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19.8.2007: nachrichten
19.8.2007
Molekularköche - die neuen Alchemisten

Heute in der Sonntagszeitung: Die Junioren der Kochnationalmannschaft zeigen, wie spannend die Molekularküche ist. Sie haben drei Rezepte für Einsteiger kreiert



Heute in der Sonntagszeitung: Hinter dem irritierenden Begriff molekular, der eher an Chemie und physikalischen Formelsalat denken lässt als an Gaumenfreuden und Aromaorgien, verbirgt sich eine riesige Bandbreite an kochtechnischen Möglichkeiten, die noch lange nicht ausgereizt ist. Wie in der Alchemie lassen sich mit Hilfe von Pulvern die Texturen der Speisen verändern und bisherige Grenzen sprengen: Eis wird heiss, Suppe fest, der Aperitif als Drop auf dem Löffel gereicht, was zu völlig neuen Geschmackserlebnissen führt. Wenn dem Koch die Mittel der molekularen Küche dazu verhelfen – weshalb sollte er sie nicht nutzen?

Um die neue Gastronomie und ihr Spektrum zu verstehen, sollte man sich nicht an Köchen orientieren, die glauben, eine kommune Rahmsauce, im Espuma-Bläser munter aufgeschäumt, avanciere bereits zum molekularen Ereignis. Das ist reine Schaumschlägerei. Besser ist, bei den grossen Protagonisten einzukehren, bei Ferran Adrià im Restaurant El Bulli in ein Kokos-Ei zu piksen, bei Juan Amador im deutschen Langen Birne Helene am Stiel zu versuchen oder bei Denis Martin in Vevey auf Campari-Kaviar zu beissen.

Nur so wird verständlich, weshalb die «fünf Hauben des Schweizer Kochverbandes», auch Junioren-Kochnationalmannschaft genannt, diese Kaviar-Kügelchen «so super» finden. Das erfolgreiche Koch-Team – es ist letzten November in Luxemburg Weltmeister geworden – hat sich in den vergangenen Wochen mit den Mitteln des molekularen Kochens befasst und wird diese Erfahrungen bei der nächsten Kocholympiade in Erfurt einfliessen lassen.

Molekularküche hat sich «unglaublich schnell verbreitet», so Ralf Bos, Initiator des «Kompetenzzentrums für Molekularküche» in Deutschland. Die Nachahmer von Adrià breiten sich aus wie Buschfeuer. Überall, auch in der Schweiz, wird geschäumt und geliert, mit Kalkpulver gekugelt und mit Stickstoff vernebelt, als gelte es, die Suppe nicht zu servieren, sondern verschwinden zu lassen. Dabei sind effekthascherische Gags mit Vorsicht zu geniessen. Vor allem wenn sie nicht mehr als dieselben bieten.

Poulet-Kaviar aus dem Menüplan gekippt

Dass nicht jeder Versuch, sich molekularer Kochmethoden zu bedienen, zu einem befriedigenden Ergebnis führt, haben auch die handwerklich sattelfesten Junioren der Kochnationalmannschaft realisiert. Nadja Schuler, einzige Frau im Team, hat bereits mit schaumstabilisierenden Mitteln gearbeitet und «überraschende Ergebnisse» erzielt. Doch mit dem Versuch, Pouletfleisch in Fond zu verkapseln und so das Aroma des Geflügels einzubinden, waren sie und ihr Team nicht zufrieden.

Die drei Rezepte, eine Fusion aus klassischer und molekularer Küche, soll Hobbyköchinnen und -köchen den Einstieg in die neuen Techniken ermöglichen:
Zander auf geliertem Fenchel mit Randenschaum
Gefüllte Pouletbrust auf gebratenem Reis mit Exotikschaum
Melonennudeln mit Vanillecreme und Fruchtkaviar

Text: Auszug aus dem Bericht in der Sonntagszeitung 19. August 2007
Bild: foodaktuell

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