Food aktuell
Varia
29.12.2011
Studie BAG/SHL: Reduktion des Salzkonsums


Der Kochsalzkonsum der Schweizer Bevölkerung liegt mit durchschnittlich 9.35 g pro Tag deutlich über den gängigen Ernährungsempfehlungen von 6 g und auch über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von weniger als 5 g. Ungefähr 75 % des konsumierten Kochsalzes werden durch verarbeitete Lebensmittel aufgenommen.

In der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) verfassten Salzstrategie 2008 – 2012 sind Ziele und Massnahmen festgehalten, mit denen der Salzkonsum in der Bevölkerung gesenkt werden soll. Im Bereich der verarbeiteten Lebensmittel und in der Gastronomie wird gemeinsam eine Reduktion des Salzkonsums von 16 % innerhalb von 4 Jahren angestrebt. Mit dieser Massnahme soll die durchschnittliche Tageszufuhr auf 8 g gesenkt werden.

Das BAG hat die Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft (SHL) beauftragt, die Möglichkeiten zur Senkung des Salzkonsums unter Erhaltung der Qualität und Sicherheit im Bereich der verarbeiteten Lebensmittel im Rahmen eines Forschungsprojekts abzuklären. Ziel dieses Projekts war es, in Zusammenarbeit mit Wirtschaftspartnern die erforderlichen Grundlagen zu erarbeiten und auf dieser Basis für ausgewählte Lebensmittel, welche einen wesentlichen Beitrag zur Salzzufuhr leisten, Zielwerte für anzustrebende Salzgehalte sowie Empfehlungen zu deren Umsetzung abzuleiten.

Das Projekt gliederte sich in vier Teilprojekte:
1. Evaluation der für eine Kochsalzreduktion relevanten Lebensmittelkategorien und Lebensmittel basierend auf Verbrauchs- und Nährwertdaten sowie Auswahl von im Rahmen des Projekts abzuklärenden Produktgruppen und spezifischen Lebensmitteln
2. Rekrutierung von Projekt- bzw. Wirtschaftspartnern
3. Durchführung experimenteller Abklärungen salzreduzierter Lebensmittel hinsichtlich technologischer Machbarkeit, Lebensmittelsicherheit und sensorischer Akzeptanz sowie Erhebung von Daten zu Salzgehalten und Salzreduktionen in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern
4. Ableitung von Zielwerten für Salzgehalte ausgewählter Lebensmittel bzw. Produktgruppen sowie Ausarbeitung von Empfehlungen zur Umsetzung basierend auf den Abklärungsergebnissen und Literaturdaten

Aufgrund der im ersten Projektschritt durchgeführten Evaluation wurden Brot und Backwaren, Fleischerzeugnisse, Fertiggerichte und Menü-Komponenten sowie Käse und Käseerzeugnisse als die vier wichtigsten Lebensmittelkategorien identifiziert. Mit Ausnahme von Käse und Käseerzeugnissen wurden pro Kategorie mindestens 3 Produkte ausgewählt und im experimentellen Teil des Projekts abgeklärt. Auf diese Weise wurden insgesamt 14 Lebensmittel, welche wesentlich zum Kochsalzkonsum beitragen, untersucht.

Die für die Erarbeitung der Grundlagen erforderlichen Wirtschaftspartner wurden mit Hilfe von zwei elektronischen Rundschreiben rekrutiert. Für eine Zusammenarbeit haben sich insgesamt 20 Unternehmen gemeldet, wovon letztlich 13 zu den Projektarbeiten beigetragen haben. 7 Wirtschaftspartner haben Standard- und salzreduzierte Produkte für die Konsumententests hergestellt, 6 weitere Unternehmen (v.a. Lebensmittelhersteller) sowie 3 Institutionen bzw. Branchenverbände haben Datenmaterial zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen der experimentellen Abklärungen wurden anhand der hergestellten salzreduzierten Lebensmittel die technologische Machbarkeit, die Lebensmittelsicherheit und die sensorische Akzeptanz abgeklärt. Die Konsumententests umfassten einen Beliebtheits- bzw. Akzeptanztest, für welchen eine hedonische 9-Punkte-Skala verwendet wurde, sowie einen Präferenztest. Zusätzlich sollten die Testpersonen begründen, weshalb sie die ausgewählte Probe bevorzugt haben, was Aufschluss über die für Konsumenten entscheidenden Beurteilungskriterien ergab.


