Food aktuell
Varia
7.12.2005
Wie (un)gesund ist Milchfett wirklich?


Neue Erkenntnisse erfordern ein Umdenken: Milchfett besitzt gesunde CLA- und Omega-3-Fettsäuren. Aber der Gehalt hängt vom Futter der Kühe ab.

Konsumenten schätzen Produkte, die von Natur aus gesund sind. Bei Butter und Rahm sind sie aber skeptisch wegen des Cholesteringehaltes. Zu unrecht: Die Ernährungswissenschaft negiert schon seit Jahren einen Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Krankheiten und Nahrungscholesterin und korrigiert damit einen früheren Irrtum.

Nun werden nicht nur entlastende Fakten sondern auch positive Inhaltsstoffe bekannt. An einer Fachtagung der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft SHL in Zollikofen war kürzlich zu erfahren, dass Milchfett gesundheitsfördernde CLA-Fettsäuren enthält - so genannte konjugierte Linolsäuren. Und dass man deren Anteil erhöhen kann, wenn man die Kühe im Sommer auf hochgelegenen Alpen weiden lässt und ihnen im Winter das Heu mit Ölsaaten ergänzt.

Robert Sieber, Wissenschafter bei der eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP), Agroscope Liebefeld-Posieux in Bern nannte konkrete Wirkungen der CLA-Fettsäuren:

antikarzinogene Wirkung
Verstärkung der fettfreien Körpermasse
Verstärkung der Immunfunktionen
Hemmung von Entzündungen
Reduktion von Atherosklerose und Körperfett
Bluthochdruck-Senkung.


Die ALP testete mehrere Möglichkeiten, um die Milchfettzusammensetzung günstig zu beeinflussen. Ziel der Forschungsarbeiten war, mit natürlichem Futter den CLA-Gehalt zu erhöhen. Es zeigt sich dabei, dass das Milchfett umso gesünder wird, je höher die Weiden liegen, auf denen die Kühe grasen.

Auch das typische Winterfutter aus Heu und Futterrüben versuchte die ALP so zu ergänzen, dass das Milchfett CLA-reicher wurde. Dies gelang mit gemahlenen Ölsaaten wie Rapssamen, Sonnenblumenkernen und Leinsamen in ähnlichem Mass wie mit der Grünfütterung auf Berg- und Alp-Weiden.

Die höhenabhängige Milchfettzusammensetzung ist ausserdem ein zuverlässiger Indikator für die Herkunft der Milch. So lässt sich die Echtheit von Alpbutter und Alpkäse anhand der Fettsäuren-Analyse überprüfen.


Die Ernährungsberatung macht sich diese Erkenntnis im Alltag zunutze: An der Milchtagung bezifferten die Ernährungsberaterinnen Daniela Marzo und Michèle Weibel den Nutzen und die nötigen Mengen: Die Zufuhr an CLA wird durch den Konsum von drei Alpmilchprodukten und Alpbutter anstelle von Talmilchprodukten und Talbutter fast verdreifacht.

Auch bei den gesunden Omega-3-Fettsäuren, einer noch wichtigeren und besser erfoschten Fettsäurenart, stellten die Expertinnen in ihrer Diplomarbeit einen Berg-und-Tal-Unterschied fest: Alpmilchprodukte und Alpbutter decken den Bedarf an Omega-3-Fettsäuren zu 62 Prozent, und Talmilchprodukte und Talbutter immerhin zu 42 Prozent.

Um die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren durch Milchprodukte zu verbessern, ist es daher sinnvoll, Talmilch- durch Alpmilchprodukte zu ersetzen. Und da Käse von den Milchprodukten den höchsten Fettgehalt pro offiziell verzehrsübliche Portion aufweist, leistet dieses Alpmilchprodukt den grössten Beitrag.


Jedoch reicht eine einzige Portion von Berg- oder Alphartkäse statt Talhartkäse nicht aus. Es braucht schon zwei Portionen Alpkäse (30 g Hart- oder 60 g Weichkäse). Dadurch erhöht sich die Bedarfsdeckung an Omega-3-Fettsäuren von 48 Prozent auf 65 Prozent. Notabene: Bergkäse leistet einen kleineren Beitrag als Alpkäse.

Diese Strategie hat allerdings ihre Grenzen: Drei Talmilch-Produkte und -Butter durch ausschliesslich Berg- oder Alpmilchprodukte zu ersetzen, ist in städtischen Gebieten und während der Wintermonate kaum realisierbar. Vor allem Frischmilch und Joghurt aus der Alpzone sind in städtischen Gebieten schwer erhältlich. Alpkäse ist jedoch fast überall erhältlich.

Quellen:
Marius Collomb und Robert Sieber, Agroscope Liebefeld-Posieux, Eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP), Bern
Berg- und Alpmilchprodukte und die Zufuhr an mehrfach ungesättigten Fettsäuren und CLA Daniela Marzo und Michèle Weibel, Kurs 02-05, Diplomarbeit 2004, Schule für Ernährungsberatung Bern

Weiterlesen:
Kathedrale für Alpkäse
Goldmedaillen und Neuheiten (auch von Alpkäse)

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