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26.6.2015 - Rubrik: Gastronomie
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Senf zur Kalbsbratwurst?

Wurst mit Senf ist eine traditionelle Mariage - viele Wurstliebhaber schwören auf Senf und finden den Wurstgenuss ohne ihn unvollständig. In der Wursthochburg St.Gallen ist Senf verpönt, in München aber ein Muss.



Rapperswiler sind St.Galler aber kulinarisch eher Mittelländer als Ostschweizer. Die Rapperswiler Metzgerei Brönnimann merkt dies am Senfkonsum zur St.Galler Bratwurst. Bild: Ernst Brönnimann mit der St.Galler Kalbsbratwurst in seinem Laden.


Die St.Galler Bratwurst wird im äussersten Westen des Kantons St.Gallen, ennet dem Ricken, sehr geschätzt, aber nicht selten mit Senf gegessen. Dies bestätigt Ernst Brönnimann, Metzgermeister und Metzgereiinhaber in Jona: «Bei uns ist die St.Galler Bratwurst zwar nicht so wichtig wie in St.Gallen selber, aber sicher wichtiger als ausserhalb des Kantons. Viele unserer Kunden kommen aus den grenznahen Kantonen Zürich und Schwyz zu uns, nicht zuletzt wegen unserer IGP-zertifizierten St. Galler Bratwürste».

Bei den Rapperswilern ist Senf weniger verpönt als in der Stadt St.Gallen - «leider ist es so», meint Brönnimann. «Da unsere Bevölkerung sehr nach Zürich orientiert ist, wird immer gerne mal nach Senf gefragt. Wir probieren dem natürlich so gut wie möglich entgegen zu wirken». In Zürich kommen auch viele Kalbsbratwürste auf den Grill, ebenso im Rest der Deutschschweiz, wo man oft nicht weiss, dass St.Galler den starken Senfgeschmack zur dezenten, eleganten, weissen Bratwurst als störend empfinden.

Analog zum Röstigraben (der nicht wirklich existiert - auch Westschweizer lieben Rösti) muss man von einem Senfgraben sprechen, den es aber wirklich gibt. «Man kann ihn an den Kantonsgrenzen von St. Gallen entlang ziehen, wobei wir diesseits des Rickens zu einer Übergangszone gehören», so Brönnimann.

Warum Bratwurst mit Bürli ohne Senf?

Oscar Peter, Patron der St.Galler Metzgerei Schmid, erklärt im Buch Culinarium (Werdverlag) warum: «Die zarte Harmonie einer frischen Kalbsbratwurst wird von jedem Senf erschlagen». In der Tat: eine der wichtigsten Mariage-Regeln heisst: «Du sollst nicht edle dezente Komponenten mit weniger edlen intensiven kombinieren». Allerdings: man darf eine edle Wurst durchaus mit edlem Senf zusammen geniessen (in St.Gallen jedoch besser nicht in der Öffentlichkeit). Und sowohl die verdauungsfördernde Wirkung wie auch die Schärfe machen Senf zum idealen Begleiter von fett- und proteinreichen Produkten wie Wurstwaren.


St.Galler Kalbsbratwurst mit Bürli aber bitte ohne Senf – die klassische Ostschweizer Mariage


Wurst mit Senf ist eine traditionelle Mariage - viele Wurstliebhaber schwören auf Senf und finden den Wurstgenuss ohne ihn unvollständig. Für St.Galler gehört zur Bratwurst ein Bürli – auch diese dezente Brotsorte stielt ihr nicht die Show. Westschweizer dürfen gemäss den Mariage-Regeln auch die ebenfalls dezente Baguette essen, aber eine Cuchaule (Freiburger Safranbrot) ergäbe Wettstreit im Gaumen.

Was Sie schon immer über Senf wissen wollten
und nicht zu fragen wagten

Schon im 4.Jh vor Chr. würzten Griechen und Ägypter ihre Speisen mit Senf. England, Frankreich und Deutschland haben eine grosse Tradition in der Senfherstellung. Im Mittelalter war die gelbe Würzpaste in Europa die einzige Möglichkeit für einfache Leute, um das meist fade Essen aufzubessern. Erst gegen Ende des 15. Jh gelangten exotische Gewürze ins Abendland.



Cervelats und Wienerli sind leicht währschafter im Geschmack, auch wegen der Rauchnote. Man «darf» sie daher mit Senf essen.


Senf ist kulinarisch vielseitig einsetzbar als Würzpaste oder Zutat in Saucen. Senf sorgt nicht nur für Geschmack sondern auch für Farbe und ist kalorienarm: eine Portion von 12g liefert nur 14 kcal und enthält nur 0.9g Fett. Senf besitzt gleichzeitig Nährwert und gesundheitsfördernde Eigenschaften.