Die Ableitung der Zielwerte für die anzustrebenden Salzgehalte erfolgte basierend auf den Ergebnissen der Konsumententests und den Angaben der beteiligten Hersteller. Ergänzend wurden Daten aus der Literatur sowie Herstellerangaben zu aktuell auf dem Markt befindlichen Produkten berücksichtigt.

Die Ergebnisse der Konsumententests zeigten, dass bei den meisten untersuchten Produkten die Beliebtheit mit sinkendem Salzgehalt tendenziell abnimmt. Dennoch wurden alle getesteten salzreduzierten Produkte von den Testpersonen akzeptiert sowie viele Produkte von mindestens 50 % der Testpersonen insgesamt positiv beurteilt. Bei einigen der getesteten Lebensmittel wurde eine salzreduzierte Variante gegenüber dem Standardprodukt sogar bevorzugt.

Die Auswertung der von den Testpersonen genannten Begründungen für die Wahl des bevorzugten Produkts ergab zudem, dass die Salzigkeit nicht das einzige Entscheidungskriterium darstellt. Aspekte wie Aussehen (v.a. Farbe), Geruch und Textur spielen eine ebenso wichtige Rolle für die sensorische Akzeptanz. Bei einer Salzreduktion ist es daher von grosser Bedeutung, die gewohnten und charakteristischen Produkteigenschaften soweit wie möglich beizubehalten. Dazu werden bei gewissen Produkten eine umfassende Optimierung der Rezeptur sowie gegebenenfalls Anpassungen im Herstellprozess erforderlich sein.

Aus technologischer Sicht sind im Konzentrationsbereich der vorgeschlagenen Zielwerte keine Schwierigkeiten zu erwarten, da die technologischen Grenzen jeweils deutlich tiefer liegen. Eine Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit ist ebenfalls nicht zu erwarten, wobei diese jedoch bei gewissen Lebensmitteln (v.a. Fleischerzeugnissen) in jedem Fall produktspezifisch überprüft werden muss.

Die für die Produktgruppen der getesteten Lebensmittel vorgeschlagenen Zielwerte für anzustrebende Salzgehalte sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Zielwerte gelten für die genannten Produktgruppen und sind für alle Lebensmittelhersteller umsetzbar, unabhängig davon, ob es sich um einen Gewerbe- oder um einen Industriebetrieb handelt.


Da bereits heute Produkte auf dem Markt erhältlich sind, welche dem Zielwert entsprechen oder diesen sogar unterschreiten, ist die Erreichbarkeit hauptsächlich eine Frage der Zeit. Dabei hängt der Zeitbedarf vor allem davon ab, wie weit der Salzgehalt eines betreffenden Produkts von Zielwert entfernt ist und ob der Gehalt sukzessiv gesenkt werden muss oder die Reduktion in einem einzigen Schritt erfolgen kann. Der Einsatz von Salzsubstituten ist im Konzentrationsbereich der vorgeschlagenen Zielwerte nicht erforderlich und aus Konsumentensicht zudem unerwünscht.

Tab. 1
Zielwerte für anzustrebende Kochsalzgehalte

Alle Brotsorten und Backwaren - max. 20 g Salz pro kg Mehl

Fleischerzeugnisse
max. 17 g Salz pro kg Brät - alle Brühwurstwaren
max. 17 g Salz pro kg Fleisch - Hinter-, Vorder- und Formschinken sowie vergleichbare Produkte

Käse und Käseerzeugnisse:
Keine Zielwerte: siehe Massnahmen

Fertiggerichte und Menü-Komponenten

max. 1.5 % - Fertigsalate mit stark salzhaltigen Zutaten (Fleischerzeugnisse Käse- und Käseerzeugnisse etc.)

max. 1.0 % - alle anderen Fertigsalate (ohne die oben genannten)

