Food aktuell
Varia
27.4.2011
Nutztierschutz gestern, heute und morgen

Referate anlässlich der 13. Nutztiertagung „Nutztierschutz gestern, heute und morgen“ des Schweizer Tierschutz STS vom 21. April 2011 in Olten


Auszug aus dem Referat von Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer Fachbereich, Schweizer Tierschutz STS.


Sowohl zur Situation von vor 25 Jahren als auch im Vergleich zum Ausland steht der Nutztierschutz in der Schweiz heute auf einem höheren Niveau. Wichtig für diese erfreuliche Entwicklung war zweifellos die Tierschutzgesetzgebung und deren Ausbau; ausschlaggebend waren indessen das Einführen von Direktzahlungen zur Förderung besonders tierfreundlicher Haltungsformen und die zunehmende Zahl an Konsumentinnen und Konsumenten, die konsequent entsprechende Produkte nachfragen und bereit sind, dafür etwas mehr zu bezahlen. Das alles brächte aber den Tieren noch gar nichts, wenn nicht zehntausende von Bauernfamilien in den letzten drei Jahrzehnten Milliarden Franken in tierfreundliche Haltungsformen investiert hätten und tagtäglich zu den Tieren schauen würden.

Ein konsequenter Tierschutz ist eine grosse Chance für unsere Bauern. Nur für qualititativ hochstehende Produkte von naturnahen und tierfreundlichen Bauernhöfen werden Konsumenten in Zukunft bereit sein, den höheren Preis für Schweizer Produkte zu bezahlen. Und nur solche Höfe wollen die Steuerzahler mit Direktzahlungen unterstützt wissen. Diese, vom Schweizer Tierschutz STS seit vielen Jahren aufgezeigten Zusammenhänge, haben mittlerweile breite Akzeptanz gefunden. Die sogenannte „Qualitätsstrategie“ für die Schweizer Landwirtschaft und Schweizer Lebensmittel ist heute in aller Munde.

Doch noch ist diese weit von ihrer Realisation entfernt, gerade was den Aspekt „Tierwohl“ betrifft. Noch können Millionen von Masthühnern und hunderttausende von Mastrindern und –schweinen überhaupt nicht, und rund 150'000 Kühe nur 90 Tage im Jahr für jeweils einige Stunden ins Freie. Weiteren Hunderttausenden von Mastschweinen und –rindern wird selbst eine weiche Einstreu zum Liegen vorenthalten.

Und was ist im Rahmen der „Qualitätsstrategie“ von der primär auf dem Import von hunderttausenden von Tonnen Kraftfutter basierenden Hochleistungsstrategie bei Schweizer Milchkühen zu halten? Hier haben Tierschützer und Bauern eine grosse Aufgabe vor sich. Ich meine bewusst „gemeinsam“, weil eine artgerechte Tierhaltung und ein schonender Umgang mit Tieren im Stall, Auslauf und auf der Weide nachhaltig nur mit und nicht gegen die Bauern realisiert werden können. Bauern und Tierschützer haben es heute nach Jahrzehnten der Konfrontation in der Hand: Sie können gemeinsam für das Tierwohl einstehen und die Marke „Freilandhaltungsland Schweiz“ schaffen.

Um die Konsequenzen eines Freihandelsabkommen für das Tierwohl einschätzen zu können, hat der STS die Schweiz und die EU verglichen. Die wichtigsten Erkenntnisse sind:

1. Obwohl die Schweizer Tierschutzgesetzgebung wie die EU-Nutztierrichtlinien lediglich Mindestmasse und Vorschriften enthalten, welche die Grenze zur Tierquälerei definieren und damit keine optimale, tierfreundliche Haltung garantieren, sind Schweizer Nutztiere von Gesetzes wegen etwas besser geschützt als ihre Kollegen in der EU. Einerseits liegen in der Schweiz für alle Nutztiere konkrete und detaillierte Vorschriften vor und andererseits sind bei jenen vier Tierkategorien, wo EU-Richtlinien existieren (Kälber, Schweine, Legehennen, Masthühner), die CH-Vorschriften strenger.

