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Beiträge im Archiv

9.10.2015 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
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Bioprodukte mit oder ohne eigene Zertifizierung?



Vegetarier und Flexitarier sind auf dem Vormarsch. Letztere kann man als Teilzeit-Vegetarier bezeichnen. Beiden geht es um Tierwohl und Umweltschutz. Diese wachsende Konsumentengruppe kann man mit Bioprodukten ansprechen. Deren Herstellung und Verkauf unterliegt allerdings besonderen Anforderungen.


Der Biomarkt wächst. Gemäss Bio Suisse hat der Gesamtumsatz verarbeiteter Bioprodukte im letzten Jahr 2,2 Mia Franken erreicht. Das entspricht einem Wachstum von 154 Mio Franken (+ 7,5%). Auch der Anteil der Biolebensmittel am gesamten Lebensmittelmarkt stieg erneut und erreicht nun 7,1 Prozent. Das Segment Fleisch und Fisch wächst seit Jahren stark und ist hinter den Milchprodukten der grösste Umsatzträger im Biomarkt. Allein Frisch-Fleisch legte im 2014 um 9,7 Prozent zu. Die klassische Biokundschaft konsumiert zwar eher weniger Fleisch, ist aber bereit, für Qualität einen guten Preis zu zahlen.

Die Bioqualität unterscheidet sich je nach Produktekategorie mehr oder weniger stark von der konventionellen und dies nicht nur dank biologisch produzierten Rohstoffen sondern auch dank gesetzlichen Anforderungen an den geschützten Begriff «bio». Vor allem sind zu nennen das fast vollständige Tabu der Zusatzstoffe (mit Ausnahme der Pökelstoffe) und das Verbot unnötiger Verarbeitungsschritte wie z.B. die Verwendung von Milchpulver, wenn Frischmilch eingesetzt werden kann.

Auch ohne Pökelung sind Biofleischwaren machbar, allerdings dann auch ohne Umrötung und folglich mit graubräunlicher Farbe. Biowurstwaren dagegen schmecken oft besser, weil Biometzger einen höheren Fleischanteil einsetzen. Biofleisch ist bei Kennern beliebt, weil es weniger Saft verliert beim Garen. Nicht nur Ladenkunden kann man mit diesen Argumenten überzeugen sondern auch Engroskunden wie Gastromen. Wenn Grosscaterer mit Mensen, Kantinen, Heimen etc einsteigen, benötigen sie rasch nennenswerte Mengen, die eine gesonderte Produktion rentabel machen.

Bioberatung für Einsteiger und Fortgeschrittene

«Interessante Kundensegmente sind nicht nur die Biokonsumenten sowie immer mehr normale Kunden aller Einkommensklassen mit nachhaltigem Denken, Allergiker und Gesundheits-orientierte, die Zusatzstoffe meiden», betont Biometzger Ernst Stettler, der vor Kurzem seine Biometzgerei in Langenthal verkaufte und sich nun auf Bio- und Cleanlabel-Beratung verlegt: «Alle Produktarten lassen sich als bio verkaufen, aber tendenziell eher Frischfleisch, wo keine Farbunterschiede bestehen. Und länger haltbare Produkte sind dankbar, da ihr Verkaufsrisiko gering und die Wertschöpfung besser ist». Je kürzer die Verkaufsfristen seien, desto schneller können Verluste aus Nichtverkäufen entstehen.



Biofleisch in der Metzgerei Buffoni, welche sowohl bio wie auch konventionell produziert.


Bioberatung ist sinnvoll für Bioeinsteiger, die eigene Bioprodukte herstellen wollen statt nur vorverpackte als Handelswaren anzubieten. Aber spezialisierte und praxis-erfahrene Berater in diesem Bereich sind selten. Nebst Stettler bietet sich Peter Jossi an, spezialisiert auf Label- und Zertifizierungsfragen in der Verarbeitungs- und Handelsbranche. Er gibt ebenfalls Marketingtipps: «Wer sich mit Bio-Fleisch(waren) langfristig erfolgreich positionieren will, muss dem Vertrauensbonus gerecht werden und wirklich qualitativ hoch stehende Produkte anbieten, die auf handwerklichem Know How, schonender Verarbeitung und naturbelassenen Rezepturen aufbauen. Je nach Standort und Betriebssituation sind die Vermarktungschancen sehr unterschiedlich. Möglichkeiten der Biorohstoff-Beschaffung und die Know how-Erarbeitung müssen vorgängig abgeklärt werden».

Mit oder ohne Label?

