Deutschland ist der wichtigste Trutenfleisch-Lieferant der Schweiz. Doch die Tierhaltung ist dort immer noch schlechter als hierzulande. «Kassensturz»
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Beim Tierwohl (Haltung, Umgang, Transport; Stall-/Herdengrösse) und der Tiergesundheit
(Medizinierung) schneidet Importgeflügel schlechter ab als einheimisches. Bild: Schweizer Freiland-Truten.
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«Der Spiegel» und verschiedene Fernsehstationen wie Sat1 und NDR berichteten über aktuelle Bilder der Tierschutzorganisation Peta in deutschen Trutenställen, die erschüttern.
Im Fokus der Berichterstattung in Deutschland steht diesmal der deutsche Branchenriese Heidemark. «Kassensturz» hat bereits vor zwei Jahren über die schlimmen Zustände in deutschen Mästereien berichtet und den Import kritisiert. Denn die Trutenhaltung in Deutschland entspricht in keiner Art und Weise den Schweizer Tierschutzbestimmungen.
Es hat sich nichts gebessert. Deutsche Tierschützer kritisieren auch jetzt: Die Trutenmast in Deutschland habe tierquälerische Züge: Tiere stehen dicht an dicht, verletzte Truten würden ihrem Schicksal überlassen. Viele Truten würden ausserdem so schwer gemästet, dass sie ihr eigenes Gewicht fast nicht mehr tragen können.
Wie verbreitet sind solche Mastbedingungen? Der unabhängige deutsche Tierfilmer Jan Peifer bestätigt dem Konsumentenmagazin «Kassensturz»: «Ich kann sagen, dass sich in den letzten Jahren nichts verbessert hat. Die Tiere leiden weiterhin, sie haben keinen Auslauf.»
«Kassensturz» wollte von Schweizer Detailhändlern wissen, woher sie ihr Trutenfleisch beziehen und was sie für das Tierwohl unternehmen. Nach wie vor wird das meiste Trutenfleisch importiert. Der grösste Teil aus Deutschland.
Tierschutz spricht von Skandal
Das kritisiert der Geschäftsführer des Schweizer Tierschutz Hans-Ulrich Huber. Er kennt die Zustände in den Trutenställen in der Schweiz und im Ausland: «Man weiss, dass die Trutenmast in Deutschland und anderen Ländern sich wesentlich von der Schweizer Tierschutzgesetzgebung unterscheiden. Für mich ist es ein Skandal, dass man immer noch solches Fleisch in die Schweiz importiert.»
Coop verkauft ebenfalls unter anderem Trutenfleisch aus Deutschland. Coop schreibt in einer Stellungnahme: «Wir beziehen alles Truten-Frischfleisch von einem Produzenten in Süddeutschland. Die Tiere werden in Offenfrontställen mit viel Tageslicht, Frischluft sowie eingestreuten Bodenflächen gehalten.»
Auch die Migros importiert zurzeit grosse Mengen Trutenfleisch aus Deutschland. Noch. Denn das werde sich ändern, sagt Migros-Sprecher Urs Peter Näf. «Nachdem wir 2011 die schrecklichen Bilder im «Kassensturz» gesehen haben, haben wir beschlossen, das ist nicht der Anspruch den die Migros in Sachen Tierwohl hat.» Deshalb werde die Migros ab Oktober Trutenfleisch von einem Lieferanten in Ungarn beziehen – produziert nach Schweizer Tierschutzverordnung.
Höchste Zeit. Denn noch finden Tierschützer in deutschen Ställen erschreckende Bilder. Tiere, die beim Ausstallen getreten werden. Truten, die von Männern in Transporter geworfen und gestopft werden. Bericht aus: www.srf.ch/konsum/themen/konsum/ tierquaelerei-in-trutenmast-schweizer-detailhandel-unter-druck
Heidemark zieht Klage gegen «Kassensturz» zurück
Der deutsche Geflügelunternehmer Heidemark ging gerichtlich gegen «Kassensturz» vor, nachdem die Konsumentensendung über die furchtbaren Zustände in den Trutenmastbetrieben berichtet hatte. Jetzt zog der Geflügelriese seine Zivilklage zurück.
Tausende Truten stehen eng gepfercht in der Masthalle. Kranke Tiere liegen im eigenen Kot, einige sind verkrüppelt. Über diese tierquälerische Trutenmast hat «Kassensturz» vor über einem Jahr berichtet. Das Trutenfleisch, das Detailhändler wie Migros, Aldi, Lidl und Denner verkaufen, stammt zum grossen Teil aus solchen Betrieben in Deutschland.
Nach der Sendung ging der deutsche Geflügelriese Heidemark gerichtlich gegen «Kassensturz» vor. Er reichte Zivilklage beim Zürcher Handelsgericht ein. In einer fünfstündigen Vergleichsverhandlung wollte Heidemark erwirken, dass «Kassensturz» den Bericht von der Online-Seite nimmt. Heidemark sollte nicht mehr mit Qualmast in Verbindung gebracht werden. Vergeblich. Denn «Kassensturz» hat korrekt berichtet.