2. Die Schweiz steht europaweit bei der Verbreitung von tierfreundlichen Ställen und der Auslauf/Freilandhaltungen bei praktisch allen Tierarten entweder mit oder alleine an der Spitze. Über alle Tierarten gesehen weist die Schweiz mit Abstand die höchsten Anteile an Weide/Auslauf/Freilandhaltungen auf. Allerdings: Unter den Blinden ist der Einäugige König. Absolut gesehen ist die Verbreitung von BTS- und RAUS-Tierhaltungen in der Schweiz bei mehreren Tierkategorien noch unterdurchschnittlich, z.B. bei BTS (GVE): Sehr tief (unter 20%): Männliches Jungvieh; Tief (20 - 40%): Milchkühe, Rinder, Stiere, Jungvieh, Ziegen, Zuchthühner; RAUS (GVE): Sehr tief (unter 20%): Mastkälber, Kaninchen, Zuchthühner, Junghennen, Mastpoulets. Tief (20 - 40%): männliches Jungvieh, Aufzuchtkälber, Kälber unter 4 Monate. D.h. auch in der Schweiz können Millionen von Nutztieren nicht regelmässig ins Freie!

3. Die Schweiz ist von eher kleineren und mittelgrossen Tierherden, also einer bäuerlichen Tierhaltung, geprägt, während in der EU das Gros des Fleisches und der Eier in Massentierhaltungen mit zehn- und hunderttausenden von Tieren produziert wird. Bäuerliche Tierhaltungen weisen klare tierschützerische Vorteile auf, produzieren aber teurer.

4. Die Schweiz weist bei der zeitlichen Dauer von Tiertransporten klare tierschützerische Vorteile auf. Auch dank des noch geltenden Schlachttiertransitverbotes für Klauentiere, dass erfreulicherweise im März 2011 vom Bundesrat um Pferde und Geflügel ergänzt wurde, konnten eine Vielzahl von in der EU wütenden Tierseuchen und –krankheiten von der Schweiz ferngehalten und millionenfaches Tierleid vermieden werden.

5. Der tierschützerisch bedeutsamste Unterschied zur EU beim Schlachten ist das Gebot in der Schweiz, Tiere nur nach vorgängiger Betäubung zu schlachten. Ansonsten sind die gesetzlichen Vorschriften vergleichbar. In der Praxis machen sich indessen die in der Schweine- und Geflügeltötung um 50 - 100% höheren Schlachtfrequenzen in der EU dort zu Ungunsten des Tierwohles bemerkbar.

6. Jene Bauern, die Anrecht auf Direktzahlungen haben, werden heute in der Schweiz regelmässig überprüft und Fehlbare sanktioniert. Allerdings geschieht das Gros der Tierhaltungskontrollen nach Voranmeldung. Problematischer dürfte die Überwachung bei nicht direktzahlungsberechtigten Nutztierhaltern sein, etwa Hobbybetrieben. Die Nutztierkontrollen in der EU differieren in ihrer Qualität von Land zu Land und dürften heute auf einem ähnlich unbefriedigenden Niveau liegen wie in der Schweiz vor 20 Jahren. Tierschutzvorschriften werden in der Schweiz besser überwacht und sanktioniert als in der EU.

Aus diesen Gründen sieht der STS in einem Freihandelsabkommen mit der EU eine Gefahr für das Tierwohl und möglicherweise das Ende der Qualitätsproduktion. Er wird sich deshalb in Zukunft mit aller Kraft für die Umsetzung der Qualitätsstrategie einsetzen, mit dem Ziel eines Freilandhaltungsland Schweiz.



Was haben die Nutztiere von 30 Jahren Tierschutzgesetz? Auszug aus dem Referat von Prof. Dr. med. vet. Hans Wyss, Direktor Bundesamt für Veterinärwesen


In den letzten 30 Jahren hat sich die Nutztierhaltung in der Schweiz stark verändert. Einen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat die Tierschutzgesetzgebung, die 1981 in Kraft getreten und zwischen 2004 und 2008 total revidiert worden ist. Darin werden die Grundanforderungen definiert, wie in der Schweiz die Tiere gehalten werden müssen. Aber auch die veränderte Landwirtschaftspolitik und speziell die Schaffung von sogenannten Anreizprogrammen, haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Tierhaltung heute in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut dasteht. Dieses gute Niveau entspricht auch dem Willen der Schweizer Bevölkerung, die immer wieder zum Ausdruck gebracht hat, dass sie eine tiergerechte Haltung wünscht.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ersten Schweizer Tierschutzverordnung 1981 war die Haltung der Nutztiere in einer Phase, in der intensive Haltungsformen als zeitgemäss betrachtet wurden. Legehennen wurden zunehmend in Batteriekäfigen gehalten, für Zuchtsauen waren Kastenstände sowohl während der Trächtigkeit als auch in den Abferkelbuchen das Haltungssystem der Wahl, und Mastschweine und Mastrinder wurden üblicherweise in Vollspaltenbuchten gehalten.

