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15.1.2007: nachrichten
15.1.2007
Acrylamid sinkt oder steigt je nach Produktart

In den vergangenen Jahren sank die Acrylamidbelastung in Deutschland bei Kaffee, Knäckebrot und Zwieback, stieg aber bei Mürbteig-Backwaren, Lebkuchen und Frites.




Acrylamidgehalte variieren in Fertigprodukten immer noch stark. Bei Halbfabrikaten hängen sie auch von der Zubereitung ab und können daher ebenfalls stark variieren.


Röstkaffee und Kaffeeersatz enthalten gemäss dem deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVL gegenüber dem Vorjahr deutlich weniger Acrylamid. Auch bei Knäckebrot, Spekulatius sowie Zwieback und Keksen für Säuglinge und Kleinkinder gelang der Lebensmittelindustrie und dem Handwerk eine Reduzierung. Dagegen hat sich die Acrylamidbelastung im Vergleich zu 2004/2005 erhöht bei feinen Backwaren aus Mürbeteig, Dauerbackwaren für Diabetiker sowie bei Lebkuchen und fertig zubereiteten Pommes frites.

Bei Lebkuchen, Kartoffelchips und Kartoffelpuffern konnte seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2002 keine Herabsetzung des Signalwerts erreicht werden. Dies sind Ergebnisse einer Auswertung von rund 1500 von den Bundesländern übermittelten Datensätzen des Berichtszeitraums 2005/2006, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kürzlich in Bonn vorgestellt hat.

Die regelmässig erhobenen Daten dienen seit 2002 zur Berechnung von Signalwerten für definierte Warengruppen, auf deren Grundlage die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung der Länder mit den Herstellern besonders hoch belasteter Produkte in einen Dialog zur Reduzierung der Acrylamidbelastung treten sollen. In der aktuell vorgelegten Sechsten Berechnung konnten die Acrylamid-Signalwerte in sechs von dreizehn Warengruppen weiter abgesenkt werden.

Allerdings erhöhten sich in vier Warengruppen die durchschnittlich festgestellten Acrylamidwerte gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere in diesen Warengruppen muss die Lebensmittelwirtschaft ihre Anstrengungen zur Minimierung von Acrylamid deutlich verstärken. Vielfach finden sich weitgehend gleichartige Produkte auf dem Markt, deren Acrylamidbelastung jedoch auf Grund von Unterschieden in der Rezeptur oder Herstellung stark variiert.

Dies weist darauf hin, dass die bisher in Wirtschaft und Forschung gewonnenen Erkenntnisse zur Acrylamidreduzierung noch nachhaltiger als bisher in der Praxis der Herstellung und Zubereitung von Lebensmitteln durchgesetzt werden müssen.

Grundsätzlich problematisch sind die starken Unterschiede in der Anzahl der von den Bundesländern gemeldeten Datensätze pro Warengruppe. Während in diesem Jahr für Lebkuchen 538 Datensätze übermittelt wurden, waren es für Frühstückscerealien lediglich zwei, sodass für diese Warengruppe kein neuer Signalwert berechnet werden konnte. Vor dem Hintergrund des Mitte 2007 beginnenden EU-Acrylamid-Monitorings mit einer festgelegten Probenverteilung für die Mitgliedstaaten erscheint eine bundesweite Koordination der Probenahme geboten.

Minimierungskonzept für Acrylamid

Von der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer werden Lebensmittel auf Acrylamid untersucht und die Ergebnisse an das BVL gemeldet. Das BVL berechnet aus den übermittelten Daten einmal jährlich den Signalwert und prüft die eingehenden Daten regelmässig auf Überschreitung des aktuell gültigen Signalwertes.

Im Falle einer Überschreitung informiert das BVL die Lebensmittelüberwachungsbehörde des Bundeslandes, in dem der Hersteller des betreffenden Produktes ansässig ist. Die Landesbehörde nimmt dann Kontakt mit dem Hersteller auf und führt mit ihm den so genannten Minimierungsdialog, in dem mit dem Hersteller Massnahmen zur Reduzierung des Acrylamidgehalts seines Produktes erarbeitet werden.

