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27.8.2007: nachrichten
27.8.2007
Milchverarbeiter lehnen Milchpool als «Kartell» ab

Die Bildung eines nationalen Milchpools, der die Milchpreise festlege und die Verteilung der Milch an die Verarbeiter vornehme, ist für industrielle Milchverarbeiter inakzeptabel.



Die Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie VMI hat sich intensiv mit der Zukunft des Milchmarktes nach dem 1. Mai 2009 auseinandergesetzt. Die Resultate wurden in einem vorerst internen Grundlagenpapier "Milchmengenmanagement ab 1. Mai 2009" vom 20. Juni 2007 zusammengefasst und Milchproduzenten SMP im Hinblick auf deren Strategietagung zugestellt. Dabei hat die VMI den Fokus ihrer Überlegungen auf die Mengenfrage gelegt, da die Preisfestsetzung nicht Sache der Organisationen, sondern der Marktpartner ist. An seiner Sitzung vom 22. August 2007 hat sich nun der Vorstand der VMI mit dem Strategiepapier der SMP befasst. Bild: Estavayer Lait ELSA (Migros).

Übereinstimmung bei den strategischen Zielen

Die von SMP definierten Strategieziele für die schweizerische Milchwirtschaft bis 2015 decken sich weitgehend mit der Haltung der VMI. Insbesondere die Mengenausdehnung bei gleichzeitiger Preis- und Kostenreduktion ist auch aus Sicht der VMI ein guter Ansatz, um den Verdienst der Produzenten zu steigern und nachhaltig abzusichern. Hingegen ist es illusorisch, den avisierten Swissness-Bonus von 10 % über die gesamte Milchmenge zu rechnen, da sich ein Mehrpreis aufgrund der Schweizer Herkunft am Markt nur für wertschöpfungsintensive Produkte im Premium-Segment erzielen lässt. Bei den preissensiblen, generischen Produkten (z.B. Industriebutter, Konsummilch, Milchpulver) lässt sich ein solcher Bonus kaum auf den Abnehmer überwälzen.

SMP nennt insgesamt sieben Massnahmen, mit deren Umsetzung die definierten Strategieziele erreicht werden sollen. Von den sieben Massnahmen unterstützt die VMI fünf Massnahmen: Senkung der Milchproduktionskosten um 15 %, verstärkte Ausrichtung des Milchstützungsfonds auf das Milchfett, flankierende und unterstützende agrarpolitische Massnahmen als politische Rahmenbedingungen, Vereinfachung der Organisationsstruk turen durch Integration der Branchenorganisation Milchpulver (BSM) und Butter (BOB) in die Branchenorganisation Molkereimilch (BOM) sowie die partnerschaftliche Umsetzung der Strategie mit allen Branchenpartnern und Unternehmen.

Kartellisierung in einem nationalen Milchpool nicht akzeptabel

Ebenfalls unterstützt die VMI das Ziel der Absatzausweitung auf den Märkten durch den Einsatz der Marke Suisse Garantie, falls diese – wie geplant - in ein reines Herkunftszeichen umgewandelt wird. Nicht unterstützen kann die VMI demgegenüber die Absicht der SMP, den Verkauf der Molkereimilch in einem nationalen Verkaufspool zusammen zu fassen. Zwar ist die Industrie ebenfalls an einer gewissen Preisstabilität interessiert und hat kein Interesse an kurzfristig verzerrten Spotmarktpreisen. Die Bildung eines nationalen Milchpools, welcher sowohl die Milchpreise festlegt, als auch die Verteilung der Milch unter die Verarbeiter vornimmt, ist für die Verarbeiter jedoch inakzeptabel:

● Eine solche Kartellisierung des Milchmarktes ist aus Sicht der VMI rechtlich nicht zulässig. Aber auch wirtschaftlich betrachtet ist die Zuteilung der Milch durch eine nationale Produzentenorganisation an die einzelnen Verarbeiter für die VMI der falsche Weg, denn eine solche Verteilung richtet sich nicht nach dem Markt, sondern folgt administrativen, marktfremden Kriterien. Ein derartiger Dirigismus gefährdet im Zuge der Marktöffnung die Existenz der schweizerischen Milchverarbeitungsunternehmen.

● Darüber hinaus verlieren die Milchverarbeiter beim Verkauf durch den nationalen Verkaufspool den direkten Bezug zu ihren Milchlieferanten. Dies wird klar abgelehnt. Der Verarbeiter muss nicht zuletzt aus Qualitäts- und Rückverfolgbarkeitsüberlegungen zwingend wissen, woher die von ihm gekaufte Milch kommt. Ein nationales Pooling der Molkereimilch würde darüber hinaus zu einer Anonymisierung der Milch und damit zu einem definitiven Verlust der Bindung zwischen Milchproduzent und Verarbeiter führen. Dies birgt die Gefahr von Qualitätsverschlechterungen resp. einer Ausnivellierung der Milchqualität und zerstört die Loyalität der Verarbeiter zu „ihren“ Bauern.

Die Milchindustrie wird auch in Zukunft grundsätzlich nicht exklusiv von einem nationalen Pool Milch kaufen, sondern weiterhin nach Marktkriterien von allen Anbietern Milch beziehen. Das vom Landwirtschaftsgesetz den Produzentenorganisationen ausdrücklich zur Verfügung gestellte Instrument zur Preisstabilisierung ist die Herausgabe von Richtpreisen. Die VMI ist überzeugt, dass damit eine Stabilisierung des Marktes erreicht werden kann. Eine direkte Festsetzung der Preise durch eine nationale Organisation demgegenüber wird von der VMI abgelehnt.

Regulierung der Milchmenge nach dem definitiven Ausstieg aus der Milchkontingentierung) Grundsätzlich ist die VMI überzeugt, dass es auch nach dem definitiven Ausstieg aus der Milchkontingentierung Instrumente für ein Milchmengenmanagement braucht, um allzu grosse Volatilitäten zu vermeiden.

● Der bedarfsgerechte Ausgleich des Milchaufkommens soll durch eine bi- resp. Multilaterale Zusammenarbeit zwischen den Verarbeitern erfolgen. Eine horizontale private Mengenregelung zwischen den Unternehmen ist flexibel und garantiert kurze Entscheidungswege.

● Die „Ausregulierung“ der Milchmenge in Normalzeiten soll zwischen den Lieferanten und den Verarbeitungsunternehmen erfolgen, beispielsweise über abgestufte Preissysteme (im Sinne von „Mehrmengenmilch“) oder aber über gewisse Rückbehalte und die Äufnung von Regulierungs-Fonds innerhalb der vertikalen Verwertungskette.

● Ein allfälliger Milchstützungsfonds ist konsequent auf die Fettkomponente auszurichten und die Verwendung der Mittel ist partnerschaftlich (Produzenten- und Verarbeiterorganisationen) zu beschliessen.

● Zur Abfederung überregionaler Krisen plant die VMI eine freiwillige Versicherung für ihre Mitglieder anzubieten, welche die diesbezüglichen Risiken abdeckt. Diese Versicherungslösung soll nach dem effektiven Versicherungsgedanken funktionieren und nur subsidiär, in Fällen kurzfristiger Marktstörungen zum Tragen kommen.

Der Vorstand der VMI ist überzeugt, dass im Zuge der weiteren Öffnung der Märkte nur marktorientierte Instrumente, kombiniert mit klar definierten Prozessen für das Mengenmanagement eine solide Basis zugunsten eines langfristigen Erfolges der Schweizer Milchproduzenten und Milchverarbeiter bilden. (Medienmitteilung VMI)

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