Food aktuell
Varia
3.6.2011
Angst vor EHEC-Erreger in Gurken

Verunsicherte Konsumenten halten sich zurück beim Gurkenkauf – auch in der Schweiz. Die Gemüsebranche wirbt nun um das Vertrauen bei den Konsumenten.



Spanische Gurken galten bislang als Quelle der vorab in Nord-deutschland grassierenden EHEC-Erkrankungs-welle.


Enterohämorrhagische Escherichia coli, kurz EHEC, sorgt derzeit bei Konsumenten für Unsicherheit und bei Gemüsebauern für massive Umsatzeinbussen. Das krankmachende Darmbakterium hat in zahlreichen europäischen Ländern zu schweren Erkrankungen geführt und bis am 31. Mai 14 Personen gar das Leben gekostet, wovon 12 Personen Frauen waren.

Die Infektionsquelle war zunächst unbekannt, bis das Hamburger Hygiene-Institut am 26. Mai bei drei aus Spanien importierten Salatgurken ein gefährliches Coli-Bakterium festgestellt hat. Daraufhin ist die Nachfrage nach Gurken zusammengebrochen, so dass spanische, aber auch deutsche und niederländische Bauern derzeit tonnenweise Gemüse auf den Müll werden müssen und Verluste in Millionenhöhe einfahren.

Nachfrage bricht zusammen

In der Schweiz sind bislang zwei Personen nach einer Deutschlandreise an EHEC erkrankt (Stand 1. Juni). Unsicherheit und Vorsicht herrscht deswegen auch bei Schweizer Konsumenten. Die Nachfrage nach Gurken sei spürbar zurückgegangen, erklärt Coop-Mediensprecherin Sabine Vulic. Genaue Zahlen wollte sie nicht nennen. Die Migros hat am Samstag und Montag gemäss Mediensprecherin Monika Weibel rund 30 Prozent weniger Gurken verkauft. Alle anderen Gemüse würden hingegen normal laufen.

Laut Marc Wermelinger, Geschäftsführer des Verbandes des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels, Swisscofel, sei die Nachfrage anfangs Woche schlagartig eingebrochen. Insbesondere Grossküchen wie Kantinen oder Spitäler hätten kaum mehr Gurken bestellt. Der Detailhandel habe etwa 40 bis 50 Prozent der sonst üblichen Mengen geordert.


Die Gemüsebranche trifft der plötzliche Nachfragerückgang hart: Die Hauptsaison ist angebrochen, pro Woche werden rund 600 Tonnen Gurken geerntet – bis zu 1,2 Millionen Stück. Wermelinger rechnet, sollte die derzeitige Situation anhalten, mit einem wöchentlichen Umsatzverlust von bis zu einer Million Franken.

Selbst wenn nun die Nachfrage wieder anziehe, sei es mehr als fraglich, ob die in den Kühlhäusern nun anstauende Menge je vollständig verkauft werden könne. Bislang mussten zwar noch keine Gurken auf dem Müll entsorgt werden wie in Deutschland oder Spanien. Gurken sind aber nur zwischen vier und sechs Tagen haltbar. Danach können sie aufgrund der abnehmenden Qualität nicht mehr verkauft werden.

Schweizer Gemüse ist sicher

Die derzeit in den Verkaufsregalen der Detaillisten liegenden Gurken stammen allesamt aus hiesiger Produktion. Diese seien, wie überhaupt alles Schweizer Gemüse, EHEC-frei, versichern Bio Suisse, der Gemüseverband und Swisscofel in einer gemeinsamen Medienmitteilung.

So werde die Einhaltung von Hygienekriterien strengstens kontrolliert. Zudem würden beim Gewächshausanbau wie auch bei der Freilandkulturen nur Handelsdünger oder Bio-Handelsdünger eingesetzt. Der Einsatz von Klärschlamm bei Frischgemüse sei in jeder Form verboten. Zudem würde das Gemüse während der Kulturzeit nie mit Frischmist und Gülle gedüngt. Und schliesslich erfolge der letzte Waschgang des Gemüses stets mit frischem Trinkwasser. Laut Wermelingern wurden zudem zusätzliche Kontrollen angeordnet. EHEC-Keime wurden bei keinen der bislang ausgewerteten Proben entdeckt.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält das auf dem inländischen Markt verkaufte Gemüse denn auch für sicher. In der Schweiz werde derzeit vorwiegend inländisches Gemüse vermarktet. Dieses sei nicht von den Vorfällen in Norddeutschland betoffen, schreibt das BAG in einer Mitteilung.

