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30.3.2012 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Panikmache vor rotem Fleisch

Einer amerikanischen Studie zufolge soll der Konsum von rotem Fleisch zu einem früheren Tod führen, weshalb man besser Geflügel oder Fisch verzehren oder vegetarisch essen soll. Eine nähere Betrachtung relativiert jedoch die Aussage der Studie.


Vor-zeitiger Tod wegen regel-mässigem Fleisch-Konsum?

Eine kürzlich erschienene «Blick»-Schlagzeile hat Böses erahnen lassen: "Schock-Studie: Wurst essen erhöht Sterberisiko um 20 Prozent". "Ein regelmässiger Fleischkonsum trägt erheblich zum vorzeitigen Ableben bei", wird einer der Studienautoren im Artikel zitiert. Auch andere Medien warnen vor Fleischgenuss aufgrund der Studienresultate. Im Folgenden soll dargestellt werden, was für eine Studie diese Panikmache ausgelöst hat und wie ihre Resultate tatsächlich beurteilt werden müssen.

In Amerika existieren zwei grosse Beobachtungsstudien: die Health Professionals Follow-up Study (männliche Personen, die im Gesundheitssektor arbeiten) und die Nurses' Health Study (Krankenschwestern). In beiden Studien werden die Teilnehmer alle 4 Jahre mittels Fragebogen befragt, was sie Essen, wie viel Alkohol sie trinken, ob sie Rauchen, ob sie Sport treiben, ob sie Medikamente einnehmen, wie viel sie wiegen und vieles mehr in Bezug auf Lebensstil und Gesundheit.

Bei den Fragen über ihre Ernährung können sie jeweils unter neun möglichen Antworten zur Konsumhäufigkeit eines Lebensmittels wählen, die von "nie oder weniger als einmal pro Monat" bis zu "sechs oder mehr pro Tag" reichen. In Bezug auf Fleisch werden beispielweise die Verzehrshäufigkeiten von "Rind, Schwein oder Lamm als Hauptgericht", "Hamburger", "Rind, Schwein oder Lamm in Sandwich oder Mischgericht", "Speck", "Hot Dogs" und "Wurst, Salami, Mortadella oder anderes Fleischprodukt" abgefragt.

Die Krankenschwesterstudie begann 1980, diejenige mit den Männern 1986. Seither wird neben den Fragen zum Lebensstil auch kontinuierlich abgeklärt, welche der Teilnehmer gestorben sind und woran. Alle paar Jahre werden statistische Berechnungen durchgeführt, inwieweit die verschiedenen Lebensstilfaktoren mit dem Ableben der Studienteilnehmer in Zusammenhang stehen könnten. Die aktuelle Auswertung umfasst die erhobenen Daten bis 2008, also einen Beobachtungszeitraum von 22 bzw. 28 Jahren. Berücksichtigt wurden die Angaben von 37'698 Männer und 83'644 Frauen, von denen 8'926 bzw. 15'000 gestorben sind.

Sterberisiko erhöht

Ein Mitte März erschienener Artikel in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Archives of Internal Medicine stellt nun die berechneten Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Sterberate dar. Die Studienteilnehmer wurden aufgrund ihrer Angaben in fünf Gruppen mit zunehmendem durchschnittlichem Fleischkonsum eingeteilt.

Bei den Männern wurde in der ersten Gruppe 0.25 Portionen Fleisch pro Tag konsumiert und in der fünften Gruppe etwas über 2 Portionen. Bei den Frauen waren es 0.5 Portionen in der ersten und auch etwas über 2 Portionen in der fünften Gruppe. Gemäss Statistik stieg das Sterberisiko insgesamt sowie auch das Risiko an Herzinfarkt oder an Krebs zu sterben mit zunehmendem Fleischkonsum an und lag bei Gruppe 5 am höchsten.

