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17.9.2008: nachrichten
17.9.2008
Ärger weckt Lust auf Süsses

Unsere Kost wird bestimmt durch Verfügbarkeit, Preis, Klima, Religion aber auch Lebensmittelskandale und psychologische Faktoren wie Angst oder Stress.


Am 5./6. September fand an der ETH Zürich die 12. Dreiländertagung der Schweizerischen, Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Ernährung statt (SGE, DGE, ÖGE). Zahlreiche Referenten erklärten neue Erkenntnisse über das Ernährungsverhalten.

Dr. Ingrid Kiefer von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) zeigte auf, dass Verfügbarkeit, Preis, Klima und Religion, aber auch Lebensmittelskandale und psychologische Faktoren wie Angst oder Stress eine wesentliche Rolle für die Ernährung spielen. So wurde Ärger mit einem erhöhten Konsum von fett- und zuckerreichen Snacks und einem geringeren Verzehr von Hauptmahlzeiten und Gemüse assoziiert.

Familien mit einem geringen Einkommen essen weniger Früchte und Gemüse, aber auch weniger Fisch und Vollkorngetreideprodukte, dafür mehr raffinierte Getreideprodukte, süsse Speisen, Fette und Öle. Ernährungsexperten empfehlen zwar das Essen in sozialem Rahmen, Studien weisen jedoch darauf hin, dass die Portionengrösse mit der Anzahl am Essen beteiligter Personen zunimmt.

Ernährung und Gesundheit im Alter

Der Präsident der ÖGE Prof. Dr. Ibrahim Elmadfa erklärte, wie physiologische Veränderungen im Alter den Nährstoffbedarf beeinflussen. Während die Körperfettmasse zunimmt, sinken das Körperwasser sowie die Knochen- und die Muskelmasse, wodurch der Energiebedarf abnimmt. Die Nährstoffempfehlungen für ältere Personen sind aus präventiven Überlegungen jedoch dieselben wie für jüngere Erwachsene, bei manchen Nährstoffen ist der Bedarf vermutlich sogar erhöht. Bei Senioren ist deshalb die sorgfältige Auswahl nährstoffreicher Lebensmittel besonders wichtig, um eine Unter- oder Mangelernährung zu vermeiden.

Der Präsident der DGE Prof. Dr. Peter Stehle plädierte darum für eine routinemässige Erfassung des Ernährungszustandes bei älteren Personen. Manchmal seien bis zu 70 Prozent der geriatrischen Patienten nicht optimal ernährt.

Prof. Dr. med. Reto Kressig vom Universitätsspital Basel nennt als Hauptursache für Mobilitätsverluste im Alter den degenerativen Muskelabbau (Sarkopenie). Sie kann durch regelmässige körperliche Aktivität, insbesondere durch Thai Chi oder Tanz, welche Bewegung und Kognition verbinden, günstig beeinflusst werden. Vitamin D sowie eine genügende Eiweisszufuhr seien für den gezielten Muskelaufbau wesentlich. Vitamin D sei sogar in der Lage, die Sturzrate bei älteren Menschen um bis zu 50 Prozent zu reduzieren.

Dr. med. Rainer Wirth vom deutschen St.-Marien Hospital Borken GmbH erklärte, dass Demenz meist mit einer Unterversorgung bestimmter Nährstoffe (Malnutrition) und einem Gewichtsverlust einhergehe, welche durch frühzeitige und adäquate Ernährungstherapie vermieden werden könne.

Physiologie des Genusses

Einleitend zur Tagung erläuterte Prof. Nori Geary von der ETH Zürich die physiologischen Grundlagen des Genusses. Der Geschmack wird über die Geschmacksknospen der Zunge, die Rezeptoren der Riechschleimhaut in der Nasenhöhle und Mechano- und Thermorezeptoren der Mundhöhle wahrgenommen.

Nur die positiven Bewertungen von süssem Geschmack und von „Fettgeschmack“ sowie die negativen Bewertungen von bitterem und zum Teil saurem Geschmack sind angeboren; andere Aversionen oder Präferenzen (z.B. Schärfe) sind erlernt. Prof. Thomas Hoffmann von der Technischen Universität München erläuterte, wie analytische Techniken und psychophysikalische Experimente die Geschmackstoffe von Lebensmitteln bestimmen und objektivieren können. Solche Kenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung neuer Lebensmittel.

Die Tagung wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit, dem Schweizerischen Verband dipl. Ernährungsberater/innen, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie durchgeführt. Sie zählte rund 500 Besucher aus allen drei Ländern, und die Hörsäle waren bis auf den letzten Platz besetzt. (Medienmitteilung SGE)

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