In mehreren Schritten wurde die Tierschutzgesetzgebung in den vergangenen 30 Jahren revidiert, um den Bedürfnissen der Nutztiere besser Rechnung zu tragen. Ein wesentlicher letzter Schritt in dieser Entwicklung war das Inkrafttreten des neuen Tierschutzgesetzes und der entsprechenden Verordnung am 1. September 2008 . Damit wurde ein Gesetzgebungsprozess abgeschlossen, der durch einen Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats über Vollzugsmängel bei der Umsetzung der Tierschutzvorschriften bereits Mitte der Neunzigerjahre initiiert worden war, um die inzwischen erkannten Mängel im 1978 erlassenen Tierschutzgesetz zu korrigieren.

Den Vollzug des Tierschutzgesetzes nachhaltig zu verbessern, war die Hauptzielsetzung der Gesetzes- und Verordnungsrevision. Deshalb sind nun alle Kantone verpflichtet, eine verantwortliche Fachstelle für den Tierschutzvollzug einzurichten. Ein besonderes Gewicht wurde auch auf eine verbesserte Information der breiten Öffentlichkeit und auf die gezielte Ausbildung der Tierhalterinnen und Tierhalter sowie weiterer Personen, die mit Tieren umgehen, gelegt. Dadurch soll die tiergerechte Haltung und der verantwortungsbewusste und schonende Umgang mit Tieren gewährleistet werden.

Neuerungen für die Haltung von Schweinen

Die für die Schweine wesentlichste Neuerung der Revision von 2008 besteht darin, dass herkömmliche Vollspaltenbuchten für Mastschweine nach Ablauf einer Übergangsfrist von 10 Jahren verboten werden und durch Zweiflächenbuchten mit einem in grösseren Flächen zusammenhängenden Liegebereich ersetzt werden müssen. Neu darf dieser Liegebereich aber einen geringen Perforationsanteil zum Abfliessen von Flüssigkeiten aufweisen.

Das minimale Flächenangebot für Mastschweine in Zweiflächenbuchten entspricht den bisherigen Vorgaben. Für Schweine mit einem Gewicht von 85-110 kg muss beispielsweise eine Gesamtfläche von 0.9 m2 pro Tier und eine Liegefläche von 0.6 m2 pro Tier angeboten werden. Verglichen mit dem bisherigen minimalen Platzangebot von 0.65 m2 pro Tier in Vollspaltenbuchten in der Endmastphase sind die neuen Mindestabmessungen deutlich erhöht.

Neu müssen sich Schweine jederzeit mit Stroh, Raufutter oder anderem gleichwertigem Material beschäftigen können (Übergangsfrist 5 Jahre). Dadurch wird dem Beschäftigungsbedürfnis der Schweine Rechnung getragen. Rationiert gefütterten Zuchtsauen muss zudem in Ergänzung zum Kraftfutter ausreichend Futter mit hohem Rohfaseranteil zur Verfügung stehen, so dass sie sich nach der Futteraufnahme gesättigt fühlen.

Kastenstände dürfen für Zuchtsauen nach dem Absetzen nur noch während der Deckzeit und höchstens während zehn Tagen verwendet werden. In Abferkelbuchten muss sich die Sau frei drehen können und sie darf nur im Einzelfall, bei Bösartigkeit gegenüber den Ferkeln oder Gliedmassenproblemen, während der Geburtsphase fixiert werden. Eine weitere wesentliche Neuerung für Schweine betrifft die Kastration von Ferkeln. Diese darf seit 2010 nur noch unter Schmerzausschaltung vorgenommen werden.

Neuerungen für die Haltung von Rindern

Für Mastrinder muss neu ab dem Alter von 5 Monaten ein Liegebereich vorhanden sein, der entweder mit ausreichend geeigneter Einstreu oder mit einem weichen, verformbaren Material versehen is. Sie dürfen somit in Zukunft nicht mehr in Vollspaltenbuchten mit harten Böden gehalten werden (Übergangsfrist 5 Jahre). Diese Änderung bezüglich der Bodenqualität wird sich insbesondere positiv auf das Liegeverhalten der Tiere und die Trittsicherheit in den Buchten auswirken. Zudem wurden die Vorgaben zum minimalen Platzangebot pro Tier erhöht. Neu müssen Mastrindern in vollperforierten Buchten ab 450 kg mindestens 3.0 m2 pro Tier zur Verfügung gestellt werden.