Er hilft nicht nur verdauen sondern hemmt auch die Vermehrung pathogener Keime, ferner kann er schmerzstillend, entzündungshemmend und durchblutungsfördernd wirken. Wer mit Senf würzt, braucht weniger Salz. Senf hat emulgierende Wirkung und bindet daher Saucen und Marinaden. Dank der antimikrobiellen Wirkung macht er sie ausserdem besser haltbar.


Die Bayern schwören auf süssen Senf (und Brezel) zur ebenfalls ungeräucherten weissen Weisswurst mit dezentem Geschmack wie die Kalbsbratwurst. Beide enthalten einen kleinen Anteil Schweinefleisch. Die Rezepte sind ähnlich, aber die Bayern wärmen die Weisswurst nur und zuzeln sie aus dem Darm heraus. Die Frage ob Senf ja oder nein und welcher Senf ist somit auch eine kulturelle Frage.


Sowohl die verdauungsfördernde Wirkung wie auch die Schärfe machen Senf zum idealen Begleiter von fetthaltigen und proteinreichen Produkten wie Wurstwaren. Wurst mit Senf ist eine traditionelle Mariage - viele Wurstliebhaber schwören auf Senf und finden den Wurstgenuss ohne ihn unvollständig.

Natürliches Konservierungsmittel

Der Scharfstoff im Senf ist das Senföl. Im Unterschied zur nachhangenden Chili-Schärfe (ohne Geruch) ist die Schärfe bei schwarzem Senf (Allyl-Senföl) ein kribbelnder, flüchtiger Reiz, der in die Nase sticht. Das Hydroxybenzyl-Senföl im weissen Senf ist dagegen nicht flüchtig und wirkt nur im Gaumen. Isothiocyanate sind chemisch sehr aggressiv und dienen der Pflanze als chemische Kampfstoffe gegen Fressfeinde. Als Senföl wird auch die Fettfraktion bezeichnet (25 bis 35% des Senfsamens). Sie besitzt eine gelbe Farbe und besonders viel Vitamin E (Tocopherol), welches als Antioxidans wirkt und das Ranzigwerden verzögert.

Senföl ist wie gesagt antimikrobiell und somit ein natürliches Konservierungsmittel, deshalb benötigt der Senf keine Konservierungsstoffe oder hohen Salzgehalt. Am besten hält er sich gut verschlossen und gekühlt bis zwei Jahre. Auch bei Zimmertemperatur hält er sich mehrere Monate (dies sogar in geöffneten und wieder verschlossenen Packungen). Bild: Senfkörner.


Allerdings verändert er sich durch Licht, Luft und Wärme. Die Farbe wird im Laufe der Zeit dunkler und die Schärfe nimmt ab – er wird milder. Auch Veränderungen der Würzeigenschaften z. B. durch Wärme oder Hitze müssen beim Kochen berücksichtigt werden.

Die Senf-Herstellung ist kein Geheimnis, und im Internet zirkulieren viele Rezepte. Grundsätzlich werden geschälte oder ungeschälte Samen gemahlen oder zerstossen. Das Mischungsverhältnis der Senfsorten bestimmt Schärfe und Geschmack. Beides entfaltet sich erst mindestens zehn Minuten nach dem Hinzufügen Wasser, Essig oder Wein. Dann wird die so entstandene Paste oder der körnige, sämige Brei mit Salz, Zucker, Kräutern oder anderen Zutaten abgerundet. Jeder Senfhersteller hat seine eigenen Rezepte und hält sie geheim.



Der schwarze Senf aus Lustenau gilt als Delikatesse.


Schwarzer Senf wird in Europa heute kaum noch angepflanzt - der braune Senf dominiert den europäischen Markt. Das liegt daran, dass brauner Senf anders als schwarzer leicht maschinell geerntet werden und daher viel billiger produziert werden kann. Der weisse Senf (Brassica alba) gehört zur Familie der Kreuzblütler und ist eine einjährige Kulturpflanze, die in der Schweiz auch verwildert vorkommt.

In der Schweiz ist Thomy nach eigenen Angaben mit einem Anteil von leicht über 60% Marktführer. Der klassische milde (blaue) Senf wurde in der Tube bereits vor 80 Jahren lanciert, und 1936 folgte ein scharfer Senf mit Meerrettich. Dazu kamen der mittelscharfe und der extra scharfe Dijon-Senf sowie ein grobkörniger „à l’Ancienne“, ein scharfer und ein milder mit Kräutern. Während sich in der Deutschschweiz mittelscharfer Senf und die Meerrettich-Variante am besten verkaufen, bevorzugt man in der Romandie eher milde, scharfe und extra-scharfe Sorten wie den Dijon-Senf oder «A l’ancienne». (GB)

Einige Schweizer Senf-Hersteller:
Nestlé Suisse S.A. Fabrik Basel www.thomy.ch
Reitzel (Suisse) SA www.hugoreitzel.com
Moulin et Huilerie de Sévery www.huilerie-de-severy.ch
Sämf-Hüüsli www.senf-huesli.ch
W. Beyeler AG www.beyeler-ag.ch
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