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Beiträge im Archiv

14.3.2013 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Uni-Fleischkonsum-Studie: voreilige Schlüsse

«Jeden Tag eine halbe Wurst verkürzt das Leben», haben die Medien kürzlich verbreitet. Aber diese und weitere Schlussfolgerungen einer neuen Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich (siehe nachstehend) sind zu relativieren. Alexandra Schmid, Dipl. oec. troph. und wiss. Mitarbeiterin Ernährung von der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP kommentiert die voreiligen Schlüsse im Detail.



Die «tödlichen Würste» seien schuld, dass wir nicht ewig leben. Wozu auch ewig leben wenn man dabei auf alle Genüsse verzichten müsste? Bericht im «Blick am Abend» 7.3.2013


In der European Prospective Investgation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie werden in verschiedenen Europäischen Ländern die Ernährungsgewohnheiten von gesunden Männern und Frauen erhoben und mit dem Risiko an koronaren Herzkrankheiten, Krebs und anderen Krankheiten zu sterben in Verbindung gebracht.

In der vorliegenden Analyse der Daten aus dem Jahr 2009 wurden 448‘568 Männer und Frauen berücksichtigt, von denen bis zu diesem Zeitpunkt 26‘344 verstorben waren. Die durchschnittliche Beobachtungszeit lag bei 12.7 Jahren. Die Studienteilnehmer wurden aufgrund ihres Fleisch-/Fleischerzeugniskonsums in sechs Gruppen mit zunehmender durchschnittlicher Konsummenge eingeteilt und miteinander verglichen.

Die statistischen Berechnungen ergaben keinen statistisch gesicherten (signifikanten) Zusammenhang zwischen rotem Fleisch oder Geflügel mit dem Sterberisiko insgesamt, wenn die Studiengruppe mit dem höchsten Konsum (>160 g/d bei rotem Fleisch, >80 g/d bei Geflügel) mit der Referenzgruppe (10-19,9 g/d bei rotem Fleisch bzw. 5-9,9 g/d bei Geflügel) verglichen wurde. Auch pro Konsumzunahme von 100 g (rotes Fleisch) bzw. 50 g (Geflügel) wurde keine Risikoerhöhung nachgewiesen.

Beim verarbeiteten Fleisch zeigt sich in den obersten drei Gruppen (Konsum von 40-79,9 g/d, 80-159,9 g/d und >160 g/d) im Vergleich zur Konsumgruppe 10-19,9 g/d eine kontinuierliche Zunahme des Risikos früher zu sterben um 9%, 20% und 43%. Pro 50 g zusätzlichem täglichem Konsum an Fleischerzeugnissen wurde eine Risikoerhöhung um 18% berechnet. Dies hängt zusammen mit einer Erhöhung des Risikos, an Herz-Kreislauf-Krankheiten und anderen Krankheiten zu sterben.

Kommentare

• Solche Beobachtungsstudien sind immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, denn das Erfassen von exakten Angaben zur Ernährung ist schwierig. Wohl kaum jemand kann angeben, wie häufig er welche Mengen von welchem Lebensmittel über ein Jahr hinweg konsumiert. Ausserdem wurde die Ernährung nur einmal, bei Studienbeginn, abgefragt. Das heisst, Ernährungsveränderungen im Laufe der Jahre wurden nicht erfasst.

• Generell können diese Art von Studien (Beobachtungsstudien) nur auf mögliche Zusammenhänge hinweisen, sagen jedoch nichts über Ursache und Wirkung aus.

• Die Personen mit dem höchsten Konsum an Fleischerzeugnissen weisen im Vergleich zu den Personen mit dem geringsten Konsum einen höheren BMI, eine höhere Energieaufnahme, einen höheren Alkoholkonsum und einen tieferen Konsum an Früchten und Gemüse auf. Ausserdem rauchen sie häufiger und haben ein tieferes Bildungsniveau.

