Food aktuell
Varia
29.4.2010
Trend: Heimisches auf dem Teller

Regional- und Terroirprodukte sind weiterhin im Trend. Eine Umfrage zeigt: Regioprogramme legen zu. Ein allenfalls höherer Produktepreis wird akzeptiert und die Exportchancen steigen nebst der erfolgreichen Förderung der eigenen Region.


Regional- und Terroirprodukte können sich gegenüber in- und ausländischer Konkurrenz profilieren, haben eine höhere Glaubwürdigkeit und Akzeptanz dank Rückverfolgbarkeit, Wertschöpfung in der Region und kurzen Transportwegen. Viele Programme sind ausserdem von unabhängigen Firmen zertifiziert, so dass die Kunden Garantien erhalten für die betreffende Herkunftsdeklaration und eine einwandfreie Machart. Die Schweizer Regioprogramme legen bei Umsatz und Teilnehmerzahl stetig zu.

Einige Beispiele: Das Schweizer Regionalmarken-Programm «Das Beste der Region» (DBR) ist seit der Gründung im Jahr 2004 stetig gewachsen. Seit 2007 beteiligt sich nebst den Kantonen Bern, Aargau und Solothurn auch die Zentralschweiz. «Ein grosser Teil des Umsatzes wird sicherlich im eigenen Gebiet erwirtschaftet», vermutet DBR-Geschäftsleiterin Henriette v. Wattenwyl. Der Rest wird in andere Regionen der Schweiz «exportiert». Dies entspricht dem Konzept der Regionalmarken, welche die lokale Wirtschaft stützen wollen.

«Ein Teil der Produkte sind teurer als Nicht-Regionalprodukte, vor allem die Spezialitäten», so v. Wattenwyl. «Bei Standardprodukten dagegen ist die Preisdifferenz geringer oder Null». Aber das muss kein Nachteil sein: Für Produzenten kann es ein Vorteil sein, langfristig Grossverteiler zu beliefern.

Und die Preisakzeptanz ist vorhanden: «Eine bestimmte Konsumentenschicht ist bereit für regionale Produkte mehr zu bezahlen, so v. Wattenwyl. «Studien haben gezeigt, dass immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten kritisch und wertebewusst einkaufen und sich für Herkunft und Produktionsbedingungen interessieren. Regionale Herkunft und die damit verbundene Überschaubarkeit strahlen Vertrauen aus». Der Slogan aller Regio-Programme lautet daher: Nähe schafft Vertrauen.

Steiles Wachstum bei Alpinavera

Auch das seit Mai 2007 in den Bergkantonen Glarus, Uri und Graubünden aktive, somit jüngste und ebenfalls zertifizierte Programm «alpinavera» kann beeindruckende Wachstumszahlen nennen. Der Umsatz verdoppelte sich letztes Jahr fast, allerdings noch auf tiefem Niveau. «In der eigenen Region werden ca. 20 bis 30% verkauft», schätzt alpinavera-Geschäftsleiterin Jasmine Said Bucher. «Der Rest geht in die Exportwirtschaft, wobei Tourismus als Export gilt».


Bündner Capricornbrot von Alpinavera


Beim Preisvergleich möchte sie differenzieren: «Nicht zertifizierte Produkte sind grundsätzlich nicht vergleichbar, da sie dem Konsumenten keine Produktsicherheit bei Herkunft und Wertschöpfung garantieren. Produktion im Berggebiet ist aufgrund der erschwerten klimatischen und geografischen Gegebenheiten aufwändiger als im Talgebiet. Ein Normalbrot aus nicht-regionalem Mehl ist also tendenziell günstiger als ein Brot aus regionalem Mehl. Aber bei Spezialbroten sind die Preise vergleichbar und konkurrenzfähig, dies gilt auch für andere Lebensmittel».