Spanische Gurken sind nicht schuld an Erkrankungswelle

Spanische Gurken galten bislang als Quelle der EHEC-Keime. Zu Unrecht, wie die am 31. Mai veröffentlichten Untersuchungsresultate zeigen. Zwar wurden auf den Gurken Bakterien des Durchfallerregers gefunden, allerdings nicht diejenigen des Typs 0104, die für die derzeitige Erkrankungswelle verantwortlich sind. Damit beginnt die Suche nach der Quelle von Neuem. Weiter unklar bleibt zudem, warum die Gurken überhaupt mit dem Coli-Bakterium kontaminiert waren. Als mögliche Erklärung kommt etwa die unsachgemässe Anwendung von Mist und Gülle oder der Einsatz von Klärschlamm in Frage. (LID / Michael Wahl)

Kommentar der LID-Redaktion

Vor einigen Jahren kam das Böse in Form von Vögeln, dann waren die Schweine dran. Und jetzt sollen Gurken und anderes Gemüse auf dem Weg sein, die Menschheit zu vernichten. Das könnte man jedenfalls glauben, wenn man diverse Printmedien betrachtet. Dass Menschen am EHEC-Bakterienstamm gestorben sind, muss selbstverständlich ernst genommen und medial behandelt werden. Aber Schlagzeilen wie "So wütet der Killerkeim EHEC" oder "An Bio-Gemüse kann man sterben" retten weder einen Menschen noch tragen sie zur Lösung der Probleme bei. Sie verbreiten einzig Unsicherheit bei den Konsumenten und verursachen den Produzenten Absatzprobleme. Auch jenen, die absolut einwandfreie Ware anbieten. (LID / Michael Wahl)



Laboranalysen der Universität Zürich bestätigen: „EHEC-frei“. Auch das BAG teilt mit: Schweizer Gemüse kann bedenkenlos konsumiert werden



Gemüseproduzenten hoffen auf die Konsumenten

(Gemeinsame Medienmitteilung von SWISSCOFEL und VSGP am 3. Juni 2011) - Trotz der Entwarnung des Bundesamtes für Gesundheit, das bestätigt, dass das Gemüse auf dem Schweizer Markt bedenkenlos konsumiert werden kann, verharrt die Nachfrage insbesondere bei den Salatgurken und teilweise bei weiteren Gemüsearten immer noch auf tiefem Niveau. Das Wichtigste ist jetzt, dass das Vertrauen der Konsumenten zurückkehrt. Zu Unrecht wurden Gemüse und insbesondere Gurken als Verursacher der EHEC-Erkrankungen verdächtigt.

Wie die TV-Sendung „10vor10“ vom 1.6.2011 berichtete, mussten wegen des markanten Rückgangs der Nachfrage bereits Salatgurken kompostiert werden. Derzeit liegen mehrere hunderttausend Gurken unverkauft in den Schweizer Kühllagern. Man muss davon ausgehen, dass nur ein Teil davon auf dem Markt abgesetzt werden kann.

Die verantwortlichen Stellen des Verbandes der schweizerischen Gemüseproduzenten VSGP prüfen derzeit, ob sie staatliche Unterstützung zur Bewältigung dieser Krise beantragen werden. Ihre Berufskollegen in der EU haben dies mit Erfolg getan. Den niederländischen Gurkenerzeugern wurden von der EU bereits Mittel für marktentlastende Massnahmen zugesagt. Gemüseproduzenten in Deutschland, Belgien und weiteren Ländern werden ebenfalls entsprechende Gesuche bei der EU einreichen.

Gemüse in der Schweiz einwandfrei

In allen von der Gemüsebranche durchgeführten Laboranalysen wurden keine EHEC-Bakterien gefunden. In den Ladenregalen der Grossverteiler stehen ausschliesslich Schweizer Gurken bester Qualität. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist Schweizer Gemüse vollständig sicher und kann uneingeschränkt konsumiert werden.

Die lückenlose Einhaltung der guten Herstellungspraxis in der Schweizer Gemüseproduktion (SwissGAP), ist durch regelmässige Kontrollen gewährleistet. Im Rahmen ihrer Selbstkontrolle haben die Vermarktungsbetriebe zusätzliche Laboranalysen in Auftrag gegeben. In allen getesteten Stichproben am Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene der Universität Zürich wurden keine EHEC-Bakterien gefunden. Schweizer Gemüse kann also bedenkenlos konsumiert werden.

Grossverteiler führen zu 100% Schweizer Gurken

Die Gurken in den Regalen stammen momentan zu 100% aus der Schweizer Produktion und sind klar gekennzeichnet. Generell wird zurzeit hauptsächlich Schweizer Gemüse vermarktet. Die Situation verdeutlicht einmal mehr, dass der Schweizer Produktionsstandort mit den strikten und lückenlos durchgesetzten Produktionsnormen unbedingt gefördert werden muss. Konsumentinnen und Konsumenten erkennen am Label SUISSE GARANTIE, dass Gemüse garantiert aus der Schweiz kommt. Das Label SUISSE GARANTIE garantiert, dass 100% der Rohstoffe aus der Schweiz stammen.

Dr. Michael Beer vom Bundesamt für Gesundheit lässt gegenüber Radio DRS keine Zweifel offen: „Gemüse kann in der Schweiz bedenkenlos konsumiert werden“. Das BAG attestiert dem Schweizer Gemüse eine hohe Lebensmittelsicherheit und bestätigt, dass in der Schweiz noch nie ein durch pflanzliche Lebensmittel verursachter Ausbruch von EHEC beobachtet wurde. (Text: SWISSCOFEL und VSGP)

Copyright http://www.foodaktuell.ch