Pommes Duchesse - max. 1.0 %

Kartoffelerzeugnisse wie Kartoffelkroketten und vergleichbare Produkte
max. 0.8 % - alle Fertigröstisorten und daraus hergestellte Spezialitäten (z.B. Röstikroketten, Röstigaletten)

max. 1.0 % - alle Fertigteigwaren (mit und ohne Sauce, mit und ohne Füllung)

max. 0.8 % - alle Fertigrisotti

max. 0.9 % - alle Fertigsuppen

1) Bei Fertiggerichten und Menü-Komponenten bezieht sich der Zielwert auf das zubereitete Produkt
2) Keine Konsumententests durchgeführt, Ableitung des Zielwerts aufgrund von Herstellerangaben

Für die Lebensmittelkategorien Brot und Backwaren sowie Fleischerzeugnisse wurde der Zielwert als Salzmenge in Gramm pro Kilogramm Mehl bzw. Fleisch oder Brät festgelegt, da sich diese Bezugs-grössen für die Umsetzung als praktischer erweisen. Für die Lebensmittelkategorie Käse und Käseerzeugnisse wurde es aus verschiedenen Gründen als nicht sinnvoll erachtet, zum jetzigen Zeitpunkt Zielwerte für einzelne Käsesorten festzulegen.

Alternativ wurden Massnahmen vorgeschlagen, mit welchen in einem ersten Schritt die bestehenden grossen Unterscheide im Salzgehalt zwischen ver-gleichbaren Käsesorten, welche unter anderem durch unterschiedliche Rahmenbedingungen der Produzenten bedingt sind, verringert werden sollen.

Ergänzend zu den produktgruppenspezifischen Zielwerten und Empfehlungen wurden flankierende Massnahmen vorgeschlagen. Diese betreffen die Aufklärung innerhalb der Branchen, der Verankerung der Thematik in der Aus- und Weiterbildung sowie die flächendeckende Transparenz der Salzgehalte für Konsumenten wie für Unternehmen im Lebensmittelsektor. Im Weiteren wird die Erarbeitung und Bekanntmachung von Hilfsmittel empfohlen, welche die Lebensmittelhersteller bei der Umsetzung unterstützen sollen.

Eine Abschätzung der Wirksamkeit der vorgeschlagenen Massnahmen kann aufgrund der ungenügenden Datenbasis (v.a. fehlende Konsumstatistiken) nicht gemacht werden. Ein Vergleich mit den Erfolgen von Salzreduktionsprogrammen im Ausland weist darauf hin, dass die in der Schweiz angestrebte Reduktion des Salzkonsums von heute durchschnittlich 9.35 g auf 8.0 g pro Tag zweifellos deutlich länger dauern wird als der in der Salzstrategie des BAG dafür vorgesehene Zeitraum von 4 Jahren.

Im vorliegenden Projekt konnten in Zusammenarbeit mit freiwillig mitwirkenden Wirtschaftspartnern die Grundlagen für 11 Produktgruppen erarbeitet werden. Generell sind jedoch im gesamten Lebensmittelsortiment bezüglich des Salzgehalts erhebliche Unterschiede bei vergleichbaren Produkten feststellbar.

Dies weist auf ein Reduktionspotenzial hin, welches vollumfänglich ausgeschöpft werden sollte, was jedoch eine flächendeckende und in der Branche koordinierte Umsetzung erfordert.

Die Optimierung der Salzgehalte soll für Unternehmen im Lebensmittelsektor eine Daueraufgabe darstellen. Eine nachhaltige Reduktion des Kochsalzkonsums wird nur erreicht werden können, wenn alle relevan-ten Akteure, einschliesslich der Konsumenten, ihre Verantwortung wahrnehmen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Salzreduktion beitragen.

Autoren:
Susan Zülli Claudine Allemann
Berner Fachhochschule (BFH)
Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft (SHL)
Food Science & Management
Länggasse 85, 3052 Zollikofen

Die vorliegende Studie wurde im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Gesundheit erarbeitet (Vertragsnummer 08.005730 / 404.0001 / -2). Der vollständige Bericht ist einsehbar auf Homepage des BAG (www.bag.admin.ch) und der SHL (www.shl.bfh.ch).
Zollikofen, 20. Mai 2011 (überarbeitete Version vom 14. November 2011)
Reduktion des Salzkonsums
SHL Food Science & Management 2 Zusammenfassung

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