Grundsatzfragen für Einsteiger sind: soll ich rein nur Bioprodukte verkaufen oder einen Mix mit konventionellen? Letzteres ist für die Zertifizierung komplizierter. Reicht eine Biodeklaration gemäss Schweizer Bioverordnung („Bundes-Bio“) oder soll ich ein Label verwenden wie die Knospe von Biosuisse oder andere wie Demeter, fidelio oder KAGfreiland etc? Migros, Coop, Aldi und Lidl haben ihre eigenen Biolabels. Alle Labels bedingen Lizenzverträge, Gebühren und Kontrollen, zudem meistens spezifische Pflichtenhefte. Ausserdem ist ein Zertifizierungsberater dabei mehr als sinnvoll. Die jährlichen Lizenzgebühren richten sich nach dem Umsatz.

Ob mit oder ohne Biolabel: Alle Biolebensmittel müssen als Mindestanforderung die Bestimmungen der Schweizer Bioverordnung einhalten inkl. der Zertifizierungspflicht. Die Einhaltung untersteht der Überwachung der Behörden, v.a. der kantonalen Lebensmittelinspektorate. Die eigentliche Zertifizierung der Labelbetriebe erfolgt durch unabhängige, staatlich anerkannte (akkreditierte) Zertifizierungsstellen wie «bio.inspecta», Procert und «Bio Test Agro».

Imagemässig zwischen bio und konventionell liegen die Cleanlabel-Produkte, deren Kaufmotive in Natürlichkeits- und Gesundheitsvorteilen liegen (obwohl bewilligte Zusatzstoffe gesundheitlich unbedenklich sind). Auch für diesen Zwischenweg macht es Sinn, zumindest einen Biowurstkurs am ABZ zu besuchen, wo die Herstellung ohne Zusatzstoffe ein zentrales Thema ist.

Praxis-Tipps vom Praktiker

Stettler empfiehlt, die Bio-Nachfrage vor dem Entscheid der Eigenfertigung mit zugekauften Produkten oder Prototypen zu testen. Und dabei alternative Absatzkanäle zu suchen zusätzlich zum Ladenverkauf. Wichtig sei das Sortiment so festzulegen, dass alles innert nützlicher Frist abverkauft werden kann. Und «in traditionellen Rezepten die Zusatzstoffe einfach nur weglassen, ergibt kein Topprodukt. Wenn sich Bio- oder Clean Label-Produkte und konventionelle im Aussehen unterscheiden, etwa Cervelats mit und ohne Nitrit, sollten die bräunlichen (ohne) nicht direkt neben den rötlichen (mit) angeboten werden. Bioprodukte müssen mindestens gleich gut sein wie normale».

Die Crux ist dabei nicht die Verwendung von Biorohstoffen sondern der Verzicht auf sensorisch relevante Zusatzstoffe. Bundes-Bio und BioSuisse verlangen zwar keinen Verzicht auf Pökelstoffe im Gegensatz zu Demeter-Bio, aber man kann auch einige andere Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker und Aromen nicht ganz ohne merkbare Unterschiede ersetzen. Ein bekanntes Produkt wie Cervelat «ohne E-Nummern» mit identischen sensorischen Eigenschaften nachzubauen ist daher schwieriger als eines unter einem neuen Namen zu lancieren, das bei den Kunden keine fixen Erwartungen weckt. Das neue kann durchaus besser schmecken, wenn es beispielsweise mehr Magerfleisch und frische Kräuter enthält.


Biocervelats (links) und konventionelle im Farbvergleich


Jossi meint, «wer es schafft, die wenigen erlaubten Zusatzstoffe durch Biozutaten mit funktionellen Eigenschaften zu ersetzen, hat einen echten Know How- und Vermarktungs-Vorteil. Man soll echte, unverwechselbare Bioqualität bieten und nicht in den Richtlinien nachschauen, was gerade noch so erlaubt ist. In der Schweiz sind die Bio Suisse-Bestimmungen Standard. Auch wer das Knospe-Label nicht verwendet, sollte sich daran orientieren».

Zertifizierungsprojekt richtig managen

Eine Zertifizierung, sei es ISO, BRC oder bio, ist vor allem am Anfang aufwändig und sollte nach den Regeln des Projektmanagements abgewickelt werden (mit Projektplan, Zielformulierungen bei Qualität, Terminen und Kosten, Verantwortlichkeiten im Projektteam, Fortschrittskontrollen etc). Später wird die Einhaltung der Auflagen wie zB separate Lagerung von Offenwaren, zeitliche Trennung von Bio- und konventioneller Produktion und Dokumentaionspflicht zur Routine. Ebenso die regelmässigen Wiederhol-Audits und allenfalls Nachkontrollen durch die Zertifizierungsfirmen.

