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Varia
28.2.2010
Bafu-Studie relativiert Gentech-Ökorisiken


Gentechnisch veränderte Pflanzen sind nicht gefährlich für Schnecken, Würmer und Bienen. Dies besagt ein neuer Bericht des Bundesamtes für Umwelt. Nicht alle beteiligten Forscher jedoch nehmen die Studien ohne Kritik hin. Klar ist: Der Anbau von Gentech-Pflanzen nimmt weltweit kontinuierlich zu (siehe Info-Grafik).

Klar ist auch, dass die bereits untersuchten gentechnisch veränderten Pflanzen kein Risiko für die Umwelt darstellen – jedenfalls, wenn man den Bericht "Biosicherheit im Bereich der ausserhumanen Gentechnologie" liest, der vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) kürzlich veröffentlicht wurde.*

Bt-Mais birgt kein Risiko

Eine im Bericht publizierte Studie zeigt, dass der gentechnisch veränderte Bt-Mais kein erhöhtes ökologisches Risiko für die Bodenorganismen darstellt. Einerseits zeigte ein Feldversuch, dass Bt-Maisblattmaterial keinen signifikanten Einfluss auf die Zusammensetzung der Bodenorganismen hat. Andererseits wurde in Laborversuchen nachgewiesen, dass wichtige Tiere, die sich in der oberen Bodenschicht befinden und somit in Kontakt mit Bt-Mais kommen könnten, beim Fressen dieses Bt-Mais keinem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.

Bei den untersuchten Tieren handelt es sich um Schnecken, Würmer und Fliegen. "Die Studie bestätigt erneut, was bereits bekannt ist", folgert Studienleiter Wolfgang Nentwig von der Universität Bern. "Der von uns untersuchte Bt-Mais ist nicht gefährlich für die Umwelt." Einen viel grösseren Einfluss auf die Gemeinschaft der Bodenorganismen habe der Standort und die Saisonalität.



Gemäss Studie kein Schaden für Bienen


Eine zweite Studie im Bafu-Bericht untersucht die Auswirkungen schädlingsresistenter gentechnisch veränderter Rapspflanzen auf Wildbienen. Im Versuch wurden die Wildbienen mit gentechnisch verändertem Rapspollen gefüttert, dann wurde beobachtet, ob sie überleben. Obschon die Wildbienen für die Befruchtung von vielen Kulturpflanzen unentbehrlich seien, gebe es fast keine Versuche zur Wirkung von gentechnisch veränderten Pflanzen auf diese Bienen, heisst es in der Studie. Die Schlussfolgerung der Untersuchung ist: Negative Effekte auf die Wildbienenbestände durch die getesteten gentechnisch veränderten Raps können praktisch ausgeschlossen werden.

Schwierige Studien im Feld

Eine dritte Studie zeigt auf, wie schwierig es ist, einen Einfluss von gentechnisch veränderten Organismen im freien Feld überhaupt messen zu können. In der Studie wurde nach Ansätzen gesucht, um beim kommerziellen Anbau von Bt-Mais mögliche Auswirkungen auf Tagfalter zu erfassen. "Einen möglichen Einfluss der gentechnisch veränderten Pflanzen auf die Biodiversität liesse sich nur mit sehr hohem Aufwand und bei relativ grossen Veränderungen eindeutig nachweisen", heisst es im Bericht. Will heissen: Es bringt nicht viel, den Einfluss von Bt-Mais auf Tagfalter mit Beobachtungen im freien Feld messen zu wollen.

Studienleiter Olivier Sanvido von der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) erklärt: "Besonders seltene Arten sind in der Natur nie in genügender Anzahl vorhanden, um zuverlässige Daten über den Einfluss von GVO auf diese Arten erheben zu können." Um Aussagen über den Einfluss von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf seltene Tagfalter machen zu können, müsste man laut Sanvido mehr als 500 Feldpaare "GVO"–"nicht GVO" untersuchen. Solche Untersuchungen jedoch wären sehr aufwendig.

Im Gewächshaus forschen

Für Sanvido sind darum Laborversuche (Bild) und kontrollierte Feldversuche sinnvollere Ansätze, um den Einfluss von gentechnisch veränderten Pflanzen zu untersuchen. "Die verschiedenen Wechselwirkungen können im kontrollierten Versuch besser beobachtet werden, die Resultate sind aussagekräftiger."


Diesem Argument stimmt die gentech-kritischere Bernadette Oehen vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zu. Laut Oehen, welche auch an einer Studie für den Bafu-Bericht mitgearbeitet hat, sollten mehr sorgfältige Abklärungen im Labor, im Gewächshaus oder in kontrollierten Feldversuchen gemacht werden. "Stehen die gentechnisch veränderten Pflanzen erst einmal auf dem Feld, wird es viel schwieriger, negative Effekte festzustellen", sagt Oehen. Und dann auch etwas dagegen zu unternehmen, dürfte nicht einfach sein.

Kritik an Bafu-Studie

Bei der Art und Weise der Forschungen zu gentechnisch veränderten Pflanzen sind sich Sanvido und Oehen also einig. Bei der Vorgehensweise der vom Bafu publizierten Studien hat Oehen jedoch ihre Bedenken. So zum Beispiel, wenn die Ergebnisse der Untersuchung zu den Wildbienen verallgemeinert werden. "Wichtig ist, bei den untersuchten Bienen nicht nur das Kriterium ‚tot‘ oder ‚nicht tot‘ zu berücksichtigen, sondern auch Effekte auf die Larvenentwicklung und auf das Körpergewicht."

In der Studie sei zudem nur eine Pflanzensorte untersucht worden. "Dies reicht nicht aus, um daraus zu schliessen, dass gentechnisch veränderter Raps generell keinen negativen Einfluss auf die Wildbienen hat", so Oehen. (Text: LID / Helene Soltermann)

*Quelle: "Biosicherheit im Bereich der ausserhumanen Gentechnologie", Ergebnisse des Bafu-Forschungsprogramms 2004 – 2008.

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