Die Wissenschaftler berechneten, dass pro täglicher Fleischportion das Sterberisiko insgesamt um 12% erhöht wird. Wird zwischen unverarbeitetem und verarbeitetem Fleisch (wobei laut ihnen Hamburger und Sandwichbelag zu unverarbeitetem Fleisch gehören) unterschieden, so stieg das Sterberisiko bei ersterem um 13% und bei letzterem um 20%. Ausserdem berechneten sie anhand ihrer Daten, wie sich das Sterberisiko verändert, wenn statt rotem Fleisch ein anderes Lebensmittel konsumiert wird. Das Ergebnis war eine Risikoreduktion in allen angenommenen Fällen.

Vorbehalte zur Studie

Generell kann man zu dieser Art von Studien (Beobachtungsstudien) anmerken, dass sie nur auf mögliche Zusammenhänge hinweisen, jedoch nichts über ein Vorliegen von Ursache und Wirkung sagen können. Ausserdem ist das Erfassen von genauen Angaben zur Ernährung sehr schwierig (wer kann schon genau sagen, wie häufig er pro Monat ein bestimmtes Lebensmittel verzehrt, geschweige denn welche Menge), so dass man hier nur von relativ groben Angaben sprechen kann.


Wir müssen alle einmal sterben, aber ist daran ein hoher Fleischkonsum mitschuldig? Die Sterberate ist sehr multifaktoriell. Personen mit hohem Fleischkonsum haben oft einen "ungesünderen" Lebensstil, was die Studienresultate verfälscht. Ein Vergleich: Warum verfehlte der Zyklop Polyphem den fliehenden Odysseus, als er ihm Felsbrocken nachwarf? Weil dieser ihm ein Auge ausgestochen hatte und er deswegen Distanzen nicht mehr schätzen konnte? Ja, das leuchtet ein. Aber Achtung: Zyklopen haben sowieso nur ein Auge – dass Polyphem somit blind wurde, ist eine weitere mögliche Erklärung. Welcher Faktor hatte wohl mehr Einfluss?


Hinzu kommt, dass verschiedene Lebensstilfaktoren eine Wirkung auf die Gesundheit haben und es sehr schwierig ist, hier die einzelnen Einflüsse abzugrenzen. Weiter muss man davon ausgehen, dass auch noch unbekannte Faktoren vorhanden sein können. Wegen all dieser Unsicherheiten müssen die berechneten Effekte schon bedeutend sein, damit tatsächlich von einem Zusammenhang ausgegangen werden kann. Eine Erhöhung des Sterberisikos um 13 bzw. 20% ist in dieser Hinsicht nicht aussagekräftig, auch wenn sie statistisch abgesichert ist.

Wie erwähnt, müssen weitere Lebensstilfaktoren, die einen Einfluss auf das Sterberisiko haben können (Rauchen, Gewicht, Bewegung, Krankheiten, andere Lebensmittel u.v.m.), bei den Berechnungen berücksichtigt werden. Dies ist nicht einfach. Sieht man sich die Daten der Studienteilnehmer genauer an, so bemerkt man, dass sich die fünf Gruppen nicht nur im Fleischkonsum unterscheiden.

Die Personen mit hohem Fleischkonsum sind öfter Raucher, sie bewegen sich weniger, weisen ein höheres Gewicht auf, leiden häufiger an Diabetes, nehmen weniger Vitamintabletten dafür häufiger Aspirin ein, trinken häufiger Alkohol und essen energiereicher im Vergleich zu den Personen mit einem tiefen Fleischkonsum. D.h. sie verfolgen insgesamt einen "ungesünderen" Lebensstil. Dass dies in den Berechnungen vollumfänglich berücksichtigt ist, muss trotz der diesbezüglichen Bemühungen der Forscher angezweifelt werden.

Erstaunlich ist, dass laut den angegebenen Gruppen-Durchschnittswerten die Frauen mehr Fleisch assen als die Männer, was in Realität normalerweise nicht der Fall ist. Das könnte auf Mängel bei der Datenerhebung hinweisen. Interessant ist auch die Tatsache, dass in den fünf Gruppen mit zunehmendem täglichem Fleischkonsum die aufgezeichnete Anzahl Todesfälle bei den Männern zuerst abnimmt und dann wieder ansteigt (Gruppe 2 weist eine geringere Anzahl auf als Gruppe 1 bezogen auf 1000 Personenjahre), und das Gleiche auch bei den Frauen der Fall ist, wobei hier Gruppe 3 die geringste Anzahl Todesfälle aufweist.