Um dem seit 1981 erfolgten Zuchtfortschritt und der Rassenvielfalt bei den Kühen Rechnung zu tragen, werden in der neuen Tierschutzverordnung nicht mehr nur minimale Abmessungen für Kühe mit einer Widerristhöhe von 135 ± 5 cm angegeben, sondern neu auch solche für Tiere mit einer Widerristhöhe von 125 ± 5 cm und 145 ± 5 cm. Diese Abmessungen betreffen die Länge und Breite von Standplätzen und Liegeboxen sowie die Fressplatzbreite und die Breite von Laufgängen zwischen den Boxenreihen und hinter dem Fressplatz. Durch die Neuerungen wird berücksichtigt, dass grössere Kühe für ein artgemässes Aufsteh-, Abliege- und Liegeverhalten mehr Platz benötigen, um beispielsweise den Kopfschwung auszuführen oder entspannte Liegepositionen einzunehmen.

Ebenfalls neu in der Rinderhaltung ist die Vorgabe, dass keine neuen Standplätze mit Kuhtrainer mehr eingerichtet werden dürfen. Zudem enthält die Tierschutzverordnung jetzt detaillierte Bestimmungen, die bei der Verwendung von Elektrobügeln gelten. So darf beispielsweise der Abstand zwischen Widerrist und Elektrobügel 5 cm nicht unterschreiten, und die Netzgeräte dürfen höchstens an zwei Tagen pro Woche eingeschaltet sein.

Um die negativen Auswirkungen der Anbindehaltung von Rindern zu reduzieren, wurden die Vorgaben für den regelmässigen Auslauf noch spezifischer als bisher verfasst. Neu müssen angebunden gehaltene Rinder mindestens an 60 Tagen während der Vegetationsperiode und an 30 Tagen während der Winterfütterungsperiode Auslauf erhalten. Sie dürfen zudem höchstens 2 Wochen ohne Auslauf bleiben.

Eine wesentliche Neuerung bei den Kälbern besteht in der Vorgabe, dass diesen ab der dritten Lebenswoche Heu, Mais oder anderes geeignetes Futter, das die Rohfaserversor-gung gewährleistet, zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen. Stroh allein gilt somit neu nicht mehr als geeignetes Futter. Dadurch sollen einerseits die bei Kälbern häufig auftretenden Labmagenläsionen reduziert und anderseits die Eisenversorgung verbessert werden.

Neuerungen für die Haltung von Schafen und Ziegen

Bisher enthielt die Schweizer Tierschutzverordnung keine spezifischen Vorgaben für die Haltung von Schafen und Ziegen. Hingegen gab es vom Bundesamt für Veterinärwesen herausgegebene Richtlinien für die Haltung dieser Tierarten. In der neuen Tierschutzverordnung wird nun festgehalten, dass für Schafe und Ziegen ein Liegebereich vorhanden sein muss, der mit ausreichend geeigneter Einstreu versehen ist. Für Ziegen dürfen keine Standplätze mehr neu eingerichtet werden, ausgenommen in Ställen, die im Sömmerungsgebiet nur saisonal genutzt werden. Werden sie in Anbindehaltung gehalten, so müssen sie regelmässig, mindestens jedoch an 120 Tagen während der Vegetationsperiode und an 50 Tagen während der Winterfütterungsperiode Auslauf haben.

Neu enthält die Tierschutzverordnung auch Mindestabmessungen für die Haltung von Schafen und Ziegen, welche für beide Tierarten das Flächenangebot pro Tier und die Fressplatzbreite sowie für Ziegen zusätzlich die Breite und Länge von Standplätzen und die Anzahl Fressplätze pro Tier regeln. Einige dieser Abmessungen sind grösser als die Vorgaben der bisherigen Richtlinien für die Haltung von Schafen und Ziegen, weshalb sie erst nach Ablauf einer Übergangsfrist von 10 Jahren für alle Ställe verbindlich werden.

Schlussbemerkungen

Die Zusammenstellung der Neuerungen der Revision der Tierschutzgesetzgebung von 2008 zeigt auf, dass das Schutzniveau für Nutztiere in den vergangenen 30 Jahren deutlich erhöht wurde. Darüber hinaus wurde der Vollzug durch regelmässige und flächendeckende Tierschutzkontrollen gestärkt. Das Bundesamt für Vetrerinärwesen und die Tierschutzfachstellen der Kantone werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass das Schutzniveau für Nutztiere in der Schweiz hoch ist. Zudem will es mit den in der Schweiz vorhandenen Erfahrungen mit tiergerechten Haltungsformen vermehrt international ausstrahlen und so auch die Qualität der Nutztierhaltung ausserhalb der Schweiz beeinflussen.



Tierwohl als wichtige Säule der Agrarpolitik: Auszug aus dem Referat von Manfred Bötsch, Direktor Bundesamt für Landwirtschaft.


