Food aktuell
Varia
14.2.2012
Chancen für Käseexport aber wie?


Schweizer Käse im Ausland zu verkaufen, ist derzeit schwierig: Die wirtschaftliche Situation in der EU ist angespannt, die Märkte sind gesättigt und der Euro noch immer schwach. Wachstum sei dennoch möglich, so das Fazit am Milchforum der Schweizer Milchproduzenten. Qualität reiche aber nicht aus. Wichtig sei eine intensive Marktbearbeitung.


Dunkle Gewitterwolken lagen im August 2011 über der Schweizer Käsebranche. Switzerland Cheese Marketing (SCM) veröffentlichte gerade die neusten Exportzahlen für das erste Halbjahr. Die Importe stiegen um 6,2 Prozent an, während die Ausfuhren um 2,3 Prozent auf 28'530 Tonnen schrumpften.

Für das zweite Halbjahr war nichts Gutes zu erahnen. Die Überraschung erfolgte diese Woche. Die Exportzahlen für das ganze 2011 seien wider Erwarten besser ausgefallen, teilte SCM mit. Aus dem Minus wurde ein Plus: So konnte die Schweizer Käsebranche 1,4 Prozent mehr exportieren als im Vorjahr. Einziger Wehrmutstropfen: Die Importe nahmen abermals zu und erreichten mit 48'892 Tonnen einen neuen Höchststand.

Wie aber steht es um die Marktchancen des Schweizer Käses im Ausland in Zeiten, wo in der EU – dem wichtigsten Absatzmarkt – die wirtschaftliche Situation angespannt, die Märkte gesättigt sind und der Euro nach wie vor schwach ist? Diese Frage stand im Zentrum des Milchforums, das vom Dachverband der Schweizer Milchproduzenten (SMP) organisiert wurde und am 9. Februar in Luzern stattfand.

Käse mit Absender gefragt

In Deutschland herrsche ein extremer Wettbewerb, erklärte Elisabeth Wagner-Wehrborn, Geschäftsführerin von Emmi Deutschland. Unter den zehn grössten Detailhandelsketten befänden sich fünf Discounter, deren Marktanteil sich auf 40 Prozent belaufe.

Die deutschen Kunden seien äussert preisbewusst. So hätten im Jahr 2010 einer Studie zufolge knapp 98 Prozent aller Haushalte bei Discountern eingekauft, davon die Hälfte regelmässig. Schwierige Vorzeichen für den Verkauf von Schweizer Käse, zumal Emmi den ohnehin teureren Schweizer Käse aufgrund des schwachen Euros zusätzlich verteuern musste.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Schweizer Käse – Wagner-Wehrborn nannte ihn ein beratungsintensives Produkt – zu 90 Prozent über die Theke verkauft wird. Doch bediente Theken würden immer mehr aus den Läden verschwinden. Schweizer Käse im Selbstbedienungsregal zu vermarkten, sei hingegen schwierig. "Appenzeller und Gruyère sind mit Abstand die teuersten Sorten im Selbstbedienungs-Segment", sagte Wagner-Wehrborn.

Trotz dieser schwierigen Ausgangslage seien Absatzsteigerungen möglich. Das habe sich etwa bei der Kaltbach-Linie gezeigt. Im Ausland seien "Käse mit Absender" gefragt, die eine Geschichte erzählten. Und von denjenigen habe die Schweiz jede Menge. Emmi bewirbt Schweizer Fondue in den Niederlanden mit einem TV-Spot, wo unter anderem saftiggrüne Wiesen, Berge und Murmeltiere zu sehen sind.


Der Faktor Regionalität, betonte Wagner-Wehrborn, werde in Deutschland immer wichtiger. Hier könne der ursprungsgeschützte Schweizer Käse auftrumpfen. Überhaupt sei die Swissness ein Gütesiegel, das für Qualität, Präzision, Kreativität und Langlebigkeit stehe. Allerdings reiche dies nicht aus. Die Konsumenten müssten auf den Schweizer Käse aufmerksam gemacht werden – etwa mittels Degustationen oder Schneidetischaktionen, wo für den Kunden der Käse von einem Laib abgeschnitten werde.

Wachstum in gesättigten Märkten

Dass der Markt stärker bearbeitet werden müsse, betonte auch der niederländische Milchwirtschaftsexperte Mark Voorbergen. Der EU-Käsemarkt sei gesättigt, Wachstum somit kaum mehr möglich. Um die Verkäufe des Schweizer Käses weiter zu forcieren, müsse am Marktzugang gearbeitet werden. "Sie haben ein tolles Produkt mit einem einzigartigen Image", rief Voorbergen den Zuhörern in Erinnerung. Nun aber müsse man einen nächsten Schritt machen. Die Zusammenarbeit mit Detailhändlern müsse intensiviert werden, damit Schweizer Käse vermehrt in den ausländischen Verkaufsregalen anzutreffen sei.

Gilles Oberson, Geschäftsführer der Migros-Tochter Mifroma, sieht auch in gesättigten Märkten ein grosses Potenzial für Schweizer Käse. So liege der Marktanteil von Schweizer Käse in Frankreich unter einem Prozent. In höchstens jedem vierten Laden gebe es Schweizer Käse zu kaufen, in einzelnen Regionen hingegen gar nicht. Die Mifroma exportiere derzeit rund 6'500 Tonnen. Oberson glaubt, dass sich in Frankreich bis zu 15'000 Tonnen absetzen lassen. Dazu sei aber eine stärkere Marktbearbeitung nötig.

Sorgen bereiten Oberson die Jahr für Jahr zunehmenden Einfuhren. Gerade Lebensmittelindustrie und Gastronomie setzten auf importierten Käse. Da müsse die Schweizer Käsebranche etwas dagegen machen.

Käse: Mehr Exporte – mehr Importe

Die Käseexporte nahmen im 2011 gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Prozent auf 64'528 Tonnen zu. Zu den Gewinnern gehörten Spezialitäten-Käse. Deren Ausfuhren nahmen um rund 71 Prozent (+3'032 Tonnen) zu. Die Sortenkäse verloren hingegen an Boden. So schrumpften die Exporte des Appenzellers um 69 Tonnen (- 1,2 Prozent), des Emmentalers um 1'814 Tonnen (-9,4 Prozent) und diejenigen von Le Gruyère um 267 Tonnen (-2,2 Prozent). Dennoch blieben die grossen Sorten die Hauptabsatzträger.

Wie in den Vorjahren haben auch im 2011 die Importe zugelegt – um 4,3 Prozent auf 48'892 Tonnen. Im Jahr 2010 wurden 42 Prozent der 3,4 Mio. Tonnen Milch zu 181'329 Tonnen Käse verarbeitet. Davon wurde rund ein Drittel im Ausland verkauft.
(Text: LID / Michael Wahl)

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