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11.5.2011: nachrichten
11.5.2011
Kritik an Import-Schweinefleisch aus Qualhaltung

Kagfreiland kritisiert Migros, Coop, Spar & Co. wegen Verkauf von Import-Schweinefleisch aus tierquälerischer Haltung und fordert Importstopp.




Ferkel unter Betäubung zu kastrieren ist in der Schweiz obligatorisch, in der EU noch nicht.


Jedes Jahr werden über 10 Mio kg ausländisches Schweinefleisch und –Produkte in die Schweiz importiert. Vor allem aus Deutschland und Italien. KAGfreiland, die schweiz. Nutztierschutz- Organisation, hat in einem deutschen Beispielbetrieb einen Film gedreht. Wer in der Schweiz seine Schweine so halten würde, müsste mit einer Gefängnisstrafe und einem Haltungsverbot rechnen.

Das meist billige Fleisch aus tierquälerischer Haltung wird vor allem in Grossverteilern und Gastromärkten verkauft und in unzähligen Restaurants aufgetischt. Auch Migros, Coop und Spar führen dieses Import-Schweinefleisch im Sortiment. Sie missachten damit ihr schriftlich formuliertes und öffentlich kommuniziertes Bekenntnis zum Tierschutz. Darüber hinaus dürfte diese Praxis einen Verstoss gegen das im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb festgeschriebene Täuschungsverbot darstellen. KAGfreiland fordert einen sofortigen Importstopp von Schweinefleisch aus tierquälerischer Haltung.

KAGfreiland hat in einem zertifizierten deutschen Standardbetrieb gefilmt. Aus solchen Betrieben stammt Schweinefleisch für den Schweizer Markt. Die Bilder sind schockierend. Dazu die KAG-Zoologin Milena Burri: «Muttersauen sind einzeln in enge Metallkäfige eingesperrt, in denen sie sich kaum bewegen können. Die Ferkel werden ohne Betäubung kastriert und der Schwanz wird abgeschnitten.» Eine solche Tierhaltung wäre in der Schweiz ein Fall für den Staatsanwalt.

Branche blieb untätig

KAGfreiland hat die Schweizer Grossverteiler, Gastromärkte und Fleischverarbeiter, die mit ausländischem Schweinefleisch geschäften, zweimal auf diese in der Schweiz verbotene Tierhaltung hingewiesen. Nichts geschah. Der Schweizer Fleischverband verweigerte gar das Gespräch. KAG-Geschäftsleiter Roman Weibel: «Die Branche weiss genau, dass hinter dem ausländischen Schweinefleisch millionenfaches Tierleid steckt. Sie nimmt das in Kauf und drückt sich um das Problem, profitiert sie doch vom billigen Importfleisch.»

Irreführung der Konsumenten

Scharf kritisiert KAGfreiland Migros, Coop und Spar. Denn mit diesen Produkten aus ausländischem, insbesondere aus deutschem Schweinefleisch, missachten sie ihre eigenen Firmengrundsätze zum Tierschutz. Coop* z.B. verspricht, dass alle tierischen Produkte aus dem Ausland den Schweizer Tierschutzstandard einhalten. Migros* behauptet, dass sie stets in Respekt zum Tier handelt. Und Spar* schreibt, dass er keine Produkte führt, die aus Tierschutzgründen bedenklich sind.

Auch Bell* und Micarna* verstossen gegen ihr Leitbild. Diese unwahren Angaben sind nicht nur ein Foul gegenüber den Konsumentinnen, sondern auch ein Verstoss gegen die Bestimmungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, das irreführende Angaben über die eigenen Waren bei Strafe verbietet.

KAGfreiland hat die Kampagne «Stopp Import-Schweinerei!» lanciert. Ein Film auf www.kagfreiland.ch zeigt, wie die Schweine in Deutschland gehalten werden. KAGfreiland fordert, dass beim Import von ausländischem Schweinefleisch und von Produkten der Schweizer Tierschutzstandard eingehalten wird. Haupt-Herkunftsländer Deutschland und Italien

Ausländisches Schweinefleisch wird als Frischfleisch (ca. 3,3 Mio kg, 90% aus Deutschland) oder als verarbeitetes Produkt (v.a. Salami, Schinken, ca. 5,5 Mio kg, 73% aus Italien) in die Schweiz eingeführt (restliche ca. 2 Mio kg unter Diverses). Importiert und verarbeitet wird es von vielen Schweizer Fleischunternehmen.

Verkauft werden das Fleisch und die Produkte in sämtlichen Grossverteilern und Gastromärkten. Das Gesetzesniveau für Schweinehaltung in Deutschland und Italien ist um einiges tiefer als das Schweizer Tierschutzgesetz.

Vergleich Schweinehaltung EU – CH

permanente Kastenstände für Muttersauen, Ferkelkastration ohne Betäubung und Schwänze abschneiden: in EU erlaubt, in der CH verboten

Transportdauer am Stück: EU 24h, CH nur 6h

Einstreu für Sauen während der Geburt: EU nein, CH Ja

Vollspaltenböden für Aufzuchtferkel: in EU erlaubt, in CH verboten

Grösse des Tierbestands: in EU unbescgränkt, in CH beschränkt

Auszüge aus Leitbild und Richtlinien ausgewählter Unternehmen

Coop {Auszug aus den Nachhaltigkeitsrichtlinien}, «Coop verkauft keine tierischen Produkte, die aus nicht artgerechter Haltung stammen oder auf tierquälerische Weise gewonnen wurden. Werden tierische Produkte aus dem Ausland bezogen, sind die schweizerischen Mindestanforderungen an Haltung und Fütterung einzuhalten.»

Migros {Vorwort von Migros-Chef Herbert Bolliger im Migros-Magazin vom 27.12.2010, S. 5} «Wir handeln stets in Respekt zu Mensch, Tier und Umwelt. Für die Migros gilt: kein Profit ohne Ethik. Tierwürde ist für uns kein Wahlfach.» {Auszug aus dem Geschäftsbericht 2009, Nachhaltiger Konsum, Tierwohl}: «Mitunter kann es vorkommen, dass einzelne Lieferanten den Tierschutz vernachlässigen. In solchen Fällen reagiert die Migros unverzüglich.»

Spar {Auszug aus den Nachhaltigkeitsrichtlinien}: «Wir führen keine Produkte im Sortiment, die aus Tierschutzgründen bedenklich sind. Sollte im Nachhinein bekannt werden, dass Tiere Qualen erleiden oder dass tierquälerische Produkte verarbeitet werden, werden diese Produkte unverzüglich aus dem Sortiment genommen.»

Micarna {Auszug aus dem Leitbild}: «Wir übernehmen Verantwortung für eine faire Tierhaltung, für eine intakte Umwelt und eine nachhaltige Landwirtschaft.»

Bell {Auszug aus den Nachhaltigkeitsrichtlinien}: «Das Unternehmen bekennt sich zur Produktion aus artgerechter Haltung und Fütterung.»

KAGfreiland über sich selbt

KAGfreiland ist eine gemeinnützige Nutztierschutz-Organisation, die sich für artgerechte Nutztierhaltung einsetzt. KAGfreiland ist zugleich das Bio-Label mit den schweizweit strengsten Richtlinien. KAGfreiland finanziert sich aus Mitgliederbeiträgen und Spenden. (Text: kagfreiland 11. Mai 2011)

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