Auch Said Bucher ist von der Preisakzeptanz überzeugt: «Im Detailhandel und der Gastronomie ist der Kunde bereit, einen Mehrpreis für den Mehrwert zu bezahlen. Dieser besteht in der gesicherten Herkunft aus dem regionalen Berggebiet, der handwerklichen Produktion und der Verwendung GVO-freier Zutaten. Zusätzlich wird mit dem Kauf von Bergprodukten auch der Solidaritätspakt zwischen ländlichen und städtischen Gebieten gestärkt».

Mehrwert ohne Mehrpreis bei Culinarium

Das seit 2003 und somit älteste Schweizer Regio-Programm «Culinarium Ostschweiz» verzeichnete bis 2008 ein stetiges Wachstum. Das von ProCert zertifizierte Programm hat rund 400 Teilnehmer und macht rund 260 Mio Franken Umsatz.


«Lieferanten, welche ihre Spezialitäten (Fleisch, Käse, Brot) bis Zürich und darüber hinaus liefern können, nehmen zu», sagt Culinarium-Chef Andreas Allenspach. «Dort werden sie jedoch nicht als Culinarium-Produkt sondern als Spezialität aus einer bestimmten Region wie dem Toggenburg verkauft. Aber beim Export sind wir noch in der Anfangsphase, da es sehr wichtig ist, über Bezugspersonen in entsprechenden Ländern zu verfügen. Käse, Trockenfleisch und Spezialitäten haben bestimmt Chancen. Produkte mit regionalen Marken kommen immer gut an – Stichwort: Antiglobalisierungstendenz».

Culinariumprodukte seien preislich vergleichbar mit nicht zertifizierten. Ein Preisunterschied würde nicht zur Culinarium-Philosophie passen. «Regionale Produkte müssen nicht teurer sein», so Allenspach. Aber ein allfälliger Preisunterschied muss dennoch kein Nachteil sein. «Produkte, deren Erzeuger man kennt, kommen bei den Konsumenten gut an», konstatiert Allenspach. «Daher wird in der Produktewerbung oft auch mit dem Konterfei des Herstellers geworben - ein Sympathieeffekt, den sich die Konsumenten etwas kosten lassen.

Wenn jedoch die Qualität eines Produktes nicht stimmt, funktioniert auch der Personenbonus nicht. Ein gutes Beispiel ist der St.Galler Wein in der Gastronomie: Dank Topqualität, Spezialität und den kleinen Mengen können faire Preise erzielt werden. Der Erfolg hängt aber auch davon ab, ob das Servicepersonal ein Prdoukt gut kennt und es glaubwürdig verkauft».

Terroirprodukte sind «regional + traditionell»

Einen Sonderstatus bei den regionalen Produkten besitzen die AOC-IGP-Produkte. Zum Einen müssen es gemäss Pflichtenheft traditionelle Produkte sein (während bei Regio-Programmen auch Neuheiten Chancen haben), und zum Andern sind sie in einer Bundesverordnung geregelt (Regio-Programme dagegen privatrechtlich). Und sie gelten wie Weine als Terroirprodukte, d.h. die regionalen Produktionsfaktoren wie Boden, Klima und handwerkliche Tradition beeinflussen die Qualität. Da die Marke «AOC» international bekannt ist, haben sie auch im Export ein grosses Potenzial.


Die meisten AOC-IGP-Produktesorten sind in der Schweizerischen Vereinigung der AOC-IGP organisiert, welche wie die privaten Programme stetig wächst. Dazu Direktor Alain Farine: «Die Mitgliederzahl hat bis Ende 2009 ein sehr erfreuliches Niveau erreicht: von 25 im Bundesregister eingetragene AOC-IGP-Spezialitäten sind heute 21 bei unserer Vereinigung Mitglied. Einzig die Sortenorganisationen von Emmentaler AOC, Bündnerfleisch IGP, Formaggio d’Alpe Ticinese AOC und Munder Safran AOC sind aus verschiedenen Gründen nicht dabei».

Den Umsatz schätzt Farine auf 1 Milliarde Franken und die Produktionsmenge auf über 80‘000 Tonnen. Der Umsatz verteile sich auf 2/3 im Inland und 1/3 im Export. «Im Durchschnitt erzielen AOC-Spezialitäten einen Mehrpreis von ca. 10 bis 20% gegenüber vergleichbaren Produkten», so Farine.

