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27.4.2014 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Würste mit Gemüse für Flexitarier



Flexitarier d.h. Teilzeit-Vegetarier sind umweltbewusst und essen weniger Fleisch, ernähren sich aber nicht rein vegetarisch. Würste mit Gemüse als Zutat in nennenwerter Menge kommen diesem Trend entgegen. «foodaktuell» präsentiert drei traditionelle Sorten, welche dieses Konzept verkörpern: Auch wenn sie in alten Zeiten eher aus Not denn aus Umweltgedanken entwickelt wurden: Kartoffelwurst, Randenwurst und Kabiswurst.



Mit Würsten, die Gemüse enthalten wie der Bündner Kartoffelwurst (Bild), der Walliser Randenwurst oder der Waadtländer Kabiswurst kann man umweltbewusste Flexitarier ansprechen.


Die Kartoffelwurst aus dem Bündner Oberland gehört zum kulinarischen Erbe der Schweiz. Sie entsprang der Not des Zweiten Weltkriegs: Die Metzger hatten damals kaum Fleisch und die Leute kaum Geld. Nur an Kartoffeln mangelte es nicht. Was lag da näher, als die Wurst damit zu strecken? Metzgermeister Diego Curschellas aus Sedrun erinnert sich an die Schlachtungen: "Mit dem minderen Wurstfleisch stellte man Kartoffelwürste her, das gute Muskelfleisch wanderte dagegen in die Andutgel." Entsprechend wurde die "Andutgel" – die wie die heutige Kartoffelwurst eine Rohwurst ist – meistens nur am Sonntag aufgetischt, was ihr den Übernamen "Sonntagswurst" einbrachte.

Das Rezept hat sich im Laufe der Jahre verändert. Geblieben sind die Kartoffeln. "Früher lagerte man Kartoffeln in Kellern. Dann hiess es, man braucht pro Schwein einen Keller Kartoffeln", erzählt Diego Curschellas. Selbst bei einem grossen Schwein in Kombination mit einem kleinen Keller machten die Kartoffeln damals rund 50 Prozent der Wurstmasse aus.

Damit die hellen Kartoffeln nicht allzu sehr herausstachen, wurden sie mit viel Blut dunkel gefärbt. Das ist heute nicht mehr nötig: In den Kartoffelwürsten der Metzgerei Curschellas stecken nur noch rund 10 Prozent Kartoffeln. Der Rest ist Schweine-, Rind- oder Lammfleisch und Speck. Eine Haus-Kartoffelwurst wird zudem – wie früher üblich – auch noch mit Leber angereichert. Diese Hauswurst ist ganz dunkel, weshalb sie auf romanisch auch so heisst: "Liongia naira" – schwarze Wurst. Welche Gewürze in die Wurstmasse kommen, ist Diego Curschellas und seinem Sohn Thomas – Metzger in der vierten Generation – nicht zu entlocken. Nur so viel wird verraten: "Meersalz, Pfeffer und Knoblauch sind immer dabei."

Die Herstellung unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Würsten. Die Kartoffeln (festkochende Sorten) werden zwei Tage vorher gekocht. Dann wandern sie zusammen mit dem zerkleinerten Wurstfleisch in die Knetmaschine. Dort werden sie so innig vermischt, dass die Kartoffelteile von blossem Auge nicht mehr erkennbar sind. Anschliessend kommt die Masse in die Wurstspritze, welche jeweils 125 Gramm davon in einen Naturdarm presst. Die Wurst wird danach mit einem Clip verschlossen und zum Trocknen auf ein Gestell gehängt.

Von der Winter- zur Ganzjahreswurst

Ein Teil des Kartoffelwurstverkaufs erfolgt heute über die Vermarktungsplattform Alpinavera, doch der grössere Teil wird direkt verkauft und an die Gastronomie geliefert. Die Nachfrage im Touristenort Sedrun ist saison- und wetterabhängig. Im Winter werden pro Woche mitunter bis zu 6'000 Würste produziert, in der Nebensaison nur 2'500. Im Schnitt wandern jeweils rund 4'000 Würste bzw. 2'000 Wurstpaare pro Woche in die Trockenkammer.

Das war nicht immer so, wie Thomas Curschellas weiss: "Früher hat man Kartoffelwürste nur im Winter hergestellt, weil man sie im Sommer nicht gut trocknen konnte." Bis sein Vater vor dreissig Jahren als einer der Ersten eine klimagesteuerte Trockenkammer angeschafft hat. Seither werden die Würste ganzjährig hergestellt.

