Food aktuell
5.1.2007: nachrichten
5.1.2007
Werbeverbot für Selbstverständlichkeit gelockert?

Das Bundesgericht widerspricht in einem spezifischen Fall dem LGV-Täuschungsartikel: Süssmost-Werbung «ohne Zuckerzusatz» sei erlaubt, obwohl Zuckerzusatz dort verboten ist.



Das Schweizer Bundesgericht hat festgehalten, dass es nicht verboten sei, für etwas zu werben, das selbstverständlich und gesetzlich vorgeschrieben sei. Konkret ging es um den Hinweis «ohne Zuckerzusatz» auf der Etikette von Ramseier-Süssmost.

Das Kantonale Laboratorium Luzern hatte 2005 einen solchen Hinweis beanstandet und von der Herstellerfirma eine Anpassung verlangt. Die Behörde begründete dies damit, dass die Zuckerung von Apfelsaft von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht erlaubt sei.

Das Luzerner Verwaltungsgericht hob diesen Entscheid später auf. Zu Recht, wie nun das Bundesgericht auf Beschwerde des Eidg. Departement des Innern (EDI) bestätigt hat. Laut dem Urteil vergrössert der Hinweis «ohne Zuckerzusatz» zwar die Gefahr, dass der Konsument über das absolute Zuckerungsverbot beim Apfelsaft getäuscht werden könnte. Aber entscheidend sei das legitime Informationsbedürfnis des Käufers, der die detaillierten Vorschriften des Lebensmittelrechts nicht kenne.

Die Aufschrift «ohne Zuckerzusatz» erlaube ihm die Abgrenzung eines ungezuckerten Fruchtsaftes von Fruchtsäften und -getränken, bei denen Zuckerung zulässig sei. Der Hinweis könne gerade auch für Diabetiker sehr wichtig sein. Zudem seien in der EU im Gegensatz zur Schweiz Zuckerzugaben beim Apfelsaft nicht ganz ausgeschlossen. (Quelle: Kleinreport)

Michael Beer vom Bundesamt für Gesundheit BAG kommentiert den Bundesgerichtsentscheid auf Anfrage von foodaktuell:

«Dieser Entscheid zeigt, dass das Bundesgericht dem Informationebedürfnis der Konsumenten eine hohe Priorität gibt. Er gilt für diesen spezifischen Fall von Süssmost und weicht den Täuschungsartikel nicht auf. So können zwar andere Mostereien für Süssmost dieselbe Werbeaussage machen, ohne dass die kantonalen Labors intervenieren. Aber nach wie vor ist der Hinweis auf eine Selbstverständlichkeit unzulässig wie etwa «cholesterinfreie Kokosmilch». Bei ähnlichen oder andern Produkten müsste wieder ein Richter entscheiden, ob eine Beanstandung berechtigt ist oder nicht».

Auszug aus der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenstände-Verordnung LGV Art. 10: Täuschungsverbot

Für Lebensmittel verwendete Bezeichnungen, Angaben, Abbildungen, Umhüllungen, Verpackungen, Umhüllungs- und Verpackungsaufschriften, die Arten der Aufmachung und die Anpreisungen müssen den Tatsachen entsprechen beziehungsweise dürfen nicht zur Täuschung namentlich über Natur, Herkunft, Herstellung, Produktionsart, Zusammensetzung, Inhalt und Haltbarkeit der betreffenden Lebensmittel Anlass geben.

Verboten sind insbesondere:

a. Angaben über Wirkungen oder Eigenschaften eines Lebensmittels, die dieses nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft gar nicht besitzt oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind;

b. Angaben, mit denen zu verstehen gegeben wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften aufweisen; erlaubt sind Hinweise auf: 1. die für eine Lebensmittelgruppe geltenden Vorschriften (z. B. betreffend umweltgerechter Produktion, artgerechter Tierhaltung oder Lebensmittelsicherheit), 2. Eigenschaften, welche die einer bestimmten Lebensmittelgruppe zuge- hörenden Produkte aufweisen;

c. Hinweise irgendwelcher Art, die einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit oder als Schlankheitsmittel zuschreiben oder die den Eindruck entstehen lassen, dass solche Eigenschaften vorhanden sind; erlaubt sind Hinweise auf die Wirkung von Zusätzen essenzieller oder ernährungsphysiologisch nützlicher Stoffe zu Lebensmitteln aus Gründen der Volksgesundheit (Art. 18);

d. Aufmachungen irgendwelcher Art, die einem Lebensmittel den Anschein eines Heilmittels geben;

e. Angaben, welche darauf schliessen lassen, dass ein Lebensmittel einen Wert hat, welcher über seiner tatsächlichen Beschaffenheit liegt;

f. Angaben oder Aufmachungen irgendwelcher Art, die zu Verwechslungen mit Bezeichnungen führen können, die nach der GUB/GGA-Verordnung vom 28. Mai 1997, nach einer analogen kantonalen Gesetzgebung oder nach einem völkerrechtlichen Vertrag mit der Schweiz geschützt sind;

g. bei alkoholischen Getränken: Angaben, die sich in irgendeiner Weise auf die Gesundheit beziehen;

h. bei bewilligungspflichtigen Produkten: Hinweise mit Werbecharakter auf die durch das BAG erteilte Bewilligung.

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