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15.11.2014 - Rubrik: Gastronomie
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Zu unrecht verpönte Fleischfette

Proviande will die teilweise diffuse Diskussion um Fett in der Ernährung versachlichen und insbesondere die Ehre der tierischen Fette wieder herstellen. Fakten und kulinarische Tipps.




Proviande hat kürzlich Journalisten an einen Kochkurs geladen zum Motto: «Die Bedeutung von Fleischfetten in der Ernährung». Kursleiter war der Berner Gourmetkoch Urs Hauri (Bild), hier mit einem Schweinsnierstück mit Fett und Schwarte, dessen Zubereitung er demonstrierte.

Qualitätsfleisch benötigt eine nennenswerte Fettabdeckung und Marmorierung für Saftigkeit und Aroma.


Früher wurden tierische Fette als überaus wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung geschätzt. Rindertalg und Schweineschmalz waren sehr wertvoll und wurden bei der Zubereitung vieler herrlicher Gerichte als wichtige Energiespender und Geschmacksverstärker verarbeitet. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verloren die Fette – insbesondere die tierischen Fette – aber plötzlich ihre Unschuld und wurden von der Wissenschaft und den Medien – teilweise auch der Politik – als grundsätzlich schlecht und böse verteufelt. Fett sei nicht nur ein extremer Dickmacher – was ja vielleicht noch halbwegs zu verantworten wäre –, sondern und im Besonderen ein böser Krankmacher.

Sehr schnell wurde dank schon damals umstrittener Studien ein Zusammenhang zwischen Fett und Herzkrankheiten konstruiert. Darauf wurden Ernährungsempfehlungen angepasst und der Fettanteil in der Ernährung reduziert. Probleme hat das nicht gelöst. Im Gegenteil: Wir Menschen werden im Durchschnitt immer dicker – weil wir das Fett zwar ersetzen und tendenziell trotzdem zu viel und immer kalorienreicher essen.

Zusammen mit Fachleuten aus der Ernährungs- und Fleischbranche und basierend auf einer sehr umfassenden wissenschaftlichen Arbeit von Alexandra Schmid von Agroscope wurde dieses Jahr eine breit angelegte Informationskampagne durchgeführt. Die Fachleute waren Martin Scheeder, Dozent für Fleischqualität und -technologie an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften sowie Leiter Forschung und Entwicklung für Schlachtkörper- und Fleischqualität bei der Suisag. Ferner Peter Christen, bis vor kurzem Leiter des Geschäftsbereichs Klassifizierung und Märkte bei Proviande


Schweinsnierstück mit Fett und Schwarte: zuerst angebraten, dann auf 63 Grad Kerntemperatur gegart und zuletzt im Ofen knusprig grilliert.


Fett macht weder dick noch schlank. Übergewicht ist das Resultat einer unausgewogenen Energiebilanz, davon dass man dem Körper zu viele Kalorien zuführt. Gewiss, tierische Fette sind wichtige Energielieferanten. Der Energiewert liegt mit 9 Kilokalorien pro Gramm doppelt so hoch wie bei Kohlenhydraten oder Proteinen. Fett sorgt aber für eine sättigende und appetithemmende Wirkung. Fleisch ist auch nicht grundsätzlich fettreich, wie immer wieder gesagt wird. Das gilt vor allem für das Frischfleisch.

Durch züchterische Massnahmen wurde der Fettanteil in den letzten Jahrzehnten stetig reduziert und beträgt zum Beispiel bei Schweinsgeschnetzeltem nur rund 5%. Und durch die Vorarbeit beim Metzger und wegen des Erhitzens bei der Zubereitung reduziert sich die ursprüngliche Fettmenge um sage und schreibe 50-78%. Von den 103 g Fett, die jeder Schweizer pro Tag im Durchschnitt konsumiert, stammen nur gerade 16,7g von Fleisch und Fleischerzeugnissen, wogegen die Milchprodukte über 28g und die Öle und übrigen Fette sogar knapp 44 g beisteuern.

Ein zu hoher Gesamtfettgehalt in der Ernährung und eine unausgewogene Fettzusammensetzung werden immer wieder mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht. Dieser Zusammenhang hält einer genaueren Prüfung aber nicht Stand. Fleisch und Fleischfette haben auf das Risiko bestimmter Krankheiten wie Herz-/Kreislaufprobleme oder Krebs erwiesenermassen keinen negativen Einfluss. Im Gegenteil: Wenn weniger Fett aber dafür mehr Kohlenhydrate konsumiert werden, verschlechtern sich die Blutfettwerte im Körper.

