Zartes Fleisch und wenig Saftverlust dank Niedergaren unter Vakuum: was Köche aus Erfahrung wissen, erklärt ein Wissenschafter. Und einiges mehr.
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Tipp von Prof. Vilgis, Referent im Studiengang Molecuisine und Kochbuchautor: Das beste Schweinfilet (mittlere Grösse) entsteht, wenn man es 20 Minuten bei 55 Grad sous-vide gart.
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Professor Thomas Vilgis, Projektleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, und sein Team untersuchten die Proteindenaturierung von Fleisch anhand des Vakuumgarens (Sous-Vide). Sie studierten die Auswirkungen von Zeit (10 Minuten, 48 Stunden) bei verschiedenen Kochtemperaturen (45 bis 74 °C) auf Proteindenaturierung und Wassergehalt eines gekochten Fleischstückes.
Die Wissenschaftler benutzten die sogenannte DSC (Differential Scanning Calorimetry), um die Messungen durchzuführen. Es handelt sich um die erste Studie mit solch einer breiten Zeitspanne und exakt gesteuerten Temperaturen. Dies ist besonders wichtig, da jedes Protein im Muskelfleisch eine genau definierte Denaturierungstemperatur hat.
Das Fazit von Vilgis: «Diese Studie hat wichtige gastronomische Auswirkungen: sie bringt einen Volksglauben in Verruf. Fertig gegartes Fleisch liess sich bis zum Servieren warm halten. Diese Vorgehensweise sollte die Konsistenz des Fleisches besser bewahren als dies beim Aufwärmen der Fall wäre. Diese Studie zeigt auch, dass die Proteindenaturierung über einen langen Zeitraum zu unerwünschten Eigenschaften führen kann. Das Fleisch wird zäh und trocken».
Muskel- und Bindegewebsproteine im Fleisch denaturieren bei Erhitzung, das heisst sie verlieren ihre natürliche molekulare Gestalt, also ihre Konformation. Die Textur verändert sich. Oberhalb von 60 °C verliert Muskelfleisch einen Grossteil des Wassers. Es wird hart, zäh und faserig. Im Temperaturbereich zwischen 48 °C und 71 °C verändern verschiedene Proteine nach und nach ihre Gestalt. Sie schrumpfen, bilden engmaschige Netzwerke oder koagulieren. Eigenschaften wie Zartheit oder Saftigkeit verändern sich in gleichem Masse. Erst eine exakte Temperaturkontrolle durch Vakuumgaren ermöglicht, die damit verbundenen Eigenschaften am besten zu steuern.
Vakuumgaren oder Sous-Vide ist eine verbreitete Kochmethode in der Gastronomie. Die Speise wird in einem Kunststoffbeutel luftdicht verpackt, dann in einem Wasserbad bei einer exakt eingehaltenen Temperatur gegart. Ziel ist ein gleichmässiger und wohldefinierter Garzustand: weiche, zarte Textur, ohne zerkocht zu sein und unter Beibehaltung des natürlichen Wassergehalts.
Frisches Fleisch enthält etwa 75 % Wasser. Fleischgaren ist aber ein komplexer Prozess: Wasserhaltekapazität sowie Wasserverluste von Fleisch ändern sich bei hoher Kochtemperatur. Dank des Vakuum-Niedergarens wird die Denaturierung der Fleischproteine kontrolliert; das Fleisch bleibt zart und saftig.
Selektive Denaturierung von Proteinen ist entscheidend, um die gewünschten Strukturen zu erreichen. Der Verlust von Fleischsaft nimmt mit der Zeit und der Temperatur zu. Der Hauptwasserverlust tritt bereits während der ersten 20 Minuten und vor allem bei Temperaturen über 60 °C auf. (Text: Prof. Thomas Vilgis, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz).
Weitere Informationen: www.mpip-mainz.mpg.de/Vakuumgaren
(gb)
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