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12.6.2013: nachrichten
12.6.2013
Saldo kritisiert Mogelpackungen

Die Lebensmittelindustrie verkauft gemäss «saldo» zuviel Luft. Übergrosse Verpackungen täuschen mehr Inhalt vor, als vorhanden ist. Das ist verboten, doch die Behörden kontrollieren nicht.



10 der 24 Mogelpackungen enthalten über 50% Luft


Für Sie gelesen im Konsummagazin «saldo»: Wer eine Schachtel der Migros-Cracker Party Aperitivo Pomodori e Olive öffnet, greift zuerst einmal ins Leere. Die Packung enthält gerade mal 45 Prozent Cracker, der Rest ist Luft. Enttäuscht sind auch Spar-Kunden, die sich auf eine volle Schachtel Kokoskugeln mit Vollmilchschokolade freuen. Denn der Luftanteil in dieser Verpackung beträgt 56 Prozent. Der Beutel mit Crispy Crunchy Carrot Chips with Paprika aus dem Jelmoli besteht sogar zu 73 Prozent aus Luft.

Das sind Resultate von Messungen des früheren Eichmeisters des Kantons Zürich, Rudolf Metzler. Er hat im Auftrag von saldo den Luftanteil von 30 Verpackungen gemessen. Die Stichproben stammen aus den Regalen von Migros, Coop, Spar, Lidl, Aldi, Globus, Jelmoli und Reformhäusern.

Resultat: In 24 der 30 eingekauften Packungen stellte der Eichmeister einen zu hohen Luftanteil fest. 13 Produkte waren sogar höchstens zur Hälfte gefüllt (siehe Tabelle). Metzler: «Laut Gesetz dürfen Verpackungen die enthaltene Warenmenge nicht verschleiern und so die Konsumenten täuschen. Zu viel Luft ist nur aus produktionstechnischen Gründen zulässig. Zum Beispiel als Schutz - etwa bei Pommes Chips».

Gesetzliche Kontrolle abgeschafft

saldo hat die Hersteller mit dem Verdikt «Mogelpackung» konfrontiert. Die Migros begründet den hohen Luftanteil bei der Cracker-Packung mit dem sonst «grösseren Bruchanteil». Gemäss Spar schütze die Verpackung «die sehr weichen Kokoskugeln vor Druckstellen». Und Dr. Oetker gibt sich trotz 52 Prozent Luftanteil beim Grundteig überzeugt, dass die Kunden die Verpackung «nicht für eine Mogelpackung halten».

Immerhin: Lidl will die Verpackungen der Lollipops und der Sackmischung überprüfen. Auch Nestle kündigt an, die Piratenschatz-Packung von ihren Spezialisten begutachten zu lassen. Möglich sei eine manuelle Befüllung. Nestle-Sprecherin Cassandra Buri: «Dies würde aber zu höheren Kosten führen.»

Laut Eichmeister Metzler hat sich «ein relativ hoher Luftanteil in den Verkaufspackungen fest etabliert». Dies diene offenbar der «Verkaufsoptimierung». Metzler: «Grosse Packungen beachten die Kunden eher als kleine.» Aus ökologischer Sicht sei diese Entwicklung «ganz klar negativ. Es braucht mehr Verpackungsressourcen, mehr Transportkapazität, da die Hälfte der Lastwagenladefläche mit Luft gefüllt ist, mehr Regalfläche im Verkaufslokal, die beheizt und beleuchtet werden muss. Und am Ende fällt auch noch mehr Abfall an.»

Das Glück der Lebensmittelindustrie: Aufgrund einer Gesetzesänderung haben die kantonalen Eichmeister seit letztem Januar keinen Auftrag mehr, Mogelpackungen aufzuspüren. Wer sich am hohen Luftanteil in einer Verpackung stört, kann sich ans Staatssekretariat für Wirtschaft in Bern wenden. Das Staatssekretariat will die betroffenen Hersteller mit den Resultaten der saldo-Stichprobe konfrontieren. Und von ihnen wissen, «wieso der Luftanteil in den Verpackungen so hoch ist».

So wurde gemessen

Der diplomierte Eichmeister Rudolf Metzler verglich für saldo bei 30 Lebensmitteln die Masse der Verpackung mit der effektiven Füllmenge. Dabei berücksichtigte er technische Sachzwänge beim Abfüllvorgang. Wenn sich die Beutel in Schachteln befanden, berücksichtigte der Eichmeister für die Messung des gesamten Luftanteils sowohl die Luft im Beutel als auch die Luft in der Schachtel.

Bei luftdichten Beuteln wie zum Beispiel Chips-Packungen arbeitete der Eichmeister mit Wasser. Zuerst drückte er den vollen Beutel in einen Wasserbehälter, um das verdrängte Volumen zu ermitteln. Die Menge des gestiegenen Wasserpegels entspricht dabei dem Volumen des vollen Beutels. Danach entnahm Rudolf Metzler dem Beutel so viel Luft, bis das Füllgut noch locker Platz hatte. Dann dichtete er den Beutel ab und drückte ihn erneut unter Wasser. Die Differenz zwischen der ersten und der zweiten Messung ergab den Volumenanteil Luft in der Packung. (Auszug aus dem Bericht im Saldo vom 12. Juni 2013. Volltext: www.saldo.ch)



In der Schweiz gibt es keine offizielle gesetzliche Definition einer Mogelpackung aber in Deutschland.



Definition der Mogelpackung in Deutschland: über 30% Luft

Mogelpackung nennt man umgangssprachlich eine Verpackung für ein Konsumprodukt, die über die wirkliche Menge oder Beschaffenheit des Inhalts hinwegtäuscht. Im übertragenen Sinn wird der Begriff für ein Angebot verwendet, hinter dem sich weniger oder anderes verbirgt, als es den Anschein hat.

Das deutsche Eichgesetz regelt in § 7 die Anforderungen an Fertigpackungen. Fertigpackungen müssen so gestaltet und befüllt sein, dass sie „keine grössere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist“. Falls doch eine grössere Füllmenge vorgetäuscht wird, kann man von einer Mogelpackung sprechen. Die Fertigpackungsverordnung enthält Einzelheiten zur Bemessung des Inhalts.

Aus Gründen des Verbraucherschutzes ist eine Verpackung nicht zulässig, wenn die Füllmenge einer undurchsichtigen Fertigverpackung von dem Fassungsvermögen des Behälters um mehr als 30% abweicht – mit anderen Worten: Wenn die Verpackung zu rund einem Drittel Luft enthält. Davon ausgenommen sind Fälle, wo die Abweichung produktbedingt oder technisch unumgänglich ist.

Im Mai 2011 untersuchten die Verbraucherzentrale Hamburg zusammen mit der Eichdirektion Nord in Hamburg 30 Produkte. Bei 23 Produkten befand sich in der Verpackung mehr als 30 % Luft. Die grössten Mogelpackungen waren Nimm 2 Lolly (90 % Luft), Fisherman’s Friend (88 %), Reiskugeln „Curry“ von Maggi (75 %), Thunfisch Steaks von Edeka (65 %), Eduscho Gala Nr. 1 Kaffee Pads (63 %), Salbei-Bonbons mit Vitamin C von Dallmann & Co (63 %), Milky Way Minis (61 %), M&M’s (61 %) und Penne mit Broccoli von Knorr (60 %).[2] Von der Eichdirektion wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. (Text: Wikipedia)

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