Auch wenn diese Faktoren in die statistischen Berechnungen eingeflossen sind, so weist doch alles auf unterschiedliche Lebensstile und Ernährungsgewohnheiten hin. Daraus den Effekt eines einzelnen Faktors auf das Sterberisiko zu berechnen, ist äusserst schwierig. Ausserdem muss davon ausgegangen werden, dass auch noch unbekannte Einflussfaktoren vorhanden sind, die nicht berücksichtigt wurden.

• Wegen all der oben angeführten Unsicherheiten, müssen die berechneten Effekte bedeutend sein, damit sie erwähnenswert sind. Eine Erhöhung des Sterberisikos um 18% pro 50 g/d zusätzlichem Konsum bzw. um 43% bei einem Konsum >160 g/d ist aus meiner Sicht nicht aussagekräftig, auch wenn sie statistisch abgesichert ist.

• Mehr Gewicht müsste man den Resultaten zugestehen, wenn es klare Hinweise auf Gründe für diese Wirkung gäbe. Da die statistischen Berechnungen hauptsächlich auf ein gesteigertes Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten hinweisen, ist das mögliche Vorhandensein von krebserregenden Stoffen keine glaubhafte Begründung der Resultate. Dass der Konsum von gesättigten Fettsäuren und Cholesterin ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten ist, konnte in neueren Studien nicht nachgewiesen werden.

Fazit: keine Kausalität

Bei der Studie handelt es sich um eine umfangreiche Beobachtungsstudie auf neustem wissenschaftlichem Stand. Bei rotem Fleisch wurde keine Erhöhung des Sterberisikos gefunden und der gefundene Effekt bei Fleischprodukten ist nicht beeindruckend, wenn man die generell mit Beobachtungsstudien einhergehenden Unsicherheiten berücksichtigt. Eine kausale Verbindung kann die Studie nicht belegen. Da aber schon einige Studien auf einen Zusammenhang zwischen verarbeiteten Fleischerzeugnissen und einem erhöhten Erkrankungsrisiko hinweisen (wenn auch meist ein erhöhtes Risiko für Krebs), sollte eine eventuelle Ursache/Wirkung abgeklärt werden.



Ein paralleler Zusammenhang ist noch kein ursächlicher. Dauerhaft unausgewogene Ernährung, Mangel an Bewegung und vor allem Übergewicht, massiver Konsum von Alkohol sowie Tabak sind effektiv schuld an einer verkürzten Lebenserwartung. Aber nicht einzelne Produkte, auch nicht Genussprodukte.


Dass sich die verglichenen Studiengruppen nicht nur im Konsum von Fleisch und Fleischerzeugnissen unterscheiden, macht es wahrscheinlich, dass es sich um einen Effekt des ganzen Lebensstils handelt. Es ist allgemein bekannt, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung (in der natürlich auch Fleischerzeugnisse ihren Platz haben) und ein aktiver Lebensstil die Gesundheit am besten unterstützen.

(Text: Alexandra Schmid. Bilder und Legenden: GB. Quelle der Studie: Rohrmann et al. BMC Medicine 2013, 11: 63. Meat consumption and mortality – results from the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)

Zur Kritik an Salz und Rauch

Im Tagibericht war ausserdem zu lesen: «Denn beim Haltbarmachen durch Salzen und Räuchern, aber auch durch Pökeln entstehen krebserregende Nitrosamine, welche die Krebsmortalität erhöhen können». Hier hatte der Autor nicht sorgfältig recherchiert: Salz stand nie in der Kritik bezüglich Krebs sondern bezüglich Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Und beim Räuchern können zwar – Im Fall von fehlerhafter Prozessführung – Schadstoffe entstehen aber ganz andere.

Dazu Schmid: «Nitrosamine können nur entstehen, wenn Nitrit vorhanden ist, also beim Einsatz von Pökelsalz. Nur Salzen und/oder Räuchern ohne Nitriteinsatz führt nicht zu Nitrosaminen.

