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20.3.2009: nachrichten
20.3.2009
Lidl Schweiz startet mit Folklore

Mit Alphornklängen hat Lidl in Winterthur offiziell seine ersten Filialen in der Schweiz eröffnet. Migros und Coop halten deutsche Harddiscounter hierzulande im Schach.



Mit Alphornklängen, Fahnenschwingern und Kaminfegern hat der deutsche Discounter am 19. März in Winterthur offiziell seine ersten Filialen in der Schweiz eröffnet. "Wir hoffen, dass die Schweizer uns als Alternative zum bisherigen Angebot annehmen", sagte Andreas Pohl, Chef von Lidl Schweiz, bevor die ersten Kunden in den Lidl-Laden strömten. Neben Winterthur wurden weitere zwölf Filialen eröffnet, vor allem im östlichen Teil der Schweiz.

Der Warenkorb bei Lidl sei etwa gleich teuer wie bei Aldi, erklärte Pohl gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. In den Inseraten zur Eröffnung wirbt Lidl mit Früchten und Gemüsen zu Tiefstpreisen. So gibt es 500 Gramm Erdbeeren für 1.11 Franken, Broccoli für 77 Rappen pro Kilogramm, Rüebli für 1.09 Franken und Bananen für 88 Rappen das Kilogramm.

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) stösst sich daran, dass bei den Schweizer Früchten und Gemüsen, die unter der Herkunftsbezeichnung "Suisse Garantie" verkauft werden, die Konsumenten irregeführt würden. In der Werbebroschüre "Emotion", hatte Lidl diese Produkte mit der Aussage angepriesen, dass sie "ohne den Einsatz von Chemie und Gentechnologie" produziert worden seien. "Suisse-Garantie" gebe aber lediglich Auskunft über die Herkunft, sagte SKS-Geschäftsleiterin Sara Stalder. Zudem dürften "Suisse-Garantie"-Produkte durchaus mit Hilfe von chemischen Pflanzenschutzmitteln hergestellt werden.

Irreführend sei auch die Aussage, dass die Früchte und Gemüse "gentechfrei" seien. "In der Schweiz ist die gesamte Landwirtschaft bis 2013 dazu verpflichtet, gentechfrei zu produzieren", sagte Stalder weiter. Mit diesem Etikett zu werben, sei deshalb irreführend und verstosse gegen den lauteren Wettbewerb. Die SKS will deshalb mit Lidl das Gespräch suchen. Falls Lidl die betreffenden Aussagen nicht entferne, komme die Sache vor Gericht.

Gemüseproduzenten kritisieren Dumpingpreise der Discounter

Kurz nachdem Lidl seine Tore geöffnet hat, bot die Konkurrenz ihre Ware laut dem Verband der Schweizer Gemüseproduzenten zu Verlustpreisen an. Die Preise von Aldi seien schockierend, schreibt der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) in der heutigen Mitteilung. Beispielsweise Chicorée verkaufe Aldi zu 95 Rappen pro 500 Gramm, der Selbstkostenpreis des Produzenten betrage jedoch rund 1.50 Franken. Auch Tomaten würden zu 95 Rappen pro Kilogramm verkauft, während sich der Selbstkostenpreis der Produzenten auf 1.20 Franken belaufe.

Die Analyse der Zahlen zeige laut VSGP klar, dass die Grossverteiler die Ware mit Verlust verkauften. Die Grossverteiler würden diese Verlustverkäufe durch massive und wiederholte Druckausübung auf die Produzenten finanzieren, kritisiert der VSGP. Der unlautere Wettbewerb möge nördlich des Rheins an der Tagesordnung sein, in der Schweiz sei er jedoch illegal.

Die Produzenten müssten rasch und entschieden reagieren, damit diese Fehlentwicklung nicht auch in der Schweiz Fuss fasse – nicht zuletzt darum, weil alle Schweizer Produzenten betroffen seien. Die unzumutbaren Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsplätze und die Lebensmittelsicherheit müssten abgewendet werden. Der VSGP fordert die Hard Discounter auf, ihre Preise der Realität des Marktes anzupassen.

Detailhandel: Preise und Arbeitsplätze unter Druck

Die Konsumentenpreise in der Schweiz werden durch den Markteintritt von Lidl weiterhin unter Druck bleiben. Darin war man sich an einem Podiumsgespräch des Konsumentenforums vom 18. März einig. Denner-Chef Philipp Gaydoul sagte, der Stellenabbau in der Schweizer Wirtschaft werde auch am Detailhandel nicht vorbeigehen. Nicht überall seien die Hausaufgaben erledigt und die Strukturen angepasst worden. Allerdings sei es wenig wahrscheinlich, dass die Discounter einen Marktanteil von über 40 Prozent erreichen könnten wie in Deutschland. "Dafür sind Migros und Coop zu gut aufgestellt", wird Gaydoul in einer Medienmitteilung des Konsumentenforums zu der Veranstaltung zitiert.

Werner Hug, Verwaltungsratsdelegierter des Biscuit-Herstellers Hug, sprach sich für eine schrittweise Marktöffnung aus. Das Schweizer Inseldasein sei keine Perspektive und es sei mit Preisanpassungen an das Schweizer Niveau zu rechnen. Preisüberwacher Stefan Meierhans wünschte sich Wettbewerb, Transparenz, Wissen und aufgeklärte Konsumenten.

Franziska Troesch-Schnyder versprach sich von einer Marktöfffnung sinkende Preise und eine grössere Auswahl für die Konsumenten. Andererseits müsse die Qualitätskontrolle effizienter gestaltet werden. Das Konsumentenforum fordere weiterhin, dass die zuständigen Instanzen in einem neuen Bundesamt zusammengefasst werden. (Quelle: LID)

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