Geheimnisse für den Wohlgeschmack dieser Produkte. Es ist im Gegensatz zu nicht abgebauten Proteinen sehr geschmacksintensiv und signalisiert dem Gaumen wertvolle proteinreiche Nahrung.

Seit Jahrhunderten verwenden die Japaner Sauce aus der glutamatreichen Braunalge und die Chinesen Suppenwürze aus glutamatreichem Seetang. Eine Portion chinesisches Essen mit drei Esslöffeln Sojasauce kann ein halbes Gramm Glutamat enthalten. Auch italienische Speisen mit Tomatensauce und Parmesan können einige Zehntelsgramm enthalten. Durchschnittlich konsumiert der Mensch in westlichen Ländern täglich 0.4 Gramm Glutamat als Geschmacksverstärker. In Taiwan sind es drei Gramm.

Glutamat – der fünfte Geschmack

Der Eigengeschmack des Glutamats ist neutral und wird von Sensorikern als «warm und bouillonartig» bezeichnet. Er hamoniert mit salzigen Geschmacksrichtungen und kann Säure und Bitterkeit abschwächen. Glutamat wird nur auf der Zunge wahrgenommen und gilt – neben den vier Typen „süss, sauer, salzig und bitter“ - als fünfter Geschmackstyp, mit dem japanischen Wort „Umami“ benannt.

Glutamat gibt ähnlich wie Salz den Würzmischungen einen runden, vollen Grundgeschmack. Dieselbe Rolle spielt der Zucker bei süssen Aromen. Der Ausdruck „Geschmacksverstärker“ könnte allerdings irreführend sein: Es ist unmöglich, ohne Glutamat – dafür mit mehr Gewürzen – denselben Geschmack zu erzeugen. Besser wäre der Begriff «Grundgeschmackgeber».

Glutamat hat kommerziell interessante Eigenschaften: Die Aminosäure ist sehr billig herstellbar und wirkt intensiv in kleinen Dosierungen. Kein Wunder, dass dieser geprüfte und bewilligte Zusatzstoff seit Jahrzenten als Zutat in Würzmischungen eingesetzt wird (in der chinesischen Küche sogar als reiner Stoff wie Salz und Zucker). Die Konsumenten selber würzen ihr Essen oft nach mit einer traditionellen (glutamathaltigen) Streuwürze.

Dass man edle, teure Zutaten wie Fonds, Fleisch- und Gemüseextrakt teilweise durch Glutamat ersetzen konnte und dies auch tat, brachte dem Wundermittel allerdings mit der Zeit ein Negativimage ein. Konsumentenschützer kritisieren seit Langem, dass man mit Zusatzstoffen Lebensmittel verbillige. Dies zwar oft zu unrecht oder stark übertrieben, aber im Fall von Glutamat stimmt es: man kann Rezeptkosten sparen. Und Billigprodukte enthalten logischerweise mehr kostengünstige Zutaten wie Geschmacksverstärker oder synthetische Aromen und Farbstoffe, die ähnlich schmecken bzw aussehen wie edle.

Glutamat kann man teilweise mit Kochsalz ersetzen, aber dies ist keine gute Alternative, da der heutige Salzkonsum der Bevölkerung massiv zu hoch ist und zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Salz schmeckt ausserdem viel intensiver als Glutamat. Eher das umgekehrte ist sinnvoll: die Salzgehalte in Produkten reduzieren, und mit der Zugabe von Glutamat oder Sojasauce vermeiden, dass sie fad schmecken und von den Konsumenten entweder nicht mehr gekauft oder aber nachgesalzen werden.


Glutamat ist heute wie die meisten Zusatzstoffe verpönt, und die Marketingstrategen einiger Premiumhersteller entdeckten die verkaufsfördernde Wirkung der Werbung «ohne E-Nummern» oder zumindest «ohne Geschmacksverstärker und künstliche Zusatzstoffe». In der Tat sollte ein Premiumprodukt eher hohe Anteile von echten, edlen Zutaten enthalten und nicht kostenminimierende mit banalem Geschmack. Auch Bioprodukte dürfen keine Zusatzstoffe enthalten (von Ausnahmen abgesehen) und verarbeitete Bioprodukte haben Erfolg - teilweise weil sie besser schmecken dank echten Zutaten statt synthetischen Aromen und Geschmacksverstärkern.

