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Gastronomie: Report
Gastronomie
Insekten auf die Speisekarte?

Insekten als Lebensmittel sind und bleiben verboten in der Schweiz. Die Befürworter haben zwar gute Argumente als Alternative zum problematisch hohen Fleischkonsum. Aber ob Familie Schweizer auf Hackfleisch verzichtet und dafür Bolognese mit Mehlwürmern zubereitet, darf bezweifelt werden.



Fritierte Heuschrecken haben angeblich ein süssliches Aroma. Grillierte Grillen und caramelisierte Mehlwürmer schmecken gut, wenn man den Ekel überwinden kann. Sie sind reich an Protein aber auch an Chitin, einem schwer verdaulichen Ballaststoff, der auch in Pilzen reichlich vorkommt.


Der Bundesrat findet es derzeit als unmöglich, gewisse Insekten als Lebensmittel zuzulassen. Deren gesundheitliche Unbedenklichkeit sei nicht erwiesen. Um Insekten als Lebensmittel umschreiben zu können, sei der Beleg nötig, dass sie bei üblichem Gebrauch die Gesundheit nicht gefährden, schreibt er in seiner Antwort auf eine Interpellation von Nationalrätin Isabelle Chevalley.

Bis heute würden jedoch verlässliche Daten fehlen, die zeigen, dass die Insekten keine giftigen Substanzen enthalten, die bei erhöhtem Konsum die Gesundheit gefährden könnten. Auch gebe es keine verlässlichen Daten, ob Insekten allergisch wirken oder Krankheiten auf den Menschen übertragen könnten.

Aus diesen Gründen sei es noch nicht möglich, über eine Verordnungsänderung die Abgabe von bestimmten Insektenarten als Lebensmittel zu ermöglichen, so die Regierung. Laut Bundesrat ist bisher aber auch noch nie ein vollständiges Bewilligungsgesuch eingegangen. Zudem hält der Bundesrat fest, dass der Konsum von selbst gefangenen oder gezüchteten Insekten erlaubt ist. (LID 18.2.2014)

Insekten als alternative Proteinquelle

(aid) - "Ungewöhnlicher als Insekten zu essen ist, keine Insekten zu essen." Diese Schlussfolgerung zog Kolja Knof, Ingenieur am Technologie Transfer Zentrum (ttz) Bremerhaven bei der vom Niedersächsischen Kompetenzzentrum Ernährungswirtschaft (NieKE) in Osnabrück veranstalteten Fachtag "Eiweissstrategie - Potenziale einheimischer Rohstoffe als Proteinquellen für Mensch und Tier".

In ca. 80 Prozent aller Länder der Erde stehen zusammen mehr als 1700 Insekten auf dem Speiseplan. Europa und ein Teil Nordamerikas bilden die Ausnahme. Hier liegen die wenigen Staaten, in denen kulturelle Prägung der Bevölkerungsmehrheit, Insekten auf dem Speiseplan nahezu unmöglich macht. "Es wird sich nicht in ein oder zwei Generationen darstellen lassen, Insekten als Mahlzeit zu etablieren", prognostiziert Knof für Europa. Dabei liefern Insekten tierisches Protein, das in seinen Aminosäuregehalten mit Rindfleisch mithalten kann.

Wo es Rind und Co. deutlich überlegen ist, sind einige Umweltschutzaspekte: Während ein Rind ca. 6 Kilo Pflanzenprotein verdauen muss, um daraus ein Kilo tierisches Protein zu bilden, setzen Insekten ihre Nahrung deutlich wirtschaftlicher um: Sie benötigen nur zwischen einem und anderthalb Kilo Protein im Futter, um ein Kilo Insektenprotein zu erzeugen.

Und bis zum verzehrfertigen Tier - sei es ausgewachsen oder in einem Larvenstadium - brauchen viele Insekten nur zwei bis vier Wochen. Obendrein sind Insekten, wie sie in anderen Ländern regelmässig auf dem Speiseplan stehen, nicht wählerisch bei dem, was sie fressen, haben minimale Ansprüche an ihre Lebensumgebung - nur frostfrei sollte es sein.

Ein Schwachpunkt ist bisher die Lebensmittelsicherheit: Insekten können mögliche Allergene enthalten und es gibt Arten, die über ihre Nahrung Toxine aufnehmen und einlagern und solche, die selbst Giftstoffe herstellen. Das ist auf die menschliche Ernährung bezogen noch weitgehend unerforscht. Insekten dienen ausserdem als Vektoren verschiedener Krankheitserreger, die sie übertragen können.

Dieses bei Wildsammlungen bestehende Risiko müsste in Zuchtfarmen ausgeschlossen werden. Dann könnten in Farmen gezogene Insekten bei kleinem Flächen- und Ressourcenverbrauch in kurzer Zeit grosse Proteinmengen bilden. Doch Knof gab zu bedenken: "Grillen sind nicht leise. Das mag lustig klingen, aber ab einer gewissen Grösse geht von so einer Farm eine deutliche Lärmbelästigung aus."



Heuschrecken sind proteinreich und kalorienarm, eine artgerechte Haltung ist auf kleinstem Raum möglich. Aber der Genuss- und Prestigewert lässt sich mit Fleisch nicht vergleichen. Auch nicht mit Krebsen, die als Delikatesse gelten, und obwohl sie ebenfalls zum Stamm der Gliederfüsser gehören wie Insekten.


Etwa 1000 Insektenarten gelten als essbar. Für etwa 2,5 Milliarden Menschen vor allem in den Regionen, wo Fleisch und Fisch knapp sind, gehören sie bereits zur täglichen Nahrung dazu, und das sei den UN-Ernährungsexperten zufolge sehr gesund. Denn die meisten Insekten sind eine gute Proteinquelle.

100 Gramm kleine Heuschrecken zum Beispiel liefern 20,6 Gramm Eiweiss, 35,2 Milligramm Kalzium und 5 Milligramm Eisen sowie die Vitamine B1 und B2 und Niacin. In der gleichen Menge Poulet stecken dagegen nur 15 Gramm Eiweiss, 8 Milligramm Kalzium und 0,7 Milligramm Eisen. Deshalb hält die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) es für unbedenklich, Insekten zu essen. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war es in Europa nichts besonderes, Heuschrecken und andere Insekten zu essen.

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