Zudem sind Fleisch und tierische Fette eine wertvolle Quelle an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Mineralstoffen und Vitaminen und haben deshalb durchaus ihren berechtigten Platz in einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Und nicht zu vergessen: Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger. Beim Erhitzen werden aus dem Fett im und am Fleisch viele köstliche Aromastoffe freigesetzt. (Text: Proviande, Bilder: Arthur Rossetti)


Die massvolle Verwendung tierischer Fette beim Braten ist etwas, das die Gourmetküche längst einsetzt und womit man Gerichten mehr Aroma und Schmelz verleihen kann.



Tierische Fette wissenschaftlich betrachtet

Der Ruf von Fleisch und Fleischerzeugnissen, fettreich zu sein, trifft nur zum Teil zu – es stehen sowohl fettreiche wie auch fettarme Varianten zur Verfügung. Laut der Schweizer Nährwertdatenbank des BLV reicht der Gesamtfettgehalt von Schweizer Fleisch und Fleischerzeugnissen von 1.1 g (Kalb, geschnetzeltes, roh) bis zu 50 g (Pantli) pro 100 g verzehrbarem Produkt. Bei Frischfleisch liegt der Fettgehalt generell unter 20% des Gesamtgewichts, bei Fleischprodukten kann er bis zu 50% des Gewichts ausmachen.

Die Zusammensetzung des Fleischfetts hängt hauptsächlich von der Tierart und der Aufzucht bzw. dem Futter eines Tiers ab. Die Anteile der verschiedenen Fettsäurengruppen liegen bei Schweizer Fleisch und Fleischerzeugnissen zwischen 30% und 51% für die gesättigten Fettsäuren, zwischen 38% und 51% für die einfach ungesättigten Fettsäuren und zwischen 6% und 30% für die mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Pflanzliche Öle weisen im Vergleich zu tierischen Fetten meist einen grösseren Anteil an ungesättigten Fettsäuren auf, es gibt jedoch Ausnahmen wie zum Beispiel Kokos- oder Palmfett. Laut dem 6. Schweizerischen Ernährungsbericht lag 2007/08 der durchschnittliche angenäherte Verzehr von Fett in der Schweiz bei 103.8 g pro Person und Tag. Davon stammten 16.7 g (16.1%) von Fleisch und Fleischerzeugnissen, womit diese als Fettlieferanten nach Ölen/Fetten und Milch/Milchprodukten an dritter Stelle rangieren.

Erhitzen stiftet Aromen

Ungekochtes Fleisch weist nur ein schwaches oder gar kein Aroma auf, der Geschmack von Fleisch entwickelt sich erst bei dessen Erhitzung. In erhitztem Fleisch wurden unter anderem mehrere Hundert flüchtige Stoffe nachgewiesen, die vom Fettabbau stammen. Eine wichtige Rolle spielen die vom Fett stammenden gesättigten und ungesättigten Aldehyde mit 6-10 Kohlenstoffatomen, welche zu den Hauptaromakomponenten aller erhitzten Fleischstücke gehören.

Das Aroma dieser Aldehyde wird als „grün“, „fettig“ und „talgig“ beschrieben. Fett (die Triglyzeride) entfaltet über die Textur (z.B. Cremigkeit, Glätte, Dicke) sowie durch die Anwesenheit erwünschter fettlöslicher Geschmacksstoffe eine positive sensorische Wirkung in fetthaltigen Lebensmitteln.

In den letzten Jahren hat man herausgefunden, dass neben den Geschmacksqualitäten süss, sauer, salzig, bitter und umami auch freie Fettsäuren im Mund geschmeckt werden können.

Der Geruch und Geschmack von freien Fettsäuren stellt eventuell ein Warnsignal für oxidiertes Fett dar, das dem Menschen einen Überlebensvorteil verschafft. Die Aufnahme von Fett zügelt über verschiedene Effekte im Magen- Darm-Trakt den Appetit sowie die Energiezufuhr.

Wie (un)gesund sind tierische Fette?

