foodaktuell.ch
Internetmagazin für die Lebensmittelbranche Samstag, 04. Mai 2024
Inhalt
Home
Nachrichten
Fleisch & ...
Backwaren & ...
Gastronomie
Über uns, Werbung
Archiv, Suche
Impressum
3.2.2016
Messetipp: IFFA 2016 in Frankfurt

„Fleischindustrie 4.0“ nimmt Fahrt auf
anzeigen...

Partner/Sponsoren

Cash+Carry Angehrn: Frische für Profis an neun Standorten in der Deutschschweiz.
Direkt zur CCA-Website:
www.cca-angehrn.ch


Empfohlene Links:

Fachschule für Bäckerei,
Konditorei, Confiserie:
www.richemont.cc


Fachschule für Metzgerei:
www.abzspiez.ch


Internationale Privat-Fachschule für Koch-Profis: European Culinary Center DCT in Vitznau LU
Deutsch: http://german.dct.ch
English: www.culinary.ch


Internet- und Socialmedia-Auftritte:
www.chrisign.ch







Schweizerischer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband


Beiträge im Archiv

15.6.2012 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
Druckansicht
Kerntemperatur messen ist wichtig

Kürzlich veröffentlichte Untersuchungen zeigen, dass die Kerntemperatur bei Brühwürsten gemessen werden muss. Eine Festlegung der Erhitzungsbedingungen nur über die Zeit ist zumindest bei der Erhitzung im Kochkessel nicht zuverlässig.


2011 untersuchte der Berner Kantonschemiker die Keimzahlen von 20 Brühwürsten am Ende der deklarierten Verbrauchsfrist. 14 Proben wiesen Überschreitungen der Toleranzwerte auf.

Als wahrscheinlichsten Grund nannte der Kantonschemiker in seinem Jahresbericht eine ungenügende Erhitzung bei der Produktion (keine Kerntemperaturmessung in den Würsten) und/oder eine zu optimistische Verbrauchsfrist.

Eine Semesterarbeit an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen betreut von Agroscope ALP-Haras versuchte Zusammenhänge zwischen Erhitzung und Haltbarkeit aufzuzeigen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden ein Versuch unter standardisierten Bedingungen am ABZ Spiez und Erhebungen in einem Praxisbetrieb durchgeführt.

Grundlagen

Die Erhitzung der Brühwürste hat zwei Hauptziele:
- Schnittfestigkeit durch stabile Gerinnung (Koagulation) des Eiweisses
- Haltbarkeit durch Abtötung der meisten Mikroorganismen (Keime) Gemäss Hygienekonzept ist die Kerntemperatur (KT) bei Brühwürsten ein wichtiger Kontrollpunkt um die genügende Erhitzung zu dokumentieren. Kerntemperatur: Temperatur an der Stelle, welche am weitesten von der Oberfläche entfernt ist.

Eine Faustregel zur Erhitzung von Brühwurst lautet: Erhitzungszeit bei 76°C pro mm Kaliber: 1.5 Minuten, d. h. eine Wurst mit Darmkaliber 50 mm braucht 75 Minuten Brühzeit. Diese Faustregel ist jedoch sehr ungenau. Sicherer ist die Messung der Kerntemperatur an der dicksten Stelle der Wurst, wobei die Einführung der Temperatursonde am besten durch die Abbindung erfolgt. Die Kerntemperatur muss mindestens 68°C, besser aber 70°C betragen. Die Haltbarkeit wird jedoch nicht nur durch die Erhitzung beeinflusst. Wichtig ist eine gute Qualität des Rohmaterials (keimarm) und die Einhaltung einer geschlossenen Kühlkette (< 5°C).

Versuch am ABZ Spiez

Es wurde ein Standard Lyonerbrät hergestellt und in Rindskranzdärme (Cervelat, Kaliber 36 mm) sowie in Kunstdärme 50 mm und 90 mm abgefüllt. Die Erhitzung erfolgte einerseits im Kochkessel und andererseits in der Rauchanlage (Wasserdampf). Die Kerntemperaturen wurden mit geeichten Messsonden (Temperaturlogger) gemessen und aufgezeichnet. Nach Erreichen der gewünschten Kerntemperaturen von 60°, 65, 70°C wurden die Würste zuerst im Kaltwasserbad auf unter 20°C und anschliessend im Kühlraum (2°C) weiter gekühlt. Anschliessend wurden die „Cervelas“ paarweise vakuumiert und wie die Würste mit grösserem Kaliber ohne weitere Verpackung während 24 Tagen bei 5°C gelagert.

