Food aktuell
Varia
7.6.2010
Neue EFSA-Empfehlungen zur Mikronährstoff-Zufuhr

Empfehlungen zur Mikronährstoffzufuhr in Europa – welche müssen am dringendsten überarbeitet werden?



Die zehn Nährstoffe, deren Zufuhrempfehlungen am dringendsten überarbeitet werden müssen, sind: Vitamin D, Eisen, Folsäure, Vitamin B12, Zink, Calcium, Vitamin C, Selen, Jod und Kupfer.


Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist dabei, die Empfehlungen für die Zufuhr von Mikronährstoffen (Vitamine und Mineralstoffe) zu überarbeiten. Für mindestens 28 Mikronährstoffe gibt es innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nationale Richtlinien. Das von der Europäischen Kommission finanzierte Kompetenznetzwerk EURRECA (EURopean micronutrient RECommendations Aligned) hat ein Schema entwickelt, um zu entscheiden, welche dieser Empfehlungen am dringendsten überarbeitet werden müssen.

Warum brauchen wir europäische Empfehlungen für die tägliche Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen?

Die meisten europäischen Länder oder Staatengemeinschaften haben ihre eigenen Empfehlungen hinsichtlich der Nährstoffe und Mengen, die die Bürger durchschnittlich am Tag zu sich nehmen sollten, um Ernährungsmängel zu vermeiden und die Gesundheit zu fördern.

Die veröffentlichten Werte (bezeichnet als empfohlene Tagesmengen, empfohlene Nährstoffzufuhr, Referenzwerte für die Tageszufuhr, etc.) variieren oftmals deutlich von Land zu Land, teils um mehr als das Zweifache, obwohl der physiologische Bedarf in den verschiedenen Populationen natürlich sehr ähnlich ist. So lauten z.B. die Empfehlungen für die Vitamin-A-Zufuhr eines erwachsenen Mannes je nach Land 700, 800, 900 oder 1000 Mikrogramm pro Tag.

Die Gründe für diese Streuung sind nicht immer klar. Mögliche Erklärungen bestehen unter anderem in den unterschiedlichen Indikatoren für den Ernährungszustand bzw. die Gesundheit, die von den jeweiligen Wissenschaftlern herangezogen werden, um zu entscheiden, welche Nährstoffmengen adäquat sind. Auch verschiedene Untersuchungsmethoden und zugrunde gelegte Referenzwerte sowie die unterschiedliche Interpretation und Gewichtung einschlägiger wissenschaftlicher Daten tragen das Ihre zu dieser Uneinheitlichkeit bei.

Diese innerhalb Europas variierenden Empfehlungen zur Mikronährstoff-zufuhr verunsichern aber politische Entscheidungsträger, Gesundheitsexperten und Lebensmittelindustrie gleichermassen. Zudem stiften sie Verwirrung unter den Verbrauchern, die heutzutage aufgrund ihres multikulturellen und mobilen Lebensstils mit unterschiedlichen Angaben konfrontiert sind.

Wie lassen sich alle in Europa bestehenden Empfehlungen zur Mikronährstoffzufuhr vereinheitlichen?

Wenn vergleichbare wissenschaftliche Methoden und Konzepte zur transparenten Datenanalyse verwendet werden, lassen sich die Unterschiede minimieren, sodass sie nur in anerkannten lokalen Umweltfaktoren wie dem Klima begründet sind. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelt EURRECA eine robuste wissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung und Einschätzung aller verfügbaren wissenschaftlichen Daten. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz systematischer Auswertungen und Metaanalysen von Daten zur Einschätzung des Zusammenhangs zwischen aufgenommenen Mikronährstoffmengen und jeweiligem Ernährungs- bzw. Gesundheitszustand.

Prioritäten setzen

Empfehlungen auf solider wissenschaftlicher Basis zu entwickeln, benötigt jedoch Zeit. Würde man dies gleichzeitig für alle Mikronährstoffe und alle Bevölkerungsgruppen tun, würden bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse mehrere Jahre vergehen, und einige Resultate könnten dann bereits überholt sein. Daher ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und zu entscheiden, welche Mikronährstoffe zuerst in Angriff genommen werden sollten.4

Dreigleisiger Ansatz zur Identifizierung prioritärer Nährstoffe

Das EURRECA-Team hat dafür drei wichtige Kriterien definiert:

1. Es sollten umfangreiche neue Erkenntnisse bzw. Publikationen seit der letzten Begutachtung vorliegen, die zudem wissenschaftlich fundiert sein und im besten Fall auf randomisierten kontrollierten Humanstudien basieren sollten.