Weil die Herstellung der Kartoffelwurst nicht genormt ist, gibt ihr jeder der vier Metzger in der Surselva eine individuelle Note. Manchmal ziert ein Edel-Schimmel die Haut – Curschellas akzeptiert nur einen Hauch davon. Und er passt mitunter sogar die Gewürzmischung dem Wunsch eines Kunden an – zum Beispiel, wenn er Kartoffelwürste für die heimische Gastronomie herstellt. Oder wenn ein Bauer sein Rind ins Schlachthaus bringt und einen Sack Kartoffeln dabei hat. Dann ist der Fall klar: Er will hofeigene Kartoffelwürste und diese sind vielfach "Bio". Den Wunsch erfüllt ihm der Metzger im Lohnauftrag; die Metzgerei Curschellas besitzt eine Lizenz als Bio-Fleischverarbeiter.

Einen Nachteil hat die Kartoffelwurst allerdings, den Gewichtsverlust: Von hundert Gramm Wurst sind nach dem Trocknen nur noch 50 Gramm übrig. Aber bekanntlich ist weniger ja oft mehr: Der Geschmack nimmt mit dem Trocknen zu. "Nach drei Wochen hat sie das ideale Aroma", schwärmt Thomas Curschellas. Dann kann man die Wurst noch rund zwei Monate ohne Qualitätseinbusse lagern. Solange sie vakuumverpackt ist, wird sie nicht einmal härter dabei. Der Clou für Flexitarier: Der Kartoffelanteil ist gut für das Gewissen, denn er verkleinert den ökologischen Fussabdruck. Aber dem Geschmack merkt man das nicht an: Dieser ist typisch für eine Wurst.

Eine Wurst, die ausschlägt

Die Kartoffelwurst gehört zum kulinarischen Erbe der Schweiz. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein galt sie als eine Art Barometer für den Wohlstand einer Familie: Denn je grösser der Muskelfleischanteil in der Wurst war, umso wohlhabender waren die Leute. Früher soll es auch vorgekommen sein, dass Kartoffelwürste praktisch kein Muskelfleisch enthielten. Dann fanden sich neben Kartoffeln und Gewürzen lediglich Fett, Leber und Blut. Die Kartoffelwurst wird roh mit Brot gegessen oder als Fleischbeilage, etwa zu Polenta oder Maluns. Die Kartoffelwurst ist für die Metzgereien in der Region Surselva eines der wichtigsten Produkte. (Text: LID). Weitere Infos: www.kulinarischeserbe.ch

Walliser Randenwurst

Die Randenwurst ist wohl die originellste Trockenwurst im Wallis, auch wegen ihrer vielen Anekdoten. Sie wird im ganzen Kanton geschätzt, aber ihre Herkunft ist das Oberwallis, vor allem das Saasertal. Die dortigen Bauern waren einst arm und galten auch als besonders geizig. Der Ersatz des manchmal knappen Fleisches durch kostengünstigeres Gemüse gab in den benachbarten Regionen Anlass zu Spott und Witzen über die Wurst mit dem grossen Randenanteil: «Wenn man eine Saaserwurst in den Boden setzt, spriesst sie!», hiess es da, oder auch «Wenn ein Saaser Metzger ein Stück Fleisch in den Blitz gibt, kommt die Maschine gerade ins Stocken».


Um solche Witze zu verstehen, muss man sich vor Augen halten, dass früher ein Unterschied gemacht wurde zwischen «fetten» und «mageren» Würsten. Die ersteren wurden grösstenteils aus Fleisch und Speck hergestellt und waren als Trockenwürste schmackhafter als die Magerwürste für arme Leute, die im Wesentlichen aus den Nebenprodukten der Hausschlachtung bestanden, ergänzt mit saisonalen Gemüsesorten wie Kohl, Lauch, Randen und Zwiebeln. Der auf Magerwürste zurückzuführende Brauch, auch Gemüse zu verarbeiten, wurde dann für Fettwürste und Trockenwürste übernommen, und dadurch diente das Beimischen von Gemüse nicht mehr dem «Strecken» des Fleischs: Heute wird das Gemüse als geschmackliche Besonderheit geschätzt.

