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25.10.2013 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Appenzell: eine Metzgereien-Hochburg

Im Appenzell hat es noch Fleisch am Knochen, und der Wurst-Sortenreichtum ist üppiger als anderswo. Das Appenzellerland ist Gastkanton an der Igeho 2013, Grund genug für einen Überblick über eine Region mit Akzent auf tierischen Nahrungsmitteln.



Appenzeller Pantli, Siedwurst und Mostbröckli der Appenzeller Metzgerei Fässler


Im Appenzellerland gibt es als Folge der agrarisch bedingten Fokussierung auf tierische Lebensmittel mehr Metzgereien pro Einwohner als in anderen Kantonen. Und sie haben Erfolg, die Metzgerei Wetter z.B. mit Wild-Spezialitäten, und mehrere Metzgereien wie Fässler, Heis, Bänziger, Ochsen sowie Schlossmetzg gewannen Medaillen an der letzten SFF-Qualitätsprämierung mit mehreren Produkten. Nur ein Wermutstropfen – oder besser Alpenbitter-Tropfen - bleibt: Vor Jahren beantragten die Appenzeller für Siedwurst, Mostbröckli und Pantli den GGA-Herkunftsschutz beim Bundesamt für Landwirtschaft, und alle drei Gesuche sind dort immer noch pendent.

Bekannte Appenzeller Wurstwaren sind Siedwurst, Pantli und Schüblig mit Speckwürfeln. Ein Vorzeigestück der Appenzeller Metzgereien ist das Mostbröckli (dazu ein Produktporträt in einer nächsten Ausgabe). Viele Metzgereien in der ganzen Ostschweiz produzieren es.

Schweizweit weniger bekannt aber ebenfalls ein Premiumprodukt ist das im In- und Ausland mehrfach prämierte Alpsteinbröckli (Bild), ein kalt geräuchertes Schweinsnierstück, das ähnlich wie Appenzeller Rindfleisch-Mostbröckli produziertwird. Hergestellt wird es seit Generationen von der Breitenmoser Fleischspezialitäten AG in Steinegg bei Appenzell. Das Besondere daran: sie verwendet Nierstücke von Muttersauen. Ausserdem ist es ein modernes Produkt: mild im Salzgehalt, mild im Raucharoma und fettarm.

Kalb+Bier = Kabier

Traditionelle Frischfleisch-Spezialitäten sind Gitzi, Wild und Alpschwein. Aber Appenzeller sind nicht nur traditionsverbunden sondern auch innovativ. Das beste Beispiel ist Kabier, Appenzeller Luxusfleisch das auf ähnliche Weise produziert wird wie das weltberühmte Kobe-Beef. Kobe stammt von Weiderindern der japanischen Wagyu-Rasse und wird bis zu Tausend Franken pro Kilo angeboten. Das Besondere besteht in starker Marmorierung, hoher Saftigkeit und besonderer Zartheit. Die Wagyu-Rinder werden in Japan mit Reiswein oder Öl massiert.

Ein analoges Konzept, genannt Kabier, verfolgt der Appenzeller Bio-Rindfleischproduzent Sepp Dähler in Stein AR. Er füttert Limousin-, Angus- und Charolais-Rinder und –kälber mit Nebenprodukten der Appenzeller Brauerei (Biervorlauf, Hefe und Malztreber). Und zweimal täglich erhalten sie eine Massage mit Schweizer Rapsöl und Biervorlauf-Hefegemisch. Dadurch entsteht besonders zartes Fleisch.



«Durch die Massage werden die Tiere sehr zutraulich, was sich positiv auf die Fleischqualität auswirkt», erklärt Dähler. «Die Tiere fressen den würzigen Treber und die Bierhefe gern, ausserdem verbessern diese die Verdauung». (Bild: Arthur Rossetti)


Auch der Freilaufstall und der kurze stressarme Transportweg von drei Kilometern zu einer Metzgerei verhindert Angst-Fleischfehler. Dähler transportiert seine Tiere selbst. Er ist auch spezialisiert auf Schweinemast. Seine fünfzig Schweine dürfen weiden und suhlen und ebenfalls Brauerei-Nebenprodukte fressen. Und er vermarktet das Fleisch ab Hof ebenfalls selbst, dies als Mischpakete und – mit mehr Anteil an Edelstücken – als Gourmetpakete.