«Den Zertifizierungsaufwand kann jeder Betrieb massgeblich beeinflussen, indem er seine Betriebsabläufe, Warenflüsse etc. professionell dokumentiert. Es empfiehlt sich eine gute Vorbereitung und eine vollständige Einreichung aller Unterlagen vor der Zertifizierung. Hohe Aufwände entstehen meist bei der Suche nach Informationen und Unterlagen», so Jossi.

Eine der wichtigsten Zertifizierungsanforderungen ist die Vermeidung von Vermischungen und Verwechslungen von Bio- und Normal-Ware. Daher ist ein Nur-Biobetrieb einfacher zu handhaben als ein gemischter. Vorverpackte und ettikettierte Produkte sind unverdächtig, daher dürfen alle Metzgereien solche als Handelswaren telquel verkaufen.

Aber eine eigene Verarbeitung und der Offenverkauf bedingen meistens eine Zertifizierung, dies mit wenigen Ausnahmen: «Im Offenverkauf sind Schweizer Bioprodukte zugelassen, sofern sie plombiert sind oder oben und unten gebrandstempelt. Wichtig ist, dass das Biolabel für den Kunden sichtbar ist und dass das Produkt vor seinen Augen geschnitten wird», sagt Stettler. «Ausgenommen ist auch die Gastronomie, obwohl hier Bio ebenfalls nachweislich bio sein muss und eine Zertifizierung im Eigeninteresse empfehlenswert ist», betont Jossi. (GB)

Zwei Bio-Berater für Metzgereien

Ernst Stettler (Bild) übernahm als gelernter Metzger im 1980 den elterlichen Betrieb in Langenthal und stellte das gesamte Fleisch- und Wurstangebot auf zertifizierte Bioqualität um. Es war in der Schweiz die erste Metzgerei mit Bio-Offenangebot und schweizweiten Lieferungen für Privatkunden, Bioläden und -restaurants sowie im Biofarm-Kanal. Im 2013 verkaufte Stettler seine Biometzgerei, da er in der Familie keinen Nachfolger fand.

Im 2015 gründete er die Beratungsfirma «Bio-Coaching» und stellt sein Fachwissen und die langjährige technologische und Marketing-Erfahrung andern zur Verfügung. www.bio-coaching.ch. Die Biometzgerei Stettler bleibt in Langenthal bestehen. Der Kirchberger Fleischfachmann Walter Niederberger führt sie als neuer Inhaber unter dem bisherigen Namen weiter. Die Produktion wurde nach Kirchberg verlagert: www.bio-metzg.ch

Peter Jossi (Bild) ist gelernter Bäcker, dipl. Ingenieur FH und war früher Auditor bei der Biozertifizierungsfirma bio.inspecta. Seit 25 Jahren befasst er sich in verschiedenen Funktionen mit der Bioverarbeitung in Gewerbe und Industrie. Er hat die Schweizer Bio-Plattform bionetz.ch mit aufgebaut und ist regelmässiger Autor für verschiedene Zeitschriften- und Fachformate der Ernährungswirtschaft. Eines seiner Spezialgebiete ist die Zertifizierungsberatung, die er auch Metzgereien offeriert.

Link-Tipps.
http://www.bio-suisse.ch/de/fleisch.php
http://www.bio-suisse.ch/de/richtlinienweisungen.php
http://www.bio-suisse.ch/de/lizenz.php
http://www.demeter.ch/de/handel/index.php
http://www.bio-inspecta.ch/htm/lebensmittelbranchetarife.htm
www.bio-test-agro.ch

Bio-Konsum hängt vom Einkommen ab

Mit steigendem Einkommen werden tendenziell mehr Bio-Lebensmittel eingekauft, wie eine Untersuchung der Forschungsanstalt Agroscope zeigt. Dass der Absatz von Bio-Produkten wächst und wächst, ist seit langem bekannt. Was man bislang kaum wusste: Wer kauft eigentlich Bio-Lebensmittel ein? Die Forschungsanstalt Agroscope bringt mit der Auswertung der Haushaltbudget-Erhebung Licht ins Dunkel. Diese zeigt, dass der Bio-Konsum einkommensabhängig ist.

Wohlhabende Haushalte weisen eine höhere Bio-Kaufwahrscheinlichkeit auf. Frauen greifen eher zu Bio-Produkten als Männer, Haushalte mit Kindern kaufen eher selten Bio-Produkte. Konsumenten zwischen 45 und 54 Jahren greifen gemäss Agroscope besonders selten zu Bio-Produkten. Einen grossen Einfluss hat auch die Sprachregion: Ein Haushalt in der Deutschschweiz kauft tendenziell mehr Bio-Produkte als einer in der Westschweiz. Mehr zum Thema im Fachmagazin Agrarforschung Schweiz. (Text LID)

Weiterlesen: Biofleisch–Nachfrage steigt stetig

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