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28.4.2011: nachrichten
28.4.2011
Fleischbranche leidet unter Einkaufstourismus

Fleisch erfreut sich weiterhin wachsender Beliebtheit. Aber der Einkaufstourismus aufgrund der Euroschwäche sowie der Fachkräftemangel sind grosse Sorgenkinder der Branche.



Neben der Bekanntgabe der Kennzahlen zum Geschäftsverlauf standen eine ganze Reihe weitere für die Schweizer Fleischwirtschaft zentralen Themen und Forderungen auf der Traktandenlisten der von SFF Präsident Ständerat Rolf Büttiker (Bild) geleiteten Jahresmedienkonferenz.

Das Grundnahrungsmittel Fleisch erfreut sich nach wie vor steigender Beliebtheit bei der Schweizer Bevölkerung. So steigerte sich 2010 der pro Kopf Konsum an verkaufsfertigem Fleisch um 2,3% auf 53,6 kg. Die Inlandproduktion erhöhte sich um 3,6%. Der Inlandanteil an Fleisch insgesamt durchbrach die 80% Marke. Beim Geflügel lag dieser Wert erstmals bei über 50%. In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres legte die Inlandproduktion um weitere 4,7% zu. Insgesamt zeigt sich Branche aufgrund der sehr früh gestarteten Grillsaison optimistisch für den weiteren Geschäftsverlauf im 2011.

Grosse Sorge bereiten der durch die Euroschwäche (2010: -15%) stark angekurbelte Grenztourismus. Die Abwanderung der Umsätze ins grenznahe Ausland schädigt vor allem die grenznahen Schweizer Fleischfachgeschäfte und kommt aus Sicht des Schweizer Fleisch Fachverbands SFF einer realen einseitigen Grenzöffnung gleich. Das über die Grenze abwandernde Umsatzvolumen dürfte mittlerweile die Grössenordnung von einer Milliarde Franken oder rund eines Sechstels des Detailhandelsumsatzes mit Fleisch erreichen.

In diesem Zusammenhang fordert der SFF den Bund auf, die einer „Fleischsteuer“ gleichkommenden Importabschöpfungen zugunsten der Fleischbranche massiv zu reduzieren. Diejenigen Interessenkreise, welche seit Jahren eine aggressive Abschottungspolitik betreiben, fordert der SFF auf, endlich Hand für eine einem stark exportorientierten Land angemessene konstruktive Lösungsfindung zu bieten.

Verwässert das Cassis de Dijon-Prinzip die Qualität?

Als Antwort auf die drohende Gefahr einer Aushöhlung der Qualität von Schweizer Fleischprodukten durch das einseitig eingeführte Cassis de Dijon-Prinzips hat der Verband die Ausarbeitung konkreter Qualitätsleitsätze für Fleisch und Fleischprodukte an die Hand genommen. Diese sollen die Branche in ihren Qualitätsbestrebungen konstruktiv unterstützen. Erneut unterstreicht der SFF zudem seine deutliche Ablehnung von sogenanntem Klonfleisch aus ethisch-moralischen Gründen, auch wenn der Verzehr für die Konsumenten völlig unbedenklich sei.

Wie lange können Konsumenten noch selber entscheiden, was auf den Teller kommt? Zu schaffen macht der Branche gemäss Ruedi Hadorn (Bild), Direktor des SFF, die zunehmende Bevormundung von Produzenten und Konsumenten durch eine ausufernde Lebensmittelgesetzgebung. Der seitens der Behörden gezeigte Aktivismus um die Auswahl und Ausgestaltung von gesunden Lebensmitteln verfehlt nach Auffassung des SFF klar sein Ziel.

Anstelle einer Bevormundung der Konsumentinnen und Konsumenten müsse vielmehr eine gesamtheitliche Betrachtungsweise mit ausreichend Bewegung, einer vernünftigen Nahrungsaufnahme sowie einer ausgewogenen Kost treten. Massnahmen zur Förderung der Volksgesundheit sollen dem Prinzip der Verhältnismässigkeit entsprechen und sich mit gesundem Menschenverstand umsetzen lassen.

Mangel an geeigneten Fachkräften

Ein grosses Sorgenkind der Schweizer Fleischwirtschaft ist der Mangel an geeigneten Fachkräften. Selbst in Anbetracht hervorragender Karrieremöglichkeiten bleiben jährlich Hunderte von Lehrstellen unbesetzt. Ursache dafür sind unter anderem das auf Vorurteilen beruhende Berufsimage und falsche Vorstellungen betreffend die Tätigkeiten der Fleischfachleute.

Wie gut die Karrierechancen tatsächlich sind, zeigt gemäss Elias Welti (Bild), Vizedirektor des SFF und Bildungsverantwortlicher schon allein die Tatsache, dass die CEOs der drei grössten Schweizer Fleischverarbeiter Bell AG, Micarna SA und Ernst Sutter AG ihre Berufslaufbahn mit einer Lehre als Fleischfachmann begonnen haben.

Ein sehr ernsthaftes Problem ist auch die Konkurrenz durch Universitäten und Fachhochschulen, die dank staatlicher Unterstützung eine finanziell interessante Alternative zur Meisterprüfung darstellen. Während ein dreijähriges Hochschulstudium ganze 4'000 Franken an Studiengebühren kostet, fallen für eine Weiterbildung zum Metzgermeister schnell einmal 100'000 Franken an.

Der Bund unterstützt die höhere Berufsbildung, also Berufs- und Meisterprüfungen sowie höhere Fachschulen mit rund 140 Mio. Franken pro Jahr, die Hochschulen hingegen mit 6 Mia. Franken mehr. Diese Ungleichbehandlung ist auch deshalb unverständlich, weil die Wirtschaft Metzgermeister dringend nötig hat – als Kaderleute und/oder als Unternehmer. Der Schweizer Fleisch-Fachverband fordert deshalb mit Nachdruck eine stärkere staatliche Förderung der höheren Berufsbildung sowie ein Umdenken bei Berufsberatern und Lehrerpersonen. (Text: SFF 28. April 2011)

Neuer SFF-Kommunikationsleiter

Elias Welti, stv. SFF-Direktor und Bildungssekretär wird per Anfang 2012 Leiter Kommunikation beim SFF unter Beibehaltung seiner Funktion als stv. Direktor. Diese neu geschaffene Stelle umfasst die bisherigen Funktionen des Chefredaktors von Fleisch+Feinkost sowie des Kommunikationsleiters. Ein/e noch zu rekrutierende/r Mitarbeiter/in wird ihn dabei unterstützen. Die Bildungssekretär-Stelle wird neu besetzt. Andreas Wöllner, heute F+F-Chefredaktor sowie Jacques Egli, heute Kommunikationsleiter, werden per Ende 2011 pensioniert (Infos aus F+F vom 2.2.2011). Die foodaktuell.ch-Redaktion wünscht Elias Welti heute schon einen guten Start in die neue Tätigkeit und viel Erfolg.


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