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Ribelmais-Poularde statt Poulet de Bresse

Bei Gourmet-Poulets denken Kenner vor allem an die französischen "Poulets de Bresse". Mit den Ribelmais-Poularden gibt es eine trendige einheimische Alternative. Die Hühner werden mit Rheintaler Ribelmais und eiweisshaltigen Leguminosen gefüttert. Die Verarbeitung findet in der Nähe oder auf dem Mast- und Zerlegebetrieb in Mörschwil (SG) statt. Die culinarium-zertifizierte Spezialität ist auch in Zürich auf dem Wochenmarkt erhältlich.



Ribelmais-Poularde auf Ribelmais-Polenta


"Konventionelles Geflügel produzieren wir schon lange in der Schweiz. Aber die wirklich teuren Geflügelprodukte werden immer noch aus Frankreich importiert", sagt Robin Geisser. Der 26-jährige ist von Beruf Geflügelzüchter und Teilhaber der Firma Geflügel Gourmet, die er mit seinen beiden Brüdern Gregory und Pascal vor drei Jahren gegründet hat. Den französischen Importen Konkurrenz zu machen war das Ziel des geschäftstüchtigen Fachmanns.

"Es kann ja nicht sein, das wir nicht auch Geflügel der Spitzenklasse anbieten können", sagt Geisser. Und: "Gourmets schätzen den exquisiten Geschmack durch den höheren intramuskulären Fettanteil und den besseren Biss". Ausserdem kommen die Poulets nicht tiefgefroren in den Handel. Produkte aus der "normalen" Geflügelmast will Geisser nicht schlecht reden. Um grosse Mengen zu produzieren, gebe es dazu keine Alternative. "Für den Bedarf der ganzen Schweiz Geflügel zu mästen in der Art, wie wir es tun, wäre unmöglich", sagt er weiter.


Die Hühnchen wachsen hier im sanktgallischen Mörschwil in etwas mehr als sieben Wochen zur Schlachtreife heran. Es ist eine langsam wachsende Hühnerrasse, die in kleinen Herden auf Wiesen gehalten und mit einer Mischung aus (mehrheitlich) Rheintaler Ribelmais und eiweisshaltigen Leguminosen gefüttert werden. Die Verarbeitung findet in der Nähe oder auf dem Mast- und Zerlegebetrieb in Mörschwil (SG) statt.


Während seiner Ausbildung arbeitete Geisser ein Jahr lang in einem riesigen Zuchtbetrieb in der Bretagne. Frankreich ist ein Land der Gourmets, das "Poulet de Bresse" aus der gleichnamigen Region im Nordosten von Lyon ist berühmt. Im Unterschied zur konventionellen Geflügelmast, die schnell wachsende Hybrid-Rassen einsetzt, haben sich die Geissers für eine französische Mast-Rasse entschieden, die wegen der extensiveren Fütterung langsamer wächst, aber besseres Fleisch produziert.

Teures Futter, sicherer Absatz

"Die Idee, Hühner mit Ribelmais zu füttern, kam vom Verein Culinarium", sagt Robin Geisser bescheiden. "Wir machten parallel Versuche mit Futtermischungen und Rassen." An der Gastronomiefachschule in St. Gallen wurden schliesslich unter der Leitung eines Fachlehrers Kostproben von Poulets verglichen. Der sensorische Test bei angehenden Spitzenköchen war entscheidend für den definitiven Start in die Mast mit der neuen Rasse. Denn die Fütterung von Ribelmais-Poularden ist wesentlich teurer als die Verwendung von konventionellem Futter.


Gutes Futter und viel Auslauf: Robin Geisser, Teilnehmer beim Regio-Programm «Culinarium Ostschweiz» mit einem seiner Gourmet-Hühner.


Geisser rechnet vor: "Drei Viertel der Produktionskosten bei der Hühnermast sind Futterkosten. Der Ribelmais als Futter kostet uns rund 120 Franken pro 100 Kilogramm, das ist ein Drittel mehr als konventionelles Mastfutter." Die schnell flügge gewordene Geschäftsidee mit den Gourmethühnern aus Mörschwil gibt den wenigen Getreidebauern ebenfalls Anreiz, die alte Rheintaler Maissorte weiterhin anzupflanzen. Denn von den jährlich 100 Tonnen geerntetem Ribelmais werden 30 Tonnen für die Futtermischung der Geflügelfarm eingesetzt.

Mund-zu-Mund-Propaganda bei Gastronomen

"Culinarium machte eine Superwerbekampagne mit Radio-Spots und Inseraten", erinnert sich Robin an den fulminanten Start vor drei Jahren. "Mittlerweile sind wir aber auch über die Ostschweiz hinaus bekannt". Das Zielpublikum seien weniger die Privathaushalte als die Gastronomie. Die Mund-zu-Mund-Propaganda tut ihr übriges dazu, dass die Nachfrage nach den Ribelmais-Poularden stets höher ist als das aktuelle Angebot.



Die culinarium-zertifizierten Ribelmais-Poularden sind auch in Zürich auf dem Wochenmarkt erhältlich.

Inzwischen ist die Spezialität auch im Sortiment eines Basler Fachhändlers zu haben, wo auch Spitzenköche ihren Bedarf nach Fleischspezialitäten decken. Auch in Zürich ist das Gourmetfedervieh auf zwei Wochenmärkten zu haben – für Privatgourmets und Gastrokritiker, wie Robin Geisser sagt. "Und für Kunden, die schätzen, dass es in Sachen Geflügel eine weit breitere Auswahl gibt als beim Grossverteiler", präzisiert Hanna Trasmundi-Fiechter, die zusammen mit ihren zwei Schwestern als Marktfahrerin auch die Ostschweizer Geflügeldelikatesse im Sortiment führt.

Neue Nischen im Visier

Bereits investiert die Geflügel Gourmet, eine Aktiengesellschaft, in den Bau eines eigenen Schlachtbetriebs. Und die Geissers haben noch weitere Projekte. "Die Ribelmais-Poularde war der Türöffner für unser Business. Das schuf uns einen guten Ruf bei unseren Abnehmern", so Robin Geisser.

Ihm ist nicht entgangen, dass es einen Markt gibt für naturnah gehaltene Gänse. Diesen Sommer weiden nämlich das erste Mal Gänse auf einer Alp oberhalb des Rheintals. Die artgerecht gehaltenen Tiere, die ihre Sommerfrische an einem Höhenkurort verbracht haben, werden zur Weihnachtszeit dann als "Swiss Alpgans"-Delikatesse auf Schweizer Tafeln aufgetischt. Robin Geisser hat damit schon weitere Pläne: "Wir stellen uns vor, dieses Produkt auch in Deutschland verkaufen zu können."
(Text und einige Bilder: LID / Manuel Fischer)


Ribelmais: von Arme-Leute-Kost zum edlen Trendprodukt

Der "Ribel" war lange Zeit das Hauptnahrungsmittel der Rheintaler Bevölkerung. Mit der Modernisierung der Ernährung wäre diese Kulturpflanze beinahe unwiederbringlich verschwunden. Der Verein "Rheintaler Ribelmais", ein Zusammenschluss von Produzenten, Verarbeitern und Gastronomen, hat sich dieser regionalen Spezialität angenommen und ist interessiert, die Wertschöpfung aus der alten Getreidesorte zu fördern. Ausserdem wacht der Verein über die seit 2000 verliehene geschützte Ursprungsbezeichnung (GUB/AOC). Nebst gemahlenem Rheintaler Ribelmais zu Kochzwecken gibt es inzwischen auch Teigwaren und Bier aus der alten Maissorte.

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