Bei beiden Geschlechtern finden sich hauptsächlich in Gruppe 5 erhöhte Zahlen. Das würde darauf hindeuten, dass für eine optimale Gesundheit der Fleischkonsum nicht zu hoch, aber auch nicht zu tief liegen sollte.

Die Aussage, dass der Ersatz von Fleisch durch andere Lebensmittel das Sterberisiko senkt, basiert nicht auf Vergleichen zwischen den Studienteilnehmern sondern rein auf den durchgeführten statistischen Risikoberechnungen. Es handelt sich somit nur um Annahmen und nicht um Tatsachen. Ob diese Empfehlungen berechtigt sind, müsste nun in Versuchen abgeklärt werden.

Als letztes soll noch erwähnt werden, dass die Resultate nicht so einfach für die Schweiz übernommen werden können. Das Spektrum an Fleischprodukten ist in der Schweiz breiter und anders als in den USA. Des weiteren unterscheidet sich teilweise die Aufzucht und Fütterung der Tiere und damit die Zusammensetzung des Fleisches. Auch die Konsummengen, die Art der Zubereitung und die bevorzugten Fleischsorten sind nicht die gleichen.

Fazit: Panik ist fehl am Platz

Bei der Studie handelt es sich um eine umfangreiche Beobachtungsstudie auf neustem wissenschaftlichen Stand. Der gefundene Effekt auf das Sterberisiko ist jedoch wenig beeindruckend und insgesamt gesehen gibt es viele Vorbehalte. Die Ergebnisse der Studie sind deshalb als wenig relevant anzusehen und eine Panikmache ist auf keinen Fall angebracht. Weiterhin gilt, dass eine abwechslungsreiche Mischkost die Gesundheit am besten unterstützt. Dazu gehört auch täglich eine Portion einer Proteinquelle, was wahlweise Fleisch, Fisch, Eier, Käse etc. sein kann. (Text: Alexandra Schmid, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras, 3003 Bern)



Für Sie gelesen in Blick.ch:

Schock-Studie: Wurst essen erhöht Sterberisiko um 20%

Nach einer neuen Langzeituntersuchung kommen alarmierende Ergebnisse zum Thema Fleischkonsum auf den Tisch.

Krasse Worte: «Regelmässiger Fleischkonsum trägt erheblich zum vorzeitigen Ableben bei», sagt der Ernährungsexperte Frank Hu von der Harvard Medical School. Er hat zusammen mit weiteren Wissenschaftlern Daten von mehr als 37'000 Männern und 83'000 Frauen ausgewertet. Die Daten reichen bis ins Jahr 1980 zurück und zeigen ein eindeutiges Resultat: Wer täglich verarbeitetes Fleisch wie etwa Wurst, Aufschnitt oder Hamburger isst, erhöht seine Sterblichkeit um 20 Prozent. Sprich: Die Lebenserwartung sinkt.

Dass zu hoher Fleischkonsum nicht gesund ist, belegen bereits diverse Studie. Neu ist bei der Harvard-Studie das Ausmass. Nur schon täglich eine Hauptmahlzeit mit rotem Fleisch lässt die Sterblichkeit um 13 Prozent steigen. Schlaganfall, Infarkt, Arterienverkalkung, Bluthochdruck sind Folgen des Fleischkonsums. Der Ausweg: Statt Fleisch gelegentlich Fisch, Geflügel, Nüsse, Gemüse oder Getreide zu sich nehmen. Wäre der Fleischkonsum so halbiert worden, hätten sich 9,3 Prozent der Todesfälle bei Männern und 7,6 Prozent bei Frauen hinauszögern oder verhindern lassen. (Quelle: blick.ch)

Weiterlesen: Kein Vorteil bei Fleischverzicht
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