Und er vermutet: «Die Akzeptanz höherer Preise für Terroir-Produkte ist bei Endkonsumenten bestimmt gut. Eine Konsumentenstudie der ETHZ (S. Réviron et C. Bolliger, 2009: Préférence et consentement à payer des consommateurs suisses pour les produits alimentaires suisses) belegt unter anderem, dass 57% der Deutschschweizer und 30% der Westschweizer bereit sind, einen bedeutend höheren Preis für Schweizer Qualität zu zahlen».

Entwicklung von Regional- und Terroir-Produkten

Umsatz Fr 2008 Teilnehmer 2008 Umsatz Fr 2009 Teilnehmer 2009
Das Beste der Region DBR 228 1379 272.92 1629
Culinarium Ostschweiz 254 402 300 425
alpinavera 40 190 70 244
AOC-IGP-Vereinigung ca. 1 Mia 21


Herkunftstransparenz bei Eiern

Die Herkunft der Lebensmittel ist für viele Kunden ein entscheidendes Kaufkriterium. Insbesondere beim Einkauf von Eiern seien viele Konsumenten sensibel, schreibt das Online-Portal persoenlich.com. Die Kunden von Migros und Le Shop können selbst herauszufinden, woher die Schweizer Eier stammen. Schweizer Eierproduzenten, welche die Migros beliefern, werden in einer zentralen Datenbank mit einem eigenen Code erfasst. Tippt man diesen Code auf der Internetseite www.migros.ch/eier ein, erfährt man, von welchem Betrieb das Ei kommt und wie die Hühner dort leben. Daneben findet man weiterführende Informationen über die Haltungsarten von Legehennen.
(LID 8.1.2010)


Deutsche Caterer setzen auf regionale Produkte

Der Regiotrend findet nicht nur in der Schweiz statt sondern beispielsweise auch in der deutschen Gastronomie. Nach Jahren der Superlative kehrt eine neue Sachlichkeit ins Catering ein. Der Trend zu regionalen Produkten mit wenig Verarbeitungstiefe, die „ehrlich" und ohne Schnörkel daher kommen, ist mit dem Anspruch an hohe Rohstoff-Qualität verbunden. Deren Geschmack soll voll und unverfälscht zur Geltung kommen. Gemäss Sina Mangold vom Hotel InterContinental in Hamburg wich die Maxime „immer grösser, besser und nobler" der Überzeugung, den Charakter einer Veranstaltung mit der Individualität regionaler Produkte einfühlsam zu betonen.

Authentische Zutaten und Rezepturen ohne Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe sind auch für Nicole Emmermann von Salomon FoodWorld voll im Trend: «In Zeiten des Klimawandels ist ein Run auf einheimische Produkte zu beobachten. Sichere und unverfälschte Produkte mit authentischen Geschmackserlebnissen werden stark nachgefragt». Dies bestätigt Barbara Groll von Nestlé Schöller. „Eindeutig ist der regionale Charakter wieder gefragt". Das gelte auch für Glacé, wo aus heimischen Früchten und Zutatenüberraschende Neuheiten kreiert werden.

Tipps für die Gastronomie

alpinavera-Geschäftsleiterin Jasmine Said Bucher gibt Tipps: Die Verwendung von regionalen Bergprodukten in der Gastronomie bedingt, dass der Gastronom bereit ist weitere Lieferanten aufzunehmen. Ferner muss er über das Know-how und die Fingerfertigkeit verfügen, aus frischen und natürlichen Produkten Menüs zu kreieren. Dies entscheidet darüber, ob aus guten Alp- und Bergprodukten kulinarische Köstlichkeiten entstehen, für die der Gast bereit ist einen Aufpreis zu bezahlen. Die besondere Qualität muss vom Produzent bis zum Teller aufrechterhalten werden. Und wichtig ist, dass der Gast erfährt, dass die Speise einen Bezug hat zum regionalen Berggebiet.


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