Glutamat ist auch aus einem weiteren Grund verpönt: aufgrund der Unverträglichkeitsreaktionen bei empfindlichen Personen. Einige Symptome des sogenannten „Chinarestaurant-Syndroms“, sind Herzklopfen, Erbrechen und Migräne. Glutamat wurde während langer Zeit als Ursache vermutet, aber wissenschaftliche Untersuchungen konnten dies bisher weder beweisen noch widerlegen.

«Das selten vorkommende Chinarestaurant-Syndrom kann als Lebensmittelunverträglichkeit mit momentan noch nicht abschliessend geklärter Ursache bezeichnet werden», sagt Georg Schäppi, Geschäftsleiter von aha! Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma. Es ist keine echte Allergie wie die Immun-Reaktion auf Erdnuss oder Sellerie aber dennoch unangenehm. Die Empfindlichkeit ist individuell sehr verschieden. Die Symptome treten nach zehn bis zwanzig Minuten auf und klingen meistens relativ rasch wieder ab.

Mysteriöses Chinarestaurant-Syndrom

Glutamat sei am Chinarestaurant-Syndrom unschuldig, sagen australische Wissenschafter, welche eine Studie an 71 Testpersonen durchführten. Sie stellten zwar bei einem Teil der Testpersonen nach Einnahme von Glutamat Symptome fest, doch eine gleich grosse Gruppe zeigte dieselben Reaktionen nach Einnahme von glutamatfreien Produkten gleichen Geschmacks. Die Wissenschafter vermuten nun, dass das Chinarestaurant-Syndrom durch andere Stoffe ausgelöst wird, etwa durch Eiweisse oder das Gewebshormon Histamin.


Glutamat erhält auch aus andern Gründen hin und wieder negative Schlagzeilen wie im 2008 in einer Pressemeldung über eine neue Studie der Chapel Hill School of Pulbic Health der Universität North Carolina, die besagte, Glutamat könne Übergewicht begünstigen. Glutamat sorgt vor allem in den USA für kontroverse Diskussionen. Es gibt eine Nationale Organisation zum Kampf gegen Glutamat namens „NoMSG“, welche sich zum Ziel gesetzt hat, die Öffentlichkeit über die Risiken des Glutamatkonsums aufzuklären und unabhängige Glutamatforschung zu unterstützen. Im Gegenzug gibt es auch eine Glutamat-Vereinigung, welche die Konsumentenschaft ihrerseits über die Unbedenklicheit informiert.

Die Schweizer Zusatzstoffverordnung erlaubt Glutamat (E 621) in Suppen, Saucen, Gemüsekonserven, Fleisch- und Wurstwaren in einer Höchstmenge von 10 g/kg. Siehe dazu den umfassenden und detaillierten Beitrag der Fachstelle IQFS an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in www.foodaktuell.ch > Varia vom 28.3.2011. 2011 (siehe auch www.iqfs.ch > Publikationen).

Generell gilt für Zusatzstoffe die pragmatische Regel: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Nötig ist Glutamat kaum oder nur wenn man sich schon so stark daran gewöhnt hat, dass man den Umamigeschmack in glutamatfreien Produkten vermisst. Wie bei Zucker und Salz kann man sich an höhere oder geringere Dosierungen gewöhnen analog zu einer Futterprägung.

Wer auf Glutamat verzichtet, wird feststellen, dass Premiumprodukte ohne Glutamat vielleicht weniger intensiv bouillonartig schmecken, aber dafür die Gschmacksnoten der edlen Zutaten stärker hervortreten. Später wird man glutamatreiche Produkte unausgewogen finden so wie überzuckerte oder versalzene. Eine sinnvolle Glutamatdosierung ist wohl jene, die man auch mit glutamathaltigen Zutaten wie reifem Parmesan oder Sojasauce erreicht.