Das Brät besteht meistens aus ca. 50% Rindfleisch (Magerfleisch oder Wurstfleisch), 20% Schweinefleisch sowie 15% Brust- oder Rückenspeck. Die restlichen 15% sind ein Gemüsemix, zu dem in unterschiedlichen Mengen vorgekochte Randen gehören. Manche Metzger arbeiten mit Bauern der Region zusammen, welche das saisonale Gemüse liefern, andere beziehen das Gemüse tiefgekühlt. Es gibt zahlreiche lokale Varianten. Der Metzger kann seiner Kreativität freien Lauf lassen, allerdings nicht ohne auf die Wünsche der örtlichen Konsumentenschaft zu hören. Die Randenwürste haben heute ihre grösste Kundschaft im Oberwallis, während sie ausserhalb des Kantons wenig Absatz finden.

Gemüse macht die Wurst milder

An Stelle von Randenknollen kann auch Randensaft oder -konzentrat verwendet werden. Man gibt meistens Kartoffeln, Lauch und Zwiebeln, manchmal auch Fenchel oder Kohl zum Brät. Dabei werden Randen und Kartoffel vorgekocht, anderes Gemüse wird eher roh verarbeitet. Die Anteile variieren je nach Metzgerei. Fleisch und Gemüse werden zuerst vorzerkleinert und dann mit den Gewürzen vermischt. Nebst unverzichtbarem Pfeffer und Salz mischen die Einen nach eigenem Geschmack Knoblauch, Majoran und Thymian bei, allenfalls auch Zimt, sowie Rotwein.

Die Reifung kann analog zum Trockenfleisch geschehen, muss aber nicht. Bei der professionellen Herstellung findet die Trocknung in kontrolliertem Klima statt, wenn möglich bei weniger als 15°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 80%. Dabei setzt die Randenwurst ebenso wie Trockenfleisch Edelschimmel an, aber er wird entfernt vor dem Verkauf aus Gründen des besseren Aussehens.

Trockenwürste sind im Wallis geläufig. Randenwürste werden nicht nur getrocknet sondern auch frisch verkauft und zum Kochen verwendet. Man findet sie zum Beispiel im «Gsottus», einem typischen Eintopf vom Oberwallis mit hauptsächlich Kohl und mehreren Fleischarten (Rind, Schwein, Lamm, Ziege). Typisch für Randenwürste ist der milde Geschmack, den ihnen das Gemüse verleiht. Aber bei geringem Anteil ist der Randengeschmack in der Wurst nicht mehr erkennbar. (Text: Kulinarisches Erbe der Schweiz)

Waadtländer Kabiswurst: Saucisse aux choux

Die Saucisse aux ist ein traditioneller Saucisson aus dem Kanton Waadt, der neben Schweinefleisch auch gekochten Kohl enthält. Seit dem Jahr 2000 trägt sie die vom Bundesamt für Landwirtschaft verliehene Zertifizierung geschützte Herkunftsbezeichnung IGP.


Das Brät wird aus Schweinefleisch, gebrühter Schwarte und blanchiertem Weisskohl hergestellt und in Rinderkranzdärme gefüllt. Fakultativ kann der Metzger auch Schweineleber, gekochtes Maul, Herz, Zunge, Kopffleisch und Speck hinzufügen. Gewürzt wird mit Salz und Pfeffer sowie anderen Gewürzen; auch Pökelsalz wird zugegeben. Die Wurst wird kalt geräuchert. Umröten und Räuchern müssen zusammen mindestens 24 Stunden dauern. Die fertige Saucisse aux choux hat einen Durchmesser von 38 bis 44 mm und wiegt zwischen 300 und 400 Gramm. Die Saucisse aux choux wird in warmem Wasser während 70 bis 80 Minuten pochiert oder auf Gemüse gekocht. Eine traditionelle Beilage ist der Papet Vaudois.

Der Überlieferung nach soll die Saucisse aux choux im Jahr 879 erfunden worden sein, als Kaiser Karl der Dicke in Orbe Halt gemacht haben soll. Da die Bewohner nicht genügend Fleisch zur Bewirtung des Kaisers und seines Gefolges zur Verfügung gehabt hätten, hätten sie ihre Würste mit Kohl gestreckt. Eine andere Legende verlegt die Erfindung ins Jahr 1476 bei der Schlacht bei Grandson, ebenfalls als Folge von Fleischmangel. (Text: Kulinarisches Erbe der Schweiz)

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