In den USA hatte die „Lipid-Theorie“ ihren Ursprung. Laut ihr steigt durch falsche Ernährung (zu viel tierisches Fett und Nahrungscholesterin, zu wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren) der Cholesterinspiegel im Blut an. Als Folge kommt es zu einer Verengung der Arterien (Arteriosklerose), wodurch das Risiko für Herzerkrankungen erhöht wird und die Gefahr, an einem Herzinfarkt zu sterben, steigt. Die Lipid- Theorie basierte nie auf einer klaren wissenschaftlichen Datenlage, führte aber trotzdem zu fettrestriktiven Ernährungsempfehlungen in vielen Ländern, die über Jahrzehnte hinweg galten und teilweise immer noch verfochten werden.

In den letzten Jahren hat zum Teil eine Abkehr von der Empfehlung zu einer fettreduzierten Ernährung stattgefunden, weiterhin gilt jedoch ein Austausch der gesättigten Fettsäuren mit ungesättigten bzw. eine Reduktion tierischer Fette und Bevorzugung pflanzlicher Öle als gesundheitsfördernd. Dass tierisches Fett bzw. die darin enthaltenen Fettsäurengruppen negative gesundheitliche Wirkungen in Bezug auf Herzerkrankungen, Diabetes Typ 2 und Krebs entfalten, ist nicht wissenschaftlich belegt.

In Bezug auf Herzerkrankungen hat sich gezeigt, dass eine Gesamtfettreduktion nicht zu der erhofften Verbesserung der Blutfettwerte führt, da der reduzierte Fettgehalt meist mit einer erhöhten Menge an Kohlenhydraten kompensiert wird. Gesamtcholesterin und auch das „böse“ LDL-Cholesterin werden dadurch zwar meist gesenkt, in gleichem Mass reduziert sich jedoch auch das „gute“ HDL-Cholesterin und die Triglyceride erhöhen sich.

Verschiedene Meta-Analysen von epidemiologischen Studien haben ergeben, dass der Konsum gesättigter Fettsäuren das Risiko für Herzerkrankungen nicht erhöht. Berechnungen basierend auf den Resultaten der vorhandenen epidemiologischen Studien legen jedoch nahe, dass eine Substitution von gesättigten durch mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu einer signifikanten Abnahme des Herzerkrankungsrisikos führen könnte. Die meisten randomisierten, kontrollierten Studien konnten einen solchen Effekt einer Substitution gesättigter Fettsäuren nicht nachweisen.

Die vereinigte Auswertung der Studienergebnisse durch Meta- Analysen, ergab jedoch eine signifikante Risikoreduktion für das Auftreten von Herzerkrankungen beim Austausch von gesättigten durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Auf die Entstehung von Diabetes Typ 2 scheint der Gesamtfettgehalt der Nahrung keinen Einfluss zu haben - ausser als Energielieferant, der zur Entstehung des Risikofaktors Übergewicht beitragen kann. Beobachtungsstudien fanden keinen Zusammenhang zwischen gesättigten Fettsäuren und Diabetes, ein Teil von ihnen jedoch eine Risikoreduktion bei hohem PUFA-Konsum.

Es gibt auch Hinweise aus klinischen Studien, dass der Ersatz von gesättigten Fettsäuren durch ungesättigte (einfach oder mehrfach ungesättigte) im Hinblick auf das Diabetesrisiko von Vorteil wäre. Aufgrund der heterogenen Datenlage kann hierzu jedoch noch keine klare Aussage gemacht werden. In Bezug auf Krebs gibt es keine Hinweise darauf, dass der Verzehr von tierischem Fett mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko in Zusammenhang steht.

Unabhängig vom Fleischfett weisen jedoch Meta-Analysen verschiedener epidemiologischer Studien auf einen möglichen Zusammenhang eines hohen Konsums an Fleischerzeugnissen mit dem Auftreten von Herzerkrankungen, Diabetes Typ 2 und Krebs hin. Ein Zusammenhang zwischen diesen Krankheiten und dem Konsum von unverarbeitetem rotem Fleisch scheint hingegen auf Basis der vorhandenen Daten wenig wahrscheinlich, da meist keine signifikanten und wenn doch nur geringfügige Zusammenhänge gefunden wurden. (Text: Agroscope Science | Nr. 4 / 2014 Fleischfett –Ein Geschmacksträger mit Einfluss auf die menschliche Gesundheit? Autorin: Alexandra Schmid)

Weiterlesen: Tierische Fette sind rehabilitiert
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