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7.11.2006
| Druckansicht | WWF lobt bio und deklassiert Fair Trade-Labels
Neubewertung der wichtigsten Labels durch WWF und SKS: Fünf Gütesiegel wurden zurückgestuft und zwei aufgewertet. Bio-Labels bleiben top. Verlierer wehren sich.
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Der WWF, die Stiftung für Konsumentenschutz SKS und die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN haben die wichtigsten Lebensmittel-Labels nach drei Jahren neu bewertet. Ergebnis: Fünf Gütesiegel wurden zurückgestuft, zwei aufgewertet. Und: Bio-Labels sind weiterhin an der Spitze.
Die drei Organisationen bewerteten 28 Lebensmittel-Labels nach noch umfassenderen Kriterien als beim letzten Rating vor drei Jahren. Nicht nur Ökologie, Tierwohl und Kontrollen spielten eine Rolle, sondern auch soziale Aspekte wie Arbeitsrechte und Gesundheitsschutz. Schliesslich kam die Verarbeitung hinzu, mit besonderem Augenmerk auf den E-Nummern. Entstanden ist ein nützlicher Ratgeber, der die Labels in vier Kategorien von „sehr empfehlenswert“ bis „nicht empfehlenswert“ einteilt.
Alle sehr empfehlenswerten Labels sind „bio“. Sie überzeugen nicht nur ökologisch, sondern bei allen Kriterien. So haben sie etwa soziale Mindeststandards in ihre Richtlinien aufgenommen und garantieren unabhängige Kontrollen. Das Prädikat „empfehlenswert“ erhalten Labels, die entweder in einzelnen Bewertungskriterien Spitzenresultate erzielten oder in allen Bewertungsbereichten einen namhaften, aber keinen erstklassigen Mehrwert aufweisen.
Teilweise überraschende Resultate
Spitzenreiter ist die Kombination aus Bio-Knospe und Max Havelaar, gefolgt von den Fleisch-Labels Natura Beef Bio und Bio Weide-Beef. Besonders hervorzuheben sind jedoch jene Labels, die nicht nur in einer Produktekategorie wie Fleisch top sind, sondern über eine breite Produktepalette (Gemüse, Früchte, Milchprodukte etc.) hinweg. Von ihnen haben Demeter, Bio Knospe und Naturaplan Bio von Coop am besten abgeschnitten.
Die Fair-Trade-Labels Max Havelaar und Claro sowie das Fisch-Label Marine Stewardship Council (MSC) überzeugen zwar in ihren Kernbereichen, schneiden aber gesamthaft nur noch „empfehlenswert“ ab. Max Havelaar und Claro legen den Schwerpunkt auf soziale Aspekte und weisen im Umweltbereich Lücken auf. MSC ist nach wie vor Spitze beim Schutz von Fischbeständen und bei der Reduktion von Beifang, kennt jedoch keine Vorschriften zur Tötung und Verarbeitung der Fische.
Die beiden Fleisch-Labels Swiss Prim Gourmet (Traitafina) und M-Engagement, die 7-Punkte-Fleisch-Garantie der Migros, haben den Sprung in die zweithöchste Kategorie „empfehlenswert“ geschafft. Zu den Absteigern gehören hingegen das Fleisch-Label Agri Natura (neu „bedingt empfehlenswert“) und das Thunfisch-Label Dolphin Safe („nicht empfehlenswert“). Sie haben ihre Richtlinien in den letzten Jahren zu wenig weiterentwickelt.
Die Schlusslichter, nebst Dolphin Safe: QM Schweizer Fleisch und Suisse Garantie für Fleisch, Eier und Milchprodukte garantieren nur die Schweizer Herkunft, gehen beim Tierschutz aber nicht über das gesetzliche Minimum hinaus. Enttäuschend auch der Grossverteiler Carrefour, der für sein Label Filière Qualité keine Richtlinien vorlegen konnte, die diesen Namen verdienen. KonsumentInnen können den Ratgeber „Lebensmittel Label“ beim WWF unter 044 297 21 21 oder unter service@wwf.ch gratis bestellen. (Medienmitteilung und Bild: WWF, SKS, Vier Pfoten)
Suisse Garantie ist kein Gütesiegel
Das Herkunftszeichen "Suisse Garantie" wehrt sich gegen die Abwertung: Beim Rating werde es unterlassen, darauf hinzuweisen, dass Suisse Garantie kein Produktions- sondern ein Herkunftslabel ist und als solches gar nicht in diese Zusammenstellung passt, schreibt der Landwirtschaftliche Informationsdienst LID dazu.
Das Label wurde eingeführt, um den Konsumenten eine Hilfestellung beim Einkauf von einheimischen Lebensmitteln zu geben. So müssen die Produkte zu 100 Prozent aus der Schweiz stammen und vollständig in der Schweiz verarbeitet werden, was beispielsweise bei Bio-Produkten keineswegs immer der Fall ist. Zudem müssen die Schweizer Landwirtschaftsbetriebe den – im internationalen Vergleich – hohen Standard des ökologischen Leistungsnachweises erbringen.
