Food aktuell
Varia
20.7.2010
Verzehrsgewohnheiten kontra Klimaschutz: Kommentar

Weltweite Verzehrsgewohnheiten schädigen das Klima. Würde der weltweite Fleisch- und Milchkonsum um ein Drittel reduziert, könnte der Treibhausgas-Ausstoss stark vermindert werden gemäss einer neuen deutschen Studie.



Den Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten einzuschränken und landwirtschaftliche Produktionsmethoden anzupassen, würde die globalen Emissionen von Treibhausgasen deutlich vermindern. Bis zum Jahr 2055 könnte der landwirtschaftlich bedingte Ausstoss von Methan und Lachgas um mehr als 80 Prozent reduziert werden, berichten Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Die Ergebnisse ihrer Modellierungsstudie wurden kürzlich im Fachmagazin „Global Environmental Change“ veröffentlicht.
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Nachhaltige Landwirtschaft bedingt nachhaltigen Konsum

Kommentar von Samuel Vogel, Leiter Fachbereich Ökologie, BLW des Bundesamt für Landwirtschaft BLW zur PIK-Studie:

Die Schweizer Landwirtschaft hat in den letzten 20 Jahren einen beachtlichen Wandel durchgemacht: Sie hat die grossen Herausforderungen der Zeit angenommen und ist heute moderner und deutlich produktiver. Sie hat sich geöffnet und nimmt gleichzeitig mehr Rücksicht auf die Umwelt und das Tierwohl. Sie erfüllt ihren Verfassungsauftrag zur allgemeinen Zufriedenheit. Es wurde also viel investiert in eine nachhaltige Landwirtschaft. Dies mit Unterstützung einer Bevölkerung, die bereit ist, die Leistungen der Landwirtschaft auch mit Steuergeldern zu fördern.

Doch: Es kann keine nachhaltige Landwirtschaft in einer nicht-nachhaltigen Gesellschaft geben. Was wir essen, muss auch produziert werden. Als Konsumenten tragen wir alle die Verantwortung dafür.

Die Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung bringt dies am Beispiel des Zusammenhangs zwischen dem Konsum von tierischen Produkten und dem Klimawandel zum Ausdruck. Dieser Zusammenhang lässt sich jedoch auch für andere Umweltbelastungen belegen, zum Beispiel die Überdüngung von sensiblen Ökosystemen durch Ammoniakemissionen. Das BLW hat diesen Zusammenhang erkannt und wird die Steuerung eines nachhaltigen Konsums zum Thema machen bei der weiteren Reform der Agrarpolitik.

Zwei Aspekte gilt es bei der Interpretation der PIK-Studie zu berücksichtigen:

• Bei den Treibhausgasen respektive dem Klimawandel handelt es sich um ein globales Problem. Wenn wir unverändert viel tierische Produkte konsumieren, ist eine Reduktion der Produktion in der Schweiz nicht zielführend. Zwar wird die nationale Treibhausgasbilanz entlastet, doch die Emissionen fallen anderenorts an.

• Die Schweiz ist ein Grasland. Bei uns wird ein hoher Anteil des Futters für Wiederkäuer durch Raufutter gedeckt; es wird mehr Fleisch und Milch auf der Basis von Wiesen produziert als in unseren Nachbarländern. Darauf können wir stolz sein, es ist ein wichtiger Pfeiler der Qualitätsstrategie.


Diese beiden Punkte sollen nicht davon ablenken, dass der Klimawandel zukünftig ein Problem für die Schweizer Landwirtschaft darstellen wird. Bei uns fallen die Temperaturerhöhungen rund doppelt so hoch aus als im globalen Durchschnitt. Hitze- und Trockenheitsperioden werden sich häufen und die anfänglich positiven Wirkungen der Temperaturerhöhung auf die Produktion umkehren. Mit rund 10 Prozent Anteil an den schweizerischen Treibhausgasemissionen ist die Landwirtschaft zudem gefordert, etwas zur Reduktion beizutragen.

Deshalb ist das BLW schon heute aktiv: Zur Zeit erarbeitet es eine breit abgestützte «Klimastrategie Landwirtschaft», die sowohl das Thema Anpassung an den Klimawandel als auch das Thema Vermeidung von Treibhausgasemissionen umfasst.

Zwei Dinge sind dabei schon heute klar: Erstens muss im Bereich der Forschung noch mehr getan werden, um die nötigen Grundlagen rechtzeitig bereit zu haben. Zweitens zeigt sich auch hier, dass neben technischen Massnahmen das Handlungsfeld des nachhaltigen Konsums einen entscheidenden Einfluss hat. (Text: Samuel Vogel, Leiter Fachbereich Ökologie, BLW)

Weiterlesen: Kommentar: «Öko-Schaden durch glückliche Schweine

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