Tabelle 1:
Brühzeiten im Kochkessel und in der Rauchanlage bei Würsten mit verschiedenem Kaliber bis zum Erreichen von Kerntemperaturen von 60. 65 und 70°C

Kaliber mm Kerntemperatur °C Brühzeit
Kochkessel min
Brühzeit
Rauchanlage min
36 60 14 29
36 65 17 35
36 70 26 50
50 60 32 48
50 65 40 60
50 70 57 77
90 60 102 109
90 65 123 132
90 70 154 168


Die Heizzeiten bis zum Erreichen der Kerntemperatur dauerten in der Rauchanlage länger als im Kochkessel. Die Einwirkungszeiten bei Temperaturen >55°C waren entsprechend länger und als Folge davon die Keimverminderung grösser und die Haltbarkeit besser. Als Beispiel zeigt Abbildung 1 die Keimentwicklung während der Lagerung bei 5 °C einer Brühwurst mit Kaliber 36 mm nach einer Erhitzung auf die Kerntemperatur 60° bzw. 70 °C.

Während weniger als 1000 Keime/g (Keimbildende Einheiten, KbE/g) den Brühprozess bei KT 70°C überlebten, waren es bei einer KT 60 °C rund 25‘000 KbE/g. Nach 12 Tagen wies diese Wurst bereits über 100‘000 und nach 24 Tagen über 10 Mio. KbE/g auf, während die Keimvermehrung in der korrekt mit KT 70 °C erhitzten Wurst deutlich verlangsamt war.

Abb. 1:
Keimvermehrung in verschieden erhitzter (Kerntemperatur 60, bzw. 70°C) Brühwurst (Kaliber 36 mm) bei 5°C Lagerung. Blau: 60 Grad, rot: 70 Grad.



Erhebungen im Praxisbetrieb

In einer gewerblichen Metzgerei wurden an einem arbeitsintensiven Tag Erhebungen während der Brühwurstherstellung durchgeführt. Erhitzt wurde in einem 200 Liter Kochkessel auf eine Kerntemperatur von 68°C. Die Erhitzung und Abkühlung der ersten vier Chargen von je 20 kg Grillbratwürsten wurden mit Messsonden verfolgt und die Temperaturen aufgezeichnet. Bei der ersten Charge mit voll aufgeheiztem Kochkessel wurde die angestrebte Kerntemperatur nach 18 Minuten erreicht, die folgenden drei Chargen benötigten zwischen 30 und 33 Minuten.

Würden die Brühbedingungen nur über die Zeit definiert und nach der 1. Charge festgelegt, so hätten die Würste der folgenden Chargen 2-4 nur eine Kerntemperatur von ca. 64 °C erreicht, wie aus dem typischen Erhitzungsdiagramm (Abb. 2) ersichtlich ist. Messungen mit einer zusätzlichen Sonde zeigten, dass die Wassertemperatur im Kochkessel zwischen 64 und 76°C schwankte. Eine dauernde Umwälzung des Wassers oder zumindest ein zwischenzeitliches Rühren ist deshalb zu empfehlen. Eine gleichmässigere Erhitzung der Würste und eine kürzere Brühdauer könnte dadurch erzielt werden.

Abb. 2:
Verlauf der Kerntemperatur bei einer Bratwurst (Charge 3)



Folgerungen

Ein zuverlässiger Nachweis einer sicheren Erhitzung von Brühwürsten ist nur durch die Bestimmung der Kerntemperatur gewährleistet. In Abhängigkeit der Anlage (Typ, Volumen, Heizmedium, Heizleistung, Schaltintervall etc.) und von der Chargengrösse kann die Dauer bis zum Erreichen der vorgegebenen Kerntemperatur bei gleicher Kalibergrösse stark schwanken. Bei kleinerem Kaliber und entsprechend kurzen Brühzeiten fallen zu tiefe Kerntemperaturen stärker ins Gewicht und können die Haltbarkeit stark einschränken.

Text, Tabelle und Diagramme: Olivia Stoll, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen und Pius Eberhard, Agroscope ALP-Haras, Liebefeld
__________________________________________

Die Redaktion empfiehlt:

Archiv der Nachrichten

Archiv der Varia-Beiträge

foodaktuell.ch-Newsletter

foodaktuell Journal (Print)

Delikatessen-Führer delikatessenschweiz.ch






Copyright Codex flores, Huobstr. 15, CH-8808 Pfäffikon (SZ)