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Beiträge im Archiv

9.8.2013 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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KOMMENTARE: Kann Kunstfleisch die Welt verbessern?

Wissenschaftler der Universität Maastricht haben aus Stammzellen von Kühen Fleisch in einer Nährlösung gezüchtet und daraus einen Hamburger hergestellt, den Experten degustieren durften. Der Burger besteht aus 20'000 Fleischstreifen, etwa 1,3 Zentimeter lang mit Durchmesser von 1 Millimeter. Das Fleisch aus dem Labor soll die Nahrungs- und Umweltprobleme der Welt lösen.




Kunstfleisch aus dem Labor: nicht chemisch synthetisiert sondern durch gesteuerte biologische Prozesse, quasi halbnatürlich gebildet.



Kommentar des deutschen Agrar-Infodienstes:

Vielleicht wird der 5. August 2013 bei unseren Enkeln in den Biologie-Büchern stehen. Der Tag als Beginn einer besseren Welt, an dem der erste geklonte Burger auf den Tisch kam - ganz ohne Rind. Oder doch vielleicht ein bisschen.

Die Geschichte beginnt mit der Entnahme von Myosatellitenzellen mittels Spritze aus dem Nacken eines Rindes. Das sind Stammzellen, die sich sehr einfach und schnell zu Muskelzellen entwickeln. Diese hat die Kuh nicht, damit Wissenschaftler Burger daraus machen können sondern, um Muskelverletzungen schnell zu heilen.

Diese Stammzellen wurden von einer Gruppe von Forschern um Professor Marc Post von der Universität Maastricht mittels Nährlösungen und elektrischer Stimulation vermehrt. So wurden aus ein paar Zellen so um die 20.000 Muskelstränge generiert. Das reichte - angereichert durch eine Prise Salz, Safran, Eipulver, Brot und Rote-Beete-Saft - für einen Burger. Serviert auf einer Pressekonferenz in London.

Fünf Jahre Forschung und neun Wochen Wachstum der Zellen sind dann selbst für das beste Fast Food-Restaurant ein wenig zu lang. Und der Preis ist ebenso gewöhnungsbedürftig. Die Süddeutsche Zeitung hat dazu geschrieben: "Ein Hamburger, ein Batzen Kunstfleisch, für eine Viertel Millionen Euro. Dagegen ist Kobe-Rind ein Schnäppchen."

Die Vorteile dieser Methode der Fleischgewinnung liegen auf der Hand und werden von Marc Post nimmermüde wiederholt. Tatsache ist, dass die Rinderzucht enorme Mengen Energie kostet, Umweltschäden verursacht und schlicht fragwürdig effizient ist. Zum Beispiel entstehen 14.000 CO2-Äquivalente pro Kilogramm Rindfleisch, was in etwa 1.500 km Autofahrt entspricht.

Als Vergleich: beim Schwein sind es 3.000, bei Gemüse 150 CO2-Äquivalente pro Kilogramm. Der Wasser- und Landverbrauch ist ebenso enorm in der Rinderzucht. Daher die Idee vom Rindfleisch aus dem Labor. Eine Studie aus Cambridge bescheinigt dem In vitro-Burger eine Senkung sowohl des Wasserbedarfs als auch der Emissionen von bis zu 96 Prozent.

Und dennoch bleibt der Beigeschmack fahl. Und das nicht nur im wörtlichen Sinne. Denn eine der drei Testesserinnen, die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler bezeichnete die Bulette zwar als fleischähnlich aber sie vermisste Salz und Pfeffer. Was der von Kritikern bezeichnete "Frankensteinburger" definitiv nicht hat, ist Fett. Es handelt sich nämlich ausschliesslich um Muskelgewebe.

Da Fett aber auch ein Geschmacksträger ist, bleibt noch viel Arbeit im Labor. Ohne Fett gibt es natürlich auch kein Stück Fleisch. Die Schwierigkeit eines zusammenhängenden Stückes liegt vor allem in der Versorgung mit Nährstoffen. Was in vivo die Blutbahnen besorgen, will in der Petrischale noch nicht recht gelingen. Aber auch daran arbeitet das Team in Maastricht.

Wird es also in 20 bis 30 Jahren so sein, dass Kühe nur noch für die Idylle in ländlichen Gebieten sorgen oder gar seltene Rinderrassen im Zoo neben dem Elefantengehege zu bestaunen sein werden? Wird es so sein, dass ganze Ställe Laboreinrichtungen weichen?

Vielleicht waren die zwei Millionen Euro Forschungsgelder, die die Niederlande seit 2004 in das Projekt Klonfleisch investiert hat ja sehr gut angelegt. Die zusätzliche 250.000 Euro Privatspende des Google-Gründers Sergey Brin machen daher schon wieder Sinn, da wir uns in einer Zwischenphase befinden zwischen virtuellem Fleisch und echtem.

Das Thema wird die gesamte Landwirtschafts- und Ernährungsbranche (inklusive Ethikdiskussion) noch sehr lange begleiten. Für Verbraucher wird es erst spannend, wenn etwas davon im Supermarkt steht oder gar beim Metzger. Ein bezeichnender Kommentar auf der Internetseite des CNN: "Weckt mich, wenn sie ein 100 Gramm Stück bauen können, das unter 15 Dollar kostet". (aid)


Wird die Intensiv-Tierproduktion langfristig ökologisch untragbar? Oder reicht es, wenn die Menschheit künftig den Fleischkonsum einschränkt oder optimiert in Richtung von Tieren, die bessere Futterverwerter sind sowie keine Nahrungskonkurrenten zum Menschen?



Kommentar des Gastrojournal:

Ob künstliche Fleischproduktion eine taugliche Lösung ist, muss bezweifelt werden. Industrialisierungen ähnlicher Art im Bereich Ernährung gibt es nur in wenigen Bereichen: Fett und Aromen sind die wohl bekanntesten, und nur Aromen haben sich wirklich durchgesetzt.

Dabei stellen sich wie bei Margarine oder Quorn nicht nur technische und finanzielle Fragen, sondern auch solche der Akzeptanz: «Wir fühlen uns nicht bedrängt», heisst es denn auch bei Proviande. Der wissenschaftliche Ansatz sei zwar interessant, aber Kunstfleisch geschmacklich und wirtschaftlich zweifelhaft und für die Schweiz mit rund 60 Prozent Grünland ohnehin ungeeignet.

Ähnlich sieht es Pierre-Alain Dufey, Fleischspezialist der nationalen Forschungsanstalt Agroscope in Posieux. Zwar habe Prof. Post viel erreicht und künstliche Fleischproduktion könne in ferner Zukunft «für bestimmte Regionen eine Lösung sein». Aber das sei «sehr spekulativ» und in der Schweiz jedenfalls «unvorstellbar». (Auszug aus dem Beitrag im Gastrojournal 8. August 2013)

Weiterlesen: PRESSESCHAU: Ziemlich fade – erster Burger aus dem Reagensglas. Beitrag am Ende der KURZNEWS 6. August 2013
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