Die Einhaltung der Anforderungen wird mit unabhängigen Inspektionsstellen gewährleistet. "Gerade im Umfeld von immer internationaleren Agrarmärkten und sich öffnenden Grenzen ist kontrollierte Schweizer Qualität und Herkunft ein klarer Mehrwert" sagt Markus Rediger vom LID. Er bedauert, dass diesen Kriterien zu wenig Beachtung geschenkt worden ist. (Quelle: LID)
claro fair trade distanziert sich vom WWF-Rating
Auch claro fair trade distanziert
sich von dieser Herabstufung, weil der WWF seinen Kriterienkatalog im
Bereich der Umweltauflagen stark verschärft hat. claro wurde von "sehr empfehlenswert" auf
"empfehlenswert" herabgestuft, weil die Marke im Umweltbereich Lücken
aufweise. Neu sollte claro fair trade Umweltauflagen wie
Bodenschutzprogramme, Waldnutzungs- und Waldumwandlungskonzepte oder
Öko-Ausgleichsflächen vorweisen können. Diese Kriterien gehen weit
über den Auftrag einer Fair-Handelsorganisation hinaus.
"Die Kernkompetenz von claro fair trade ist der Faire Handel,
wobei wir uns auf die international anerkannten Fair Trade Standards
berufen", so Gertrud Meyer, Geschäftsleiterin claro fair trade. Heute
umfassen diese internationalen Standards des fairen Handels über 30
spezifische ökologische Minimalstandards.
Tatsache ist, dass claro
fair trade in den vergangenen Jahren ständig Verbesserungen im
Produktionsbereich erzielte. Mittlerweile werden über 60 Prozent der
claro-Produkte nach den Kriterien des biologischen Landbaus angebaut. Die naheliegende Schlussfolgerung, dass sich claro fair trade mit
dem Rating "empfehlenswert" nicht vollumfänglich an das halte, was
sie verspreche, ist irreführend.
claro ist eine Fair Trade-Marke und
kein Bio-Lebensmittellabel. claro fair trade hat sich in erster Linie
dem sozialen Gedanken verschrieben. "Es stellt sich im Zusammenhang
mit dem WWF-Rating die Frage, ob uns da nicht einfach die falschen
Fragen gestellt wurden", so Gertrud Meyer. (Medienmitteilung claro)
Max Havelaar-Gütesiegels findet Abwertung ungerecht
Die Max
Havelaar-Stiftung (Schweiz) bedauert, dass die dritte Bestnote
äusserst knapp, um einen einzigen Punkt verpasst wurde. Grund war
u.a. ein strittiges Wald-Kriterium. Die Umweltstandards der Fairtrade Labelling Organizations
International (FLO), die für das Max Havelaar-Gütesiegel massgebend
sind, wurden seit 2003 massiv ausgebaut, etwa durch das Verbot von
gentechnisch modifizierten Organismen (GVO), Vorschriften zur
Bodenfruchtbarkeit, zum Wasserverbrauch, etc.
Heute umfassen die
internationalen Standards des fairen Handels über 30 spezifische
ökologische Minimalstandards gegenüber drei sehr generellen Kriterien
im 2003. Diese umfassenden Verbesserungen widerspiegeln sich leider
nicht im Rating des WWF.
Umweltverträglich heisst nicht automatisch bio
Die internationalen Standards des fairen Handels enthalten strenge
Sozial- und Umweltkriterien sowie klare ökonomische
Entwicklungskriterien mit einer entsprechend ausgebauten
Warenflusskontrolle. Die Umweltkriterien setzen eine Produktion nach
den Massstäben der Integrierten Produktion voraus.
Aus Sicht der
Produzenten im Süden wäre eine Konzentration auf Bio-Produkte nicht
wünschenswert, da dadurch viele Bauern aus dem System ausgeschlossen
würden. Für Konsumentinnen und Konsumenten, die sowohl Wert auf Fair
Trade wie auch auf Bio legen, gibt es im Handel immer mehr Produkte,
die Max Havelaar- und bio-zertifiziert sind. Diese Produkte erhalten
im Rating des WWF das Prädikat "sehr gut". Der Anteil zertifizierter
Fair-Trade und Bio-Produkte liegt heute bei 30% (bei Lebensmitteln).
Eine Bewertung verschiedener Labels ist aus Sicht der
Konsumentinnen und Konsumenten sehr zu begrüssen. Der WWF als
Umweltorganisation setzt jedoch einen klaren Fokus auf den
Umweltaspekt, dies zeigt sich im Differenzierungsgrad der
untersuchten Kriterien. In der Trägerschaft des Ratings fehlen
anerkannte Experten aus dem Bereich der Sozialzertifizierung und der
Entwicklungszusammenarbeit. (Medienmitteilung Max Havelaar-Stiftung)
(gb)
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