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16.9.2005: nachrichten
16.9.2005
Erfolgreiches Come-back alter Brot-Getreidesorten

Brot aus alten Getreidesorten feiert seine Wiederentdeckung: Immer mehr Leute schätzen den Geschmack von Dinkel und Emmer aus Schweizer Produktion.


Über neunzig Prozent aller Brote bestehen heute aus Weizen oder Roggen, doch die übrigen Getreidesorten sind im Aufwind. Insbesondere Brot aus den Urgetreidesorten Dinkel und Emmer ist wieder im Trend. «Die Konsumenten haben ganz einfach Lust auf etwas Neues, und dunkles Brot entwickelt momentan ganz allgemein eine grössere Nachfrage», deutet Hans Schönenberger von der Migros den Erfolg der Urgetreidebrote.

Für Peter Waespi von Coop liegt ein weiterer Grund für den Aufschwung der Urgetreidebrote im andersartigen Geschmack. Leicht nussig, bietet Dinkel-Brot eine willkommene Abwechslung zum herkömmlichen Weizen-Brot. Auch beim Emmer-Brot bringt der angenehm würzige Geschmack, der durch die längere Teigruhe entwickelt wird, eine neue Note auf den Tisch. Dadurch wird das leicht und gut bekömmliche Emmer-Brot auch länger haltbar.

Gesundheitliche Pluspunkte

Die Urgetreidesorten sind nährstoffreich. Dinkel weist einen hohen Gehalt an Kieselerde auf, der sich positiv auf Denkvermögen, Konzentration sowie Gesundheit von Haut und Haaren auswirkt. Als eines der eiweissreichsten Getreide enthält es am meisten Vitamine (A, E, B-Gruppe) und Mineralstoffe (vor allem Eisen, Magnesium und Phosphor). Nicht nur für Linienbewusste sowie Sportlerinnen und Sportler ist der hohe Ballaststoff- und Kohlenhydratgehalt von Dinkel eine ideale Nahrungsquelle. Auch der Emmer weist einen hohen Gehalt an Mineralstoffen auf. Dazu kommt der beträchtliche Anteil an Zink.

Dinkel – einst wichtigstes Brotgetreide

Vor über 3000 Jahren kam Dinkel aus Asien nach Europa und somit auch in unsere Gegend. Bis vor 100 Jahren war er das wichtigste Brotgetreide in der Schweiz. Die Mechanisierung der 30er- und 40er-Jahre trug ihren Teil zum Verschwinden des Dinkels bei, da sich bei diesem Getreide – im Gegensatz zum Weizen – keine Ertragssteigerungen erzielen liessen.

Nach dem 2. Weltkrieg geriet das bei uns auch «Spelz» oder «Chorn» genannte Getreide zu Gunsten des Weizens in Vergessenheit. Doch seit 1995 setzt sich die Interessengemeinschaft (IG) Dinkel mit dem Label «UrDinkel» erfolgreich für die Erhaltung und die Förderung von alten, nicht mit Weizen eingekreuzten Dinkelsorten wie «Oberkulmer» und «Ostro» ein.

Dank der Labels «IP-Suisse» und «BIO Suisse» ist zudem ein vom Bund anerkanntes Kontrollsystem auf allen Handelsstufen gewährleistet. So können kurze Transportwege, extensiver Anbau und reine Dinkelsorten garantiert werden. Heute wird Dinkel nicht zuletzt wegen der IG Dinkel wieder von mehr als 1000 Produzenten auf einer Fläche von 2500 Hektaren vor allem in den Kantonen Bern, Luzern und Aargau angebaut.

Emmer-Ursprung in Persien

Die Ausbreitung von Emmer nach Mitteleuropa begann 4600 vor Christus. In Westpersien aber, dem heutigen Iran, wurde Emmer, der eng mit Dinkel verwandt ist, bereits vor 10 000 Jahren angebaut und zur Herstellung von Brot und Brei verwendet. Wie der Dinkel wurde auch der Emmer während des Zweiten Weltkrieges in der Schweiz vom Weizen verdrängt.

Das Emmer-/Einkorn-Projekt (siehe Kasten) hat das fast ausgestorbene Urgetreide 1995 in der Schweiz wieder zu neuem Leben erweckt. Heute wird Emmer ausschliesslich biologisch im schaffhausischen Klettgau, im aargauischen Fricktal sowie seit 1998 auch im aargauischen Schenkenbergertal angebaut. Mit dem Label «IP-Suisse» ist auch bei der Emmer-Produktion ein eidgenössisch anerkanntes Kontrollsystem auf allen Handelsstufen garantiert.

«Dank der Rückverfolgbarkeit von Emmer – vom Lieferanten über den Verarbeiter bis hin zum Händler – wird das Vertrauen in diese Produkte gestärkt und der Kaufanreiz zusätzlich erhöht», erklärt Hans Schönenberger von der Migros.

Wegen der wertvollen Nährstoffe, des einzigartigen Geschmacks und der Schweizer Herkunft haben sich die Urgetreidebrote vom Geheimtipp zu echten Spezialitäten mit Erfolgspotenzial entwickelt. Die positive Absatzentwicklung der letzten Zeit deutet bereits auf eine viel versprechende Zukunft der Urgetreide hin.

Emmer-/Einkorn-Projekt im Klettgau

1995 begann im schaffhausischen Klettgau mit einigen Körnern und einer visionären Idee ein Emmer-/Einkorn-Projekt, das sich inzwischen zu einem zukunftsträchtigen Erfolgskonzept für den Natur- und Artenschutz entwickelt hat. Getragen wird es partnerschaftlich von der Landwirtschaftlichen Beratungszentrale Lindau, der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, der WWF-Sektion Schaffhausen und Pro Specie Rara.

Ziel des Emmer-/Einkorn-Projekts ist der Erhalt der alten Kulturpflanzen und die Förderung der Artenvielfalt im Ackerbaugebiet. Eine extensive Produktion ohne chemische Pflanzenschutzmittel, kombiniert mit ökologischen Ausgleichsflächen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Gewerbe sowie Handel, sind die Erfolgsfaktoren.

Nebst Emmer wird auch das Einkorn-Getreide gefördert, das als eines der ältesten Getreide überhaupt gilt. Einkorn ist der Vorläufer von Weizen, Dinkel und Emmer. Reste dieses Urgetreides wurden unter anderem auch bei «Ötzi» gefunden.

Sonderausstellung zu Dinkel auf dem Ballenberg

Im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums veranstaltet die IG Dinkel im Freilichtmuseum Ballenberg in Brienz BE eine spannende Sonderausstellung zum Thema «Dinkel – das Korn unserer Ahnen lebt». Bis Ende Oktober kann man dort Geschichte, Anbau, Verarbeitung sowie spannende Hintergründe zum Urgetreide entdecken. (Medienmitteilung SBI)

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