Jetzt zog Heidemark die Zivilklage zurück. «Kassensturz» ist es weiterhin erlaubt, die unhaltbaren Zustände in den Trutenmastbetrieben zu zeigen und seine Zuschauer über die tierquälerischen Produktionsbedingungen in Deutschland aufzuklären. (Bericht 11.6.2013 aus:
http://www.srf.ch/konsum/themen/ umwelt-und-verkehr/heidemark-zieht-klage-gegen-kassensturz-zurueck)
Kommentar des «Schweizer Tierschutz»
Bereits mehrfach wies der Schweizer Tierschutz STS auf skandalöse Zustände in der industriellen Geflügelmast Deutschlands und der EU hin. Aktuelles Bildmaterial aus Tierfabriken des deutschen Heidemark-Konzerns zeigt erneut die grausame Realität der Billigfleisch-Produktion. Trutenfleisch der Firma Heidemark gelangt auch in der Schweiz in den Verkauf.
Für die SRF-Sendung "Kassensturz" hat der Schweizer Tierschutz STS Bildmaterial der Tierrechtsorganisation PETA, entstanden in Ställen des zweitgrössten Trutenmästers Deutschlands, der Firma Heidemark, gesichtet. Die aktuellen Recherchen zeigen erneut tierschutzwidrige Haltungsbedingungen aber auch die Brutalität bei der Ausmast der Truten, beim Verlad und später beim Ausladen der Tiere im Schlachthof. Bis heute existieren in der EU - im Gegensatz zur Schweiz - keine konkreten und verbindlichen Tierschutzvorschriften zur Trutenmast.
Schlagzeilen über "Das Grauen in den Ställen" (Der Spiegel) gehören zum Alltag in der Geflügelwirtschaft Deutschlands. Die Firma Heidemark beliefert auch mehrere Schweizer Detaillisten mit Trutenfleisch.
Der Schweizer Tierschutz STS ruft Konsumentinnen und Konsumenten zum Verzicht auf den Kauf von "dauerhaft billigem" ausländischem Geflügelfleisch auf. Und er fordert von Importeuren und Detaillisten ihren Versprechen von strengeren Kontrollen und einer Verschärfung der Tierhaltungsbedingungen in ihren Lieferbetrieben endlich Taten folgen zu lassen. "Vorbildlich agiert hier die Migros", sagt STS-Geschäftsführer Hansuli Huber, "die nun erste Schritte unternimmt für eine tierschutzkonforme Trutenmast in ungarischen Lieferbetrieben." (Text: STS)
STS-Umfrage Geflügelfleischimporte Mai/Juni 2012
Im Mai und Juni wurden 48 Unternehmen, darunter die Detaillisten, die grossen Gastrozulieferer und
– gestützt auf die Importgeflügel-Versteigerungsstatistik des BLW (2011; 2012 (Anhang 1)) – die
mengenmässig grössten Importeure mit einem Fragebogen bedient.
Schweizer Geflügelfleisch wird grossmehrheitlich als qualitativ
gleich gut resp. besser als Importgeflügel eingeschätzt. Auch das Preis-Leistungsverhältnis von
Schweizer Herkünften wird mehrheitlich als gleich gut resp. besser beurteilt. Nur eine verschwindende
Minderheit sieht qualitative und Preis-Leistungs-Vorteile beim Importgeflügel.
Diese Einschätzung der Fleischhandelsprofis dürfte auch für Konsumenten von Interesse sein und
wirft die Frage auf, weshalb denn trotzdem 50 % des konsumierten Geflügelfleisches importiert
werden.
Fazit: Die angefragten Fleischhandelsprofis stellten Schweizer Geflügelherkünften durchwegs ein gutes
Zeugnis aus. Sowohl Qualität als auch das Preis-Leistungs-Verhältnis der Inland-Herkünfte werden
mehrheitlich besser bewertet. Während im Gastrokanal hauptsächlich auf billiges Importgeflügel
gesetzt wird, würden Detaillisten, darunter auch Spar, Lidl und Aldi, nach eigenen Angaben gerne
mehr Inlandgeflügel (Poulets, Truten) übernehmen und den Kunden anbieten, doch würde zuwenig
produziert.
Für Konsumentinnen und Konsumenten ist wichtig zu wissen, dass Geflügelfleisch aus 14 Ländern
von rund um den Globus in die Schweiz importiert wird und das Gros der Importgeflügelhändler der
Meinung ist, dass in punkto Tierwohl (Haltung, Umgang, Transport; Stall-/Herdengrösse) und Tiergesundheit
(Medizinierung) Importgeflügel schlechter abschneidet als einheimischen Herkünfte.
(Auszug aus dem STS-Bericht vom Juni 2012: http://www.tierschutz.com/media/ 110712/pdf/06_gefluegelfleischimporte_umfrage.pdf)
Weiterlesen: Kassensturz kritisiert Import-Trutenfleisch – Beitrag 14.12.2011
(gb)
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