Beim Räuchern können sich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus dem Verbrennungsprozess des Holzes ablagern (PAK, zum Beispiel Benzpyren), wobei die modernen Räucheranlagen so konzipiert sind, dass die Konzentration sehr tief liegt. Es gibt in der Schweiz einen gesetzlichen Toleranzwert (1 μg/kg). Eine Untersuchung des Kantonalen Labors Basel im Jahre 2005 hat gezeigt, dass diese Grenzwerte in der CH auch eingehalten werden (siehe http://www.gesundheitsschutz-bs.ch/files/berichte/GeraeucherteLebensmPAK.pdf ).

Auch beim Grillieren können solche PAK entstehen und sich ablagern. Diese oder Nitrosamine sind zwar krebserregende Substanzen, sie werden aber wie erwähnt nur bei unsachgemässer Herstellung der Produkte oder unkorrekter Erhitzung im Haushalt gebildet, also nicht in jedem Fall.

Schon im 2006 erschien ein Bericht der Agroscope, in welchem Schmid die fraglichen Folgen von Pökelstoffen kommentierte. Hier das Fazit: «Gepökelte Fleischerzeugnisse machen nur einen geringen Anteil der Nitritzufuhr aus. Hätten diese Mengen Auswirkungen auf das Magenkrebsrisiko, dann müsste auch ein hoher Gemüseverzehr das Risiko erhöhen, da 5% des aufgenommenen Nitrats zu Nitrit reduziert wird und in den Magen gelangt (gar nicht zu sprechen von den Mengen des vom Körper selber produzierten Nitrats).

Dies macht einiges mehr aus als die Mengen in Fleischerzeugnissen. Gemüse und Früchte werden jedoch übereinstimmend als krebshemmend beurteilt. Es ist deshalb Zeit, den sich bei Nitrat abzeichnenden Anschauungswandel auch auf Nitrit auszudehnen und den Leuten den Genuss gepökelter Fleischerzeugnisse nicht länger ausreden zu wollen». Siehe dazu: Ist Pökelsalz (un)gesund?



Entwarnung zur Tagi-Kritik am Räuchern: der Autor des Tagiberichtes kritisiert zu unrecht.



PRESSESCHAU

Für Sie gelesen im Tagenanzeiger vom 8.3.2013: Jeden Tag eine halbe Wurst verkürzt das Leben. Zu viel verarbeitetes Fleisch ist ungesund. Ab 40 Gramm pro Tag steigt das Risiko, verfrüht zu sterben. Die Wirkung des Fleischkonsums auf die menschliche Gesundheit ist umstritten. Nun hat eine umfassende europäische Studie gezeigt, dass sich durch den täglichen Verzehr von 40 Gramm und mehr verarbeitetem Fleisch das Risiko, früher als der Durchschnitt zu sterben, um mindestens 9 Prozent erhöht. Verglichen wurde das Risiko mit einem Konsum von bis zu 20 Gramm pro Tag. Zum Vergleich: Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit, verfrüht zu sterben, um 100 bis 200 Prozent.

Der Zürcher Ernährungswissenschaftler David Fäh sagt: «Die Studie gibt einen weiteren Hinweis, dass der Konsum von zu viel Fleisch schaden kann.» In den letzten Jahren, so Fäh, hätten sich die epidemiologischen Hinweise dafür gehäuft. «In anderen Studien zeigte sich sogar ein ähnlich erhöhtes Risiko für rotes Fleisch wie für verarbeitetes Fleisch.» Dass verarbeitetes Fleisch mit Gesundheitsrisiken wie Magenkrebs in Verbindung gebracht wird, ist schon länger bekannt. Denn beim Haltbarmachen durch Salzen und Räuchern, aber auch durch Pökeln entstehen krebserregende Nitrosamine, welche die Krebsmortalität erhöhen können.

Ein weiterer Grund für das erhöhte Sterberisiko könnten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, die immer wieder mit einem hohen Fleischkonsum in Zusammenhang gebracht wurden. Denn verarbeitete Fleischprodukte sind reich an Cholesterin und gesättigten Fetten, bekannten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- Erkrankungen.

Weiterlesen: Gesundheitliche Neubeurteilung der Pökelstoffe. Beitrag vom 18.7.2008
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