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Backwaren & Confiserie: Report
Backwaren & Confiserie
Brotfrische auf Umwegen über die Kälte

Die Kühlung entkoppelt Herstellprozesse, indem sie Halbfabrikate lagerfähig macht. Die Brotqualität wird dadurch zwar nicht besser, aber bei richtiger Anwendung auch nicht schlechter. Der Umweg über die Kälte bei der Brotherstellung ist das kleinste Übel, wenn man rationalisieren muss.


Mit der richtigen Temperaturkurve beim Einfrieren und Auftauen vermeidet man Qualitätsverluste. Programmierbare Apparate helfen dabei.

Bei der Brotherstellung kommen einige Probleme zusammen, die für sich allein schon Knacknüsse sind: Lebendige Hefe, viele verkoppelte Prozessschritte sowie ein Frischeanspruch, der heute in Stunden gemessen wird. Die Kältetechnik erlaubt dabei das Entkoppeln der Teiggärung vom Backen oder ein Unterbrechen des Backprozesses.

Dadurch kann man einerseits Teiglinge in Grosschargen vorproduzieren und andererseits den Backprozess an die Front verschieben. Das Ziel heisst: rationalisieren ohne Qualitätseinbusse. Aber Vorsicht bei käuflicher TK-Convenience wie Gipfel-Teiglingen: individuelle Backwaren sind im Wettbewerb mit Grossverteilern ein Vorteil, auf den man nicht verzichten sollte.

Die Bäckerei Barmettler gab ihren Dorfladen in Stans auf und beliefert heute Luxushotels und Personalrestaurants mit tiefgekühlten Teilback-Brötchen. Nebst einem Riesenangebot von fünfzig Sorten liegt der Erfolg in der Frische: Kobi Barmettler frostet zwar die Brötchen wie die Industrie sofort nach dem Backen, er liefert sie aber am gleichen Tag aus.

Wohl alle Bäckereien wenden die Kälte an. In der Schweiz überwiegt beim Ladenbacken das Verwenden von gegärten TK-Teiglingen, in Deutschland hingegen kühlfrische Teiglinge sowie das Regenerieren von fertig gebackenen Brötchen. Kälteapparate sind multifunktionell nutzbar, und die Trends gehen zu programmierbaren Apparaten, welche Abkühlen und Aufwärmen automatisieren.

Vermehrte Wärmerückgewinnung erlaubt Einsparung bei den hohen Kälte-Energiekosten. Eine neue Kälte-Anwendung ist ausserdem die Mehlkühlung: Mehl aus dem Silo wird beim Einlauf in den Kneter mit Stickstoff oder Kohendioxid gekühlt. Dadurch verzögert man die Gärung oder verhindert, dass der Teig schmierig wird beim Kneten.

Qualität oder Schadensbegrenzung?

Aber der Gärstopp kann sich auf das Brot negativ auswirken. Diese Erfahrung mag sowohl durch die kältebedingte Verlängerung des Prozesses bedingt sein wie auch durch die oft schockartige Behandlung. Wird die Gärung unterbrochen, drohen Schwächung des Triebs und Austrocknen des Teigs – doch sorgfältig durchgeführt bleiben die Feuchteverluste unter zwei Prozent.

Und um die Kältestabilität der Teiglinge zu verbessern, werden Backmittel – meist emulgatorhaltige - angeboten. Allerdings geht es auch ohne Emulgatoren. Nebst Risiken bestehen aber auch Vorteile: Verzögerte Gärung heisst auch verlängerte Gärung und somit schmackhafteres Brot. Tiefe Temperaturen bei der Teigruhe fördern die Bildung der duft-aktiven Essigsäure, höhere dagegen die Milchsäure. «Die milde Milchsäuregärung ist besser», betont Ernst Wehren, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei in Schönried und früher Ausbildungschef des Bäckermeister-Verbandes SBKV.

Frisch ist relativ

Alle Arten der Kälteanwendung sind gangbare Wege, um die Frische zu verbessern und die Arbeit zu rationalisieren. Aber wieviel Frische ist eigentlich sinnvoll? Laut Erfahrung der Bäckerei-Beratungsfirma Veripan altern Brote in der zweiten Hälfte der gesetzlichen Verkaufslimite (1 Tag) stärker als in der ersten Hälfte.

Es ist daher sinnvoll, circa alle vier Stunden ofenfrisches Brot in den Laden nachzuliefern. Warmes Brot ist zwar verkaufsfördernd, aber wichtiger ist, dass es ein Tag später noch gut schmeckt. Denn heute kaufen viele Haushalte das Brot für den nächsten Tag.

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