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Backwaren & Confiserie: Tipps & Wissen
Backwaren & Confiserie
Brot ohne Hefe?



Die Backhefe und ihre Tätigkeit bei der Brotherstellung ist zwar gut erforscht, und hefegetriebene Weizenbrote sind hierzulande fast durchgehend sehr beliebt. Dennoch gibt es Bäckereien, die Brot ohne Hefe anbieten und Konsumenten, die auf Hefe allergisch sind oder glauben, es zu sein.

Die Entstehung von schmackhaftem Brot aus langweiligen oder unbekömmlichen Zutaten wie Mehl, Hefe, Salz und Wasser ist eines der faszinierendsten «Wunders» der Lebensmitteltechnologie. Für das Mehl gibt es zwar viele wichtige Anforderungen aber die entscheidenden Faktoren sind die Hefe und der Backprozess.

Trotzdem steht «Brot ohne Hefe» in einigen Bäckereien im Angebot, vor allem in Webshops. Die Herstellung geschieht mit Backpulver, aber teilweise wird eine solche Bezeichnung auch für Sauerteigbrot verwendet. Dieses ist jedoch auch ohne Backhefe-Zusatz nicht ganz hefefrei, denn die üblichen Sauerteige enthalten wilde Hefen.

In den heutigen Zeiten, wo echte und Pseudo-Allergien sowie andere Unverträglichkeiten im Trend sind sowie auch oft Ablehnungen einzelner Lebensmittel aus Missverständnissen und psychologischen Gründen ist keine Zutat über alle Zweifel erhaben. Auch Hefe nicht. Aber Dr. Georg Schäppi, Geschäftsleiter des Allergiezentrums aha! relativiert: «Hefeallergien sind sehr selten». Echte Hefeallergiker sollten Sauerteigbrote der üblichen Machart mit aktivem oder inaktivem, wildhefehaltigen Sauerteig vermeiden.

Nebst echten Allergien im immunologischen Sinn gibt es Unverträglichkeiten mit ähnlichen Symptomen, die andere Ursachen haben wie etwa die Histamin-Unverträglichkeit, eine Abbau-Stoffwechselstörung. Histamin ist ein Naturstoff, der im Organismus als Gewebshormon und Neurotransmitter wirkt. Beim Menschen und anderen Säugetieren spielt es eine zentrale Rolle bei allergischen Reaktionen und ist am Immunsystem, d. h. an der Abwehr körperfremder Stoffe beteiligt. So dient es als einer der Botenstoffe in der Entzündungsreaktion, um eine Anschwellung des Gewebes zu bewirken. Biochemisch betrachtet ist es ein biogenes Amin wie auch Tyramin, Serotonin, Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin oder Octopamin.

Histamin übernimmt auch verschiedene andere Funktionen im Körper und kommt in vielen Lebensmitteln vor. Kann der Körper jedoch nicht genug Histamin abbauen, löst der Stoff unangenehme Beschwerden aus: von Juckreiz über Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme und Atemwegsbeschwerden bis zu Herz-Kreislauf-Störungen. Die normale Verträglichkeitsgrenze von Histamin liegt bei ungefähr 10 mg. Grössere Mengen führen zu einer Vergiftung mit akuten Beschwerden wie Atemnot, Blutdruckabfall, Rötung der Haut, Nesselausschlag, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Durchfall. Die Verträglichkeitsgrenze könnte bei Personen mit Histamin-Intoleranz deutlich herabgesetzt sein.



Überdurchschnittlich viel Histamin enthalten fermentierte Produkte wie Käse, Wein, Essig und Hefebackwaren, da Mikroorganismen Histamin bilden.


In der Schweiz sind gemäss «aha» schätzungsweise ein Prozent der Bevölkerung von Histaminintoleranz betroffen. Die Aha-Website informiert: Es wird vermutet, dass diese Intoleranz durch ein Missverhältnis zwischen dem Angebot an Histamin und der eingeschränkten Aktivität der Histamin-abbauenden Enzyme Diaminoxidase (DAO) und Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) entsteht. Diese Abbaustörung wird durch unterschiedliche Faktoren hervorgerufen, welche zurzeit noch weiter untersucht werden. Es ist bereits bekannt, dass Frauen mittleren Alters am häufigsten von einer Histaminintoleranz betroffen sind.

Hauptauslöser für Beschwerden ist eine hohe Zufuhr von Histamin über die Ernährung. Histamin kommt sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln in unterschiedlich hohen Konzentrationen vor. Es wird aber auch vom Körper selber produziert. Dieses körpereigene Histamin nimmt sehr wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Histaminintoleranz.

Allgemein sind bei Histamin-Unverträglichkeit gemäss «aha» Gärungs-, Reifungs- und allgemein Fermentationsprodukte zu meiden, so auch alles mit Alkohol, Essig oder Hefe. Betroffene vertragen oft keine hefegetriebenen Backwaren, berichtet auch Medizininfo.de. Es sei zwar umstritten, ob Hefe stark histaminhaltig ist. Wohl aber können hefehaltige Produkte viel Histamin enthalten je nach Art der Herstellung. Auch wenn die verwendete Hefe selbst nicht histaminhaltig ist, produziert sie Histamin bei der Gärung. Dadurch enthalten stark getriebene Backwaren häufig viel mehr Histamin, schwere Brote sind dagegen oft gut verträglich.

Brot und Getreideprodukte verursachen normalerweise keine Beschwerden. Allerdings können sehr frische Backwaren auch bei normalen Personen einen unruhigen Bauch verursachen. Brot vom Vortag, Zwieback, Toastbrot und Knäckebrot sind am besten verträglich. Grobe Brote wie Schrotbrote oder Pumpernickel sind grundsätzlich schwerer verdaulich und können auch bei Gesunden zu Bauchbeschwerden führen.

Andererseits machen Hefehersteller und Bäckereien manchmal auch Werbung mit dem Gesundheitswert von Hefe. Sie enthält gemäss «Hefe Schweiz» viele für die menschliche Ernährung und Gesundheit wichtige Vitamine (B1, B2, B6), Pantothensäure, Folsäure und Spurenelemente (z.B.Zink, Magnesium, Mangan und Eisen). Allerdings: Die Gehalte dieser Nährstoffe relativieren sich aufgrund der vergleichsweise geringen Zugabemenge bei der Backwarenherstellung. (GB)

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