Food aktuell
Varia
6.7.2011
Fleischimport: wie und warum?

Der Import von Fleisch führt in der Branche immer wieder zu kontroversen Diskussionen. Darüber, wie und durch wen die Importmengen geregelt werden, bestehen oft Missverständnisse.


Lammfleisch aus Schottland (Bild) besitzt einen intensiveren Geschmack als schweizerisches, weil die Lämmer in Schottland mit höherem Alter geschlachtet werden. Dezentes Lamm ist in der Schweiz aber beliebter. Importiertes Rindfleisch aus Nord- und Südamerika bietet sowohl kostenmässige wie auch qualitative Vorteile, obwohl Schweizer Fleisch bei der Qualität aufgeholt hat. Bei einigen Fleischsorten wie Wild, Pferd, Trute, Kaninchen und Strauss reicht die Schweizer Produktion bei weitem nicht aus für die Bedarfsdeckung.


Die Importregelung für Fleisch basiert auf dem WTO-Agrarabkommen von 1995. Gemäss den WTO-Verträgen muss die Schweiz den internationalen Marktpartnern einen minimalen Marktzutritt einräumen. Um dies zu gewährleisten, wurden Zollkontingente festgelegt. Für den Fleischimport sind dies die Kontingente Nr. 5 («rotes Fleisch», auf Raufutterbasis produziert) mit einem Umfang von jährlich 22'500 Tonnen brutto und Nr. 6 («weisses Fleisch», auf Kraftfutterbasis produziert) mit einer Menge von 54'500 Tonnen brutto pro Jahr. Beide Kontingente sind in Teilkontingente aufgegliedert.

Das Bundesamt für Landwirtschaft entscheidet

Die periodische Freigabe der Importmengen verfügt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) nach Anhörung der interessierten Kreise. Diese Anhörungen finden gemäss den Bestimmungen der Schlachtviehverordnung im Verwaltungsrat der Branchenorganisation Proviande statt.

Proviande ist gemäss ihrem Leitbild bestrebt, zu einem ausgewogenen Fleischmarkt beizutragen, auf dem Fleisch stets in ausreichender Menge und Schweizer Fleisch in guter Qualität verfügbar ist. Der Verwaltungsrat von Proviande ist paritätisch zusammengesetzt aus je sechs stimmberechtigten Vertretern der Produzentenorganisationen sowie der Verwerter und Vermittler (Handel).

Die Konsumenten und die Grossverbraucher (Gastronomie) sind mit beratender Stimme im Verwaltungsrat vertreten. Die Verwaltungsräte sind allesamt bestens ausgewiesene Marktkenner. Nach eingehender Darlegung und Diskussion der Marktlage beschliessen sie in der Regel im Konsens – oder dann mit Stimmenmehrheit – über die Importanträge ans BLW. Bei Stimmengleichheit entscheidet der neutrale, ansonsten nicht stimmberechtigte VR-Präsident mit Stichentscheid. Dies ist allerdings nur selten erforderlich.

So funktioniert die Zuteilung

Die Verteilung der Zollkontingente erfolgt gemäss Schlachtviehverordnung grösstenteils durch Versteigerung. Die Importfreigaben von Kalb-, Rind- und Lammfleisch werden zu 90% versteigert, die restlichen 10% anhand der freien Käufe von Tieren auf öffentlichen Schlachtviehmärkten verteilt. Die übrigen Teilzollkontingente werden vollständig versteigert. Die versteigerten Mengen werden dem Meistbietenden zugeteilt.


Poulet de Bresse aus Frankreich gilt als eines der edelsten Poulets und ist eine bekannte Marke. In der Schweiz wird ein ähnliches Produkt produziert, die Rheintaler Ribelmais-Poularde. Importiert wird beim Geflügel aber vor allem Ware im unteren Preissegment.


Das vom Parlament im Rahmen der Agrarpolitik 2007 beschlossene Versteigerungssystem wird von vielen Marktteilnehmern kritisiert, da die Planbarkeit der Importmengen nicht mehr gewährleistet ist und weil der Bund über die Versteigerung die Kostenrechnung der importierenden Unternehmen mit rund 140 Mio. Franken pro Jahr belastet. Andererseits hat jede in der Schweiz ansässige juristische oder natürliche Person die Möglichkeit, Importrechte zu ersteigern. Dass zahlreiche Unternehmen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, zeigen die jeweiligen Publikationen des BLW zu den versteigerten und verfügten Importmengen.

Importe ausserhalb der Zollkontingente sind möglich

Ausserhalb der Zollkontingente (AZK) gibt es keine mengenmässigen Importbeschränkungen. Allerdings muss für solche AZK-Einfuhren ein höherer Zoll bezahlt werden, was sie weniger attraktiv macht. Je nach Preiskonstellation zwischen In- und Ausland und je nach Höhe der Importfreigaben werden zuweilen jedoch namhafte AZK-Importe getätigt.

Die Importfreigaben haben in den vergangenen Jahren die in den WTO-Verträgen festgelegten Mindestmengen für weisses Fleisch (Geflügel und Schweinefleisch) meist gut erreicht und für rotes Fleisch (Rind-, Schaf- und Pferdefleisch) stets deutlich überschritten. Die stetig steigenden Fleischkonsumzahlen der letzten Jahre zeigen, dass der Schweizer Markt regelmässig mit genügend einheimischem und zur Ergänzung mit adäquaten Mengen importiertem Fleisch versorgt wurde.

Mehr Infos:
Kontaktperson: Heinrich Bucher, Direktor Telefon: 031 309 41 11, E-Mail: heinrich.bucher@proviande.ch
Verordnung über den Schlachtvieh- und Fleischmarkt (Schlachtviehverordnung, SV): http://www.admin.ch/ch/d/sr/9/916.341.de.pdf
(Text: Proviande. Bilder und Legenden: Redaktion)

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