Natürlicher Glutamat-Gehalt in einigen Lebensmitteln

pro 100 Gramm oder Deziliter:
Hefeextraktpulver: 2-14 Gramm
Sojasauce: 1-2 Gramm
Käse (Parmesan, Roquefort): 1.2 Gramm
Walnüsse: 0.7 Gramm
Erbsen: 0.2 Gramm
Tomaten: 0.14 Gramm
Kuhmilch: 2 Milligramm
Muttermilch: 22 Milligramm

Mehr Wissenswertes über Glutamat

Natriumglutamat wurde zuerst 1866 vom Deutschen Heinrich Ritthausen identifiziert, 1908 entdeckte der japanische Forscher Kikunae Ikeda dessen Bedeutung für die Geschmacksqualität; er untersuchte, was die Ursache für den besonderen Wohlgeschmack von Käse, Fleisch und Tomaten ist, der aber nicht durch die vier bekannten Geschmacksrichtungen süss, sauer, salzig, bitter abgedeckt wird.

Dabei konnte er aus einem in Japan in der Küche verwendeten Algenextrakt Glutamat extrahieren und nachweisen, dass Glutamat für den speziellen Umami-Geschmack verantwortlich ist. Zusammen mit dem Industriellen Saburôsuke Suzuki gründete er zur Vermarktung seiner Entdeckung später das Unternehmen Ajinomoto. Heute wird Natriumglutamat vor allem in Südost-Asien biotechnologisch (Fermentation) mit Hilfe des Bakteriums Corynebacterium glutamicum hergestellt (1,7 Mio. Tonnen pro Jahr).

Die Aminosäure L-Glutamat findet sich natürlicherweise in fast allen proteinhaltigen Lebensmitteln. Bei normaler Mischkost liegt die tägliche Glutamataufnahme daher bei 8-12 g. Für gesunde Menschen ist die Verwendung von L-Glutamat unbedenklich und steht in keinem Widerspruch zu einer gesundheitsbewussten Ernährung.

In den 1940er Jahren wurde aufgrund einer Modeströmung hunderten Kindern über Monate zur angeblichen geistigen Leistungssteigerung bis zu 40 g L-Glutamat pro Tag verabreicht. Trotz dieser hohen Dosierung wurden weder leistungssteigernde noch toxische Effekte beschrieben.

Die Studienergebnisse zu Glutamatsalzen sind uneinheitlich. Bei Überempfindlichkeit wird vermutet, dass Mononatriumglutamat (MSG) der Auslöser des Chinarestaurant-Syndroms ist. Zwar kann man noch nicht ausschliessen, dass es Personen gibt, die auf MNG empfindlich reagieren, doch konnte es 1987 in einer Doppelblindstudie des Joint Expert Committee on Food Additives der WHO an Personen, die angaben, am sogenannten Chinarestaurant-Syndrom zu leiden, nicht als dessen Ursache festgestellt werden. Wissenschaftliche Studien mit Menschen haben bislang keine unmittelbare Schädlichkeit des Glutamats nachgewiesen. (Wikipedia)

Über das Allergie-Kompetenzzentrum aha!

Das Schweizerische Zentrum für Allergie, Haut und Asthma (aha!) stellt Betroffenen, Interessierten wie auch Fachkreisen ein umfassendes Informations-, Beratungs- und Schulungsangebot zur Verfügung. Im Bereich Nahrungsmittelunverträglichkeiten/Gastronomie bieten Fachpersonen von aha! Seminarien und Weiterbildungskurse an. Kontakt: aha! Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma, Scheibenstrasse 20, 3014 Bern, Tel. 031 359 90 00, info@ahaswiss.ch, www.ahaswiss.ch

Weiterlesen: Wissenswertes über Glutamat (Bericht der ZHAW)
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