Die Kabier-Schweine dürfen weiden und suhlen - auch bei Biobauern eine Seltenheit


Die Appenzeller Siedwurst ist eine etwa 20 cm lange ungepökelte und daher weisse Brühwurst aus Rind- und Schweinefleisch, teilweise auch Kalbfleisch. Ihr Brät hat eine sehr feine Struktur und ist mit Kümmel gewürzt. Es gibt sie in verschiedenen Grössen und Gewichtseinheiten von 50 bis 200 Gramm.

Sie wird roh (grün) oder gebrüht verkauft. Es gibt als Variante eine Siedwurst mit Kabis, die „Chruutwurscht“, die leichter und frischer schmeckt. Im Gegensatz zur St. Galler Kalbsbratwurst und der Glarner Kalberwurst enthält die Siedwurst Rind- und nicht primär Kalbfleisch.



Zutaten der Appenzeller Siedwurst sind Muskelfleisch, Speck, Kümmel (ganz, zerstossen oder als Pulver), Knoblauch, Pfeffer, Salz und Zwiebeln.

Bild: In der Metzgerei Breitenmoser. (Bild: Arthur Rossetti)

Verwendet wird ein Rinderdarm. Dieser ist gedörrt und wird vor dem Füllen etwa 30 Minuten in Wasser eingelegt. So erhält er die nötige Elastizität und gibt seinen Geschmack besser ab. Die Würste werden paarweise mit Holzspiesschen oder einem Metallclip verschlossen.

In Ausserrhoden verkauft man die Wurst mehrheitlich roh, wogegen in Innerrhoden vermehrt gekochte Würste verkauft werden. Das hat den Vorteil, dass die Wursthaut beim Zubereiten nicht so schnell reisst. Die gebrühte Wurst ist vier bis fünf Tage haltbar, noch länger, wenn sie in der Folie pasteurisiert wird.

Traditionell serviert wird sie mit Kartoffelsalat, Käsehörnli oder Apfelmus. Während der Tourismussaison, d.h. im Sommer, produziert mancher Metzger mehr Siedwürste als im Winter und liefert sie vorwiegend an die Gastronomie. Im Winter jedoch kauft dafür die einheimische Kundschaft mehr Siedwürste. Bild: Metzgermeister Franz Fässler.

Wie isst man Appenzeller Siedwürste? Wichtig ist, sie möglichst bald nach dem Brühen oder wärmen im Wasser zu schälen. Der Eine schneidet das Wurstende ab und drückt die Wurstmasse heraus (wie bei der deutschen Weisswurst), der andere schneidet die Wurst der Länge nach auf und zieht die Haut weg, ein dritter schneidet Rädchen und entfernt sie scheibenweise.

Grillieren ist nicht üblich, da der dünne Darm bei hoher Hitze platzt und das Brät tropfen kann. Senf zur Siedwurst ist erlaubt, doch «eine gute Wurst braucht keinen Senf», darin sind sich Appenzeller und St.Galler einig.

Appenzeller Pantli und Alpenklübler

Der Appenzeller Pantli ist eine geräucherte oder luftgetrocknete Rohwurst mit Knoblauch, ähnlich einem Landjäger. Er hat eine kantige Form und misst bei 80 bis 400 Gramm zwischen 30 und 50 Zentimeter. Zutaten sind Fleisch von Rind und Schwein sowie Speck, Pökelsalz, Knoblauch und Pfeffer, weitere Gewürze variieren je nach Metzgerei. Manchmal wird Wein verwendet.

Appenzeller Pantli, ein Knoblauch-Landjäger. Das «kulinarische Erbe» rät, Pantli erst nach einem wichtigen «Date» zu essen. Vorher jedoch, wenn man sich Vampire vom Leibe halten will.

Eine Variante davon ist der Alpenklübler, nur halb so gross, und auch die Rezeptur unterscheidet sich. So nimmt man Rindfleisch für den Klübler und Kuhfleisch für den Pantli. Auch die Anteile von Schweinefleisch und Speck sind unterschiedlich. Verwendet man frischen Knoblauch, muss man bedenken, dass dieser die Fermentierung beschleunigen kann. Vor dem Räuchern werden die Pantli gepresst. Dabei findet auch die Umrötung statt. Die Würste werden anschliessend im Kaltrauch luftgetrocknet.

Während früher eher harte Pantli geschätzt waren, bevorzugt heute die Mehrheit weiche, weniger stark getrocknete. Der volle Geschmack entfaltet sich erst bei Raumtemperatur. Nicht alle Menschen reagieren gleich auf Knoblauch, und es kann sein, dass nach einem Pantli mit frischem Knoblauch weniger starke Ausdünstungen entstehen als bei einem mit getrocknetem. (GB)

Weiterlesen: Das Appenzell kulinarisch betrachtet
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