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13.8.2007: nachrichten
13.8.2007
Schweizer Grosslochkäser im Offside

Obschon immer weniger Emmentalerkäse produziert wird, gibt es zuviel davon. Jetzt wollen die Grosslochkäser auf Emmentalerproduktion umsteigen, weil Emmi sie nicht mehr will.



Die Zukunft der Produzenten von Switzerland Swiss sieht nicht rosig aus. Der Milchverarbeiter Emmi will seinen fünf Lieferanten den Grosslochkäse – die eckige Variante des Emmentalers, die nicht nach den AOC-Richtlinien hergestellt wird – künftig nicht mehr abnehmen. Der Grund: Im letzten Sommer hat Emmi seinen Produktionsstandort in Landquart GR ausgebaut und will mittelfristig selber Grosslochkäse produzieren.

„Wir versprechen uns gewisse Preisvorteile”, erklärt Emmi-Sprecherin Ruth Stadelmann den Entscheid. Es sei effizienter, nur an einem Standort Grosslochkäse herzustellen, als sich von fünf verschiedenen gewerblichen Käsern beliefern zu lassen. Emmis Vorgehen wundert Anton Schmutz, Direktor des Käserverbandes Fromarte, nicht. „Emmi hat die gewerblichen Käsereien am Anfang gebraucht, um den Markt für Grosslochkäse aufzubauen”, sagt er. Jetzt, wo der Markt bestehe, wolle Emmi die Lieferanten wieder abschieben.

Käser sind nicht willkommen

Auf einen genauen Zeitpunkt für den Abnahmestopp will sich Emmi nicht festlegen. Aber die betroffenen Grosslochkäser suchen bereits jetzt nach Alternativen. Die naheliegendste wäre der Umstieg auf die Produktion von rundem Emmentaler AOC. Doch auch bei der Sortenorganisation Emmentaler Switzerland (ES), zu der sich die meisten Emmentaler-Käser, -Milchproduzenten und -Händler zusammengeschlossen haben, werden sie nicht mit offenen Armen empfangen.

Die Emmentalerlager sind bis oben gefüllt, ein Teil des Käses kann nicht abgesetzt werden. 2006 wurden rund 33‘500 Tonnen Emmentalerkäse produziert. Um die Lager abzubauen, hat die Sortenorganisation die Jahresproduktion von Emmentaler AOC im letzten Frühling auf 32‘000 Tonnen reduziert. Für die Emmentalerkäser heisst dies, dass sie ihre Produktionskapazitäten derzeit nicht voll auslasten können. Auch in Zukunft ist nicht mit einer Besserung zu rechnen.

„Unser Ziel ist es, den heutigen Lagerbestand von 8‘000 auf 6‘000 Tonnen zu reduzieren”, sagt Christoph Räz, selber Käser in Detligen BE und Mitglied der Interessensgemeinschaft Emmentaler. Kein Wunder also, sind die Grosslochkäser bei den Emmentalerkäsern nicht willkommen. Denn würden zusätzlich zu den Emmentalerkäsern auch noch die Grosslochkäser Emmentaler AOC produzieren, würde laut Räz die Produktionsmenge von Emmentaler AOC um 3‘000 auf 35‘000 Tonnen pro Jahr steigen.

Wenn nicht mit, dann neben den Emmentalerkäsern

Die Grosslochkäser sind also nirgends erwünscht: Emmi will sie abschieben, die ES will sie nicht aufnehmen. Die betroffenen Grosslochkäser verstehen zwar, dass sie bei den Emmentalerkäsern nicht willkommen sind, da letztere selbst schon zu viel Käse produzieren. Dennoch sehen sie keine andere Möglichkeit, als auf die Produktion von Emmentaler AOC umzusteigen. Einer der betroffenen Grosslochkäser ist Fredy Beer aus Eggethof TG. Beer produziert derzeit jährlich 400 Tonnen Grosslochkäse, die er derzeit noch an Emmi liefert. Er hat im letzten Jahr 250‘000 Franken in seine Käserei investiert, um Emmentaler AOC produzieren zu können.

Grosslochkäse Switzerland Swiss

Grosslochkäse ist der viereckige Bruder des runden Emmentaler AOC, er ist auch bekannt unter dem Namen Switzerland Swiss. Der grösste Anteil wird exportiert, der Rest zu Schmelzware wie beispielsweise Fondue verarbeitet. Grosslochkäse muss nicht die Bedingungen des AOC-Pflichtenhefts erfüllen. Während Emmentaler AOC aus Rohmilch hergestellt wird, wird die Milch für Switzerland Swiss mit Hitze behandelt. Die Milch für Emmentaler AOC muss auf einem Betrieb hergestellt werden, der sich im Umkreis von 50 Kilometern der Käserei befindet.

Auch Grosslochkäser Guido Eberle aus Bonau TG liefert seinen Grosslochkäse noch an Emmi, will aber auf die Produktion von Emmentaler AOC umsteigen. Werden sie nicht in die Sortenorganisation ES aufgenommen, gäbe es für die Käser nur eine Alternative. „Ich müsste wohl oder übel meinen Emmentaler AOC ausserhalb der Sortenorganisation produzieren”, sagt Guido Eberle.

Käufer wären vorhanden. „Es ist alles eine Frage des Preises”, weiss Beer. Würden die Käser ausserhalb der Sortenorganisation ihren Käse billiger verkaufen, würde der gesamte Emmentaler AOC-Markt unter Preisdruck geraten. Die Produktion ausserhalb der Sortenorganisation sehen aber beide Käser als Notlösung.

Sortenorganisation ist in der Zwickmühle

ES ist in der Zwickmühle. Nimmt sie die Grosslochkäser auf, könnten die derzeitigen Mitglieder noch weniger Emmentalerkäse produzieren als jetzt. Lehnt ES die Gesuche ab, produzieren die Grosslochkäser ihren Emmentaler AOC trotzdem – beide Lösungen schaden der Sortenorganisation, weil so oder so mehr Emmentaler AOC auf den Markt gelangen und auf den Preis drücken würde.

Derzeit steht fest: In die Sortenorganisation aufnehmen will man die Grosslochkäser vorerst nicht. „Solange die Produzenten von Emmentaler AOC nicht voll produzieren können, ist die Umstellung von Grosslochkäse auf Emmentaler AOC schwierig umzusetzen”, sagt ES-Geschäftsführer Arthur Fasel. (Quelle LID, Helene Soltermann)

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