Das Tierwohl ist der Schweizer Bevölkerung wichtig. In repräsentativen Umfragen zu den Erwartungen der Bevölkerung an die Landwirtschaft ist das Wohl der Tiere jeweils unter den fünf wichtigsten Anliegen zu finden. Die Agrarpolitik setzt auf drei Massnahmenbereiche, nämlich: Marktstützung und Absatzförderung, Direktzahlungen und Strukturverbesserungsmassnahmen. Die Anliegen des Tierwohls sind in allen drei Massnahmenbereichen aufgenommen worden. Im Bereich „Direktzahlungen“ werden besonders tierfreundliche Haltungsformen mit Beiträgen unterstützt.

Im Bereich der „Strukturverbesserungsmassnahmen“ werden Investitionen in besonders tierfreundliche Stallsysteme mit einem Bonus gefördert. Im Bereich „Marktstützung und Absatzförderung“ werden mit Deklarationsvorschriften und Absatzförderungsbeiträgen die Transparenz erhöht sowie die Information für die Konsumenten verbessert. So trägt die Agrarpolitik mit einem kohärenten Set an Förderungs- und Informationsmassnahmen zur Stärkung des Tierwohls bei.

Gemessen an den Ausgaben des Bundes sind die Direktzahlungen das wichtigste Instrument. Wesentlich ist, dass die Einhaltung des Tierschutzgesetzes eine Grundvoraussetzung für die Beitragsberechtigung zu jedwelchen Direktzahlungen ist. Jeder Landwirt der Direktzahlungen beansprucht, muss den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) erbringen. Zu diesem ÖLN gehört die Einhaltung des Tierschutzgesetzes. Dies hat zur Folge, dass die Verletzung des Tierschutzgesetzes nicht nur die Straffolgen gemäss Tierschutzgesetz hat, sondern kumulativ noch Kürzungen oder den Verlust der Direktzahlungen nach sich zieht.

Überdies führt diese Regelung zu einer Beweislastumkehr. Polizeirecht, wie es das Tierschutzgesetz ist, wird üblicherweise von den zuständigen Vollzugsbehörden durchgesetzt. Diese muss eine allfällige Verletzung des Gesetzes beweisen. Mit der Beweislastumkehr wird der Landwirt verpflichtet, die Einhaltung der Tierschutznormen zu belegen. Er muss dies durch den Bericht einer akkreditierten Kontrollorganisation bestätigen können.

Im Bereich der Direktzahlungen stehen dem Landwirt zwei ethologische Programme (Ethoprogramme) in Ergänzung zu den ökologischen Programmen (Ökoprogramme) zur Verfügung. Das eine verpflichtet den Landwirt den Tieren regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS), bzw. auf den Weiden während der Vegetationsperiode, zu gewähren. Das zweite Programm gewährt Beiträge an besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS). Bei beiden Programmen sind gegenüber dem Tierschutzgesetz zusätzliche und verschärfte Auflagen zu erfüllen und können kumuliert werden. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Abgeltung richtet sich nach den durchschnittlichen Mehrkosten abzüglich der Mehrerlöse.

Seit der Einführung hat die Beteiligung an diesen Programmen erfreulich zugenommen. Im Durchschnitt aller Tierkategorien werden heute über 70 Prozent der Tiere im RAUS-Programm gehalten. Die Beteiligung beim BTS-Programm liegt im Durchschnitt aller Kategorien auf dem Niveau von rund 45 Prozent. Insgesamt wurden 2009 rund 225 Mio. Franken aufgewendet. Die Gründe für die je nach Tierkategorie unterschiedlichen Beteiligungsraten sind vielfältig. Mangelnde Nachfrage, schwierige Weideführung und hohe Investitionskosten sind erklärende Faktoren.

Im Bereich der „Strukturverbesserungen“ wird bei Investitionshilfen für den Um- oder Neubau von Ställen für Wiederkäuer mit besonders tierfreundlichen Haltungssystemen ein Zuschlag von 20 Prozent ausgerichtet. Damit wird bereits beim Investitionsentscheid durch diesen Bonus das Tierwohl für Wiederkäuer gefördert. Das Anreizsystem wirkt. Im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2009 wurden gemessen an der Tierzahl in 92% besonders tierfreundliche Haltungssysteme gebaut. Das BTS-Programm ist damit faktisch Standard. (Texte von den genannten Referenten. Bilder: Arthur Rossetti)

Weiterlesen: Nützt oder schadet Agrarfreihandel dem Tierschutz?

Copyright http://www.foodaktuell.ch