Die Summe der Minimierungsdialoge und die daraus resultierenden Minimierungsmassnahmen zur Absenkung des Acrylamidgehalts in den entsprechenden Warengruppen sollen dann zu einem niedrigeren Signalwert im darauf folgenden Jahr führen. Insgesamt erfolgt auf diese Weise eine kontinuierliche Verminderung der Acrylamidgehalte in den betroffenen Lebensmitteln.

Jeweils für eine Warengruppe wird ein Signalwert berechnet. Er ist definiert als der niedrigste Wert derjenigen zehn Prozent an Lebensmitteln, welche die höchsten Acrylamidgehalte aufweisen. Darüber hinaus muss er bestimmte Bedingungen erfüllen. So muss es sich bei dem Signalwert um einen real existierenden Wert handeln. Dieser Wert darf maximal 1000 Mikrogramm je Kilogramm Lebensmittel betragen und darf nicht ansteigen.

Was ist Acrylamid und wie entsteht es?

Schwedische Wissenschaftler berichteten im April 2002 über den Nachweis von Acrylamid in einer Vielzahl von Lebensmitteln. Die Substanz entsteht bei der Herstellung und Zubereitung von Lebensmitteln im gewerblichen und häuslichen Bereich. Voraussetzung für das Entstehen von Acrylamid ist das Vorhandensein von reduzierenden Zuckern (Glucose, Fructose) und der Aminosäure Asparagin im Lebensmittel. Diese Bausteine befinden sich insbesondere in Getreide und in Kartoffeln.

Damit Acrylamid entsteht, müssen diese Bausteine miteinander reagieren. Acrylamid entsteht insbesondere bei Erhitzung über 120 Grad Celsius wie beim Rösten und Frittieren. Die Bildung ist abhängig von der Erhitzungsdauer sowie vom Wassergehalt des Lebensmittels. Ob Acrylamid auch aus anderen Bestandteilen von Lebensmitteln gebildet werden kann, ist zurzeit noch nicht zu beantworten.

Aufgrund der vielen Einflussfaktoren lässt sich die Höhe der Bildung von Acrylamid bislang schwer voraussagen. Im Rahmen von Forschungsarbeiten versucht man Einflüsse, welche beispielsweise durch Rohstoffe oder technologisch bedingt sind, zu klären. Einige wichtige Hinweise konnten bereits aus Versuchen gewonnen werden. Ziel ist es, Prozess- und Zubereitungstechniken zu entwickeln, die zu einer geringeren Bildung von Acrylamid in Lebensmitteln führen.

Acrylamid wirkt im Tierversuch Krebs erzeugend und Erbgut verändernd. Für die Krebs erzeugende Wirkung wird ein genotoxischer Mechanismus angenommen. Die bisher unzureichende Datenlage lässt jedoch eine abschliessende Risikobewertung zum Gefährdungspotenzial von Acrylamid beim Menschen nicht zu. Eine Grenzwertfestsetzung ist daher zurzeit weder toxikologisch begründbar noch technologisch umsetzbar.

Eine wirksame Strategie zum Schutz der Verbraucher liegt deshalb darin, unabhängig von der gesundheitlichen Bewertung der Acrylamidgehalte einen Prozess zur schnellen und möglichst vollständigen Vermeidung von Acrylamid bei der Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln durchzuführen. Das Ziel einer stufenweisen Absenkung der Acrylamidgehalte wird mit Hilfe des dynamischen Minimierungskonzepts verfolgt: Etwa 12.000 Untersuchungsergebnisse, die vorwiegend aus der Lebensmittelüberwachung der Länder stammen, wurden bislang vom BVL ausgewertet (Stand 18.12.2006). (Quelle: BVL)

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