2. Nährstoffe von grösserer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit sind bevorzugt zu untersuchen. Dies bezieht sich vor allem auf jene Nährstoffe, deren Zufuhr entweder verglichen mit den Empfehlungen oder aufgrund eines mangelnden Versorgungszustandes als inadäquat erachtet wird und für die nachweislich ein Zusammenhang mit übermässigem Auftreten von Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs oder Osteoporose besteht.

3. Mit Priorität sollten auch jene Nährstoffe bearbeitet werden, deren Empfehlungen eine starke Streuung aufweisen.

Für jedes der drei genannten Kriterien wurden quantifizierbare Indikatoren entwickelt, die einfach und verlässlich zu bestimmen sind.4

Die Top Ten der zu überarbeitenden Nährstoffempfehlungen

Der oben beschriebene Auswahlprozess wurde vom EURRECA-Team über die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen hinweg angewendet: Kleinkinder, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Schwangere, stillende Mütter, ältere Menschen sowie Personen mit niedrigem Einkommen und Immigranten. Daraus leitete sich eine Rangliste der Mikronährstoffe ab, und die zehn Nährstoffe, deren Zufuhrempfehlungen am dringendsten überarbeitet werden müssen, sind: Vitamin D, Eisen, Folsäure, Vitamin B12, Zink, Calcium, Vitamin C, Selen, Jod und Kupfer.

Weitere Informationen:

Food Today Nr. 60: Abweichungen angehen bei Empfehlungen zur Mikronährstoffzufuhr in Europa.

www.eufic.org/article/de/page/FTARCHIVE/artid/variation-micronutrient-recommendations/ Kompetenznetzwerk EURRECA: www.eurreca.org

Das Kompetenznetzwerk EURRECA (EURopean micronutrient RECommendations Aligned) wird von der Europäischen Kommission finanziert (2007-2011), Vertragsnummer FP6 036196-2 (FOOD) und wird von ILSI Europe (International Life Sciences Institute, Zweigstelle Europa) koordiniert.

Literatur:

Doets EL, de Wit LS, Dhonukshe-Rutten RA, Cavelaars AE, Raats MM, Timotijevic L, Brzozowska A, Wijnhoven TM, Pavlovic M, Totland TH, Andersen LF, Ruprich J, Pijls LT, Ashwell M, Lambert JP, van 't Veer P, de Groot LC. (2008). Current micronutrient recommendations in Europe: towards understanding their differences and similarities. European Journal of Nutrition 47 Suppl 1:17–40.

Ashwell M, Lambert JP, Alles MS, Branca F, Bucchini L, Brzozowska A, de Groot LC, Dhonukshe-Rutten RA, Dwyer JT, Fairweather-Tait S, Koletzko B, Pavlovic M, Raats MM, Serra-Majem L, Smith R, van Ommen B, Veer P, von Rosen J, Pijls LT, on behalf of the EURRECA Network. (2008). How we will produce the evidence-based EURRECA toolkit to support nutrition and food policy. European Journal of Nutrition 47 Suppl 1:2-16.

Hautvast JGAJ, Baya C, Amorim Cruz JA, de Backer GG, Ducimetière P, Durnin JVGA, Faivre J, Ghione S, Gibney MJ, Gustafsson JÅ, Haschke F, Leitzmann C, Schroll M, Trichopoulou A, Varela G. (1989). Recommended dietary allowances for Europe. Lancet 2(8673):1220.

Cavelaars AJEM, Doets EL, Dhonukshe-Rutten RAM, Hermoso M, Fairweather-Tait SJ, Koletzko B, Gurinovic M, Moreno LA, Cetin I, Matthys C, van ’t Veer P, Ashwell M and de Groot CPGM. (2010). Prioritizing micronutrients for the purpose of reviewing their requirements: a protocol developed by EURRECA. European Journal of Clinical Nutrition 64:S19-S30.

Text: Eufic / FOOD TODAY 05/2010

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