Food aktuell
Varia
8.5.2012
Tilsiter-Verkäufe darben – was tun?

Seit Jahren leidet Tilsiter unter sinkenden Absatzzahlen. Mit einer neuen Marketing-Kampagne soll Gegensteuer gegeben werden.


Käsermeister Arnold Bänteli aus Herdern/TG gewann an der Olma 2011 den Publikumspreis für den besten Tilsiter des Jahres, den Meister-Tilsiter. Der prämierte, würzige Ostschweizer Käse wird aus Rohmilch hergestellt. Der MeisterTilsiter ist ein erstklassiger Schweizer Tilsiter, der jedes Jahr von Fachleuten und Konsumenten beurteilt wird. Aus den besten Käsereien werden fünf Finalisten ermittelt. Im 2011 waren es Arnold Bänteli, Käserei Schloss Herdern, Herdern TG; Michael Künzle, Käserei Mühlrüti, Mühlrüti SG; Paul Hug, Käserei Maseltrangen, Rufi SG; Roger Hug, Käserei Gupfen, Wiezikon bei Sirnach TG, und Thomas Manser, Käserei Bräägg, Bazenheid SG.

Im Januar war der Tilsiter fast täglich in den Medien vertreten, Grund war ein Produktionsstopp für den roten Rohmilch-Tilsiter aufgrund von Überkapazitäten bei Abnehmer Emmi. Mittlerweile wird der Käse wieder produziert und die Sortenorganisation Tilsiter will ihren Halbhartkäse offensiv bewerben.

Im Inland soll der Tilsiter auf zwei Ebenen unter dem Motto "Gut und günstig" positioniert werden, wie Bruno Buntschu, Geschäftsführer der Sortenorganisation Tilsiter, sagt. Dabei besteht einerseits eine sogenannte Leuchtturm-Ebene, auf der die höhere Preisklasse mit MeisterTilsiter und Bio AlpenlandTilsiter beworben wird.

Auf dieser Ebene stehe in der Werbung das Produkt im Mittelpunkt, wodurch das Image von Tilsiter gestärkt werden soll, so Buntschu. Im preislichen Mittelfeld kommen für den Roten und Grünen Tilsiter in der Werbung die bereits bekannte rote und grüne Kuh zum Zug. Deren Auftritt wird modernisiert und die Kühe werden in TV-Spots in verschiedenen Situationen des Lebens dargestellt, etwa auf einer Kunstvernissage oder auf einem Segelschiff.

Keine Tiefpreis-Linie

Ebenfalls in der Technischen Kommission der Sortenorganisation besprochen wurde die Einführung eines Tilsiter-Blockkäses als Tiefpreislinie, um Mengen zu halten. Diese Idee wurde dann aber zurückgestellt. "Es wurden Bedenken angebracht, dass diese Billig-Linie den Tilsiter im preislichen Mittelfeld konkurrenziert", sagt Bruno Buntschu zum Grund für den Verzicht. Ebenso verworfen wurde von der Technischen Kommission – dem Tilsiter-Vorstand – ein Vorschlag, der grössere strukturelle Änderungen vorsah, die unter anderem tiefere Sortenbeiträge zur Folge gehabt hätten.

Auch im Ausland wird das Marketing für Tilsiter angepasst. Der Schweizer AlpenTilsiter wird einem Relaunch unterzogen und mit einem neuen, goldenen Logo beworben. "Es ist wichtig, dass wir an der Theke auffallen", sagt Bruno Buntschu. Das englischsprachige "Switzerland" verschwindet aus der neuen Optik. Ein besonderer Fokus soll auf die natürliche Steinmehlrinde gelegt werden, die als "Geschmackstresor" angepriesen wird.

Am Verkaufspunkt beworben wird der neue AlpenTilsiter-Auftritt in Deutschland und Österreich erstmals von Juni bis Juli. Zudem gibt es bereits Ideen, wie man die Listungen in deutschen Supermärkten ausbauen könnte. So überlege man sich, in den Prepacking-Bereich mit bereits abgepacktem Käse einzusteigen, was aber eher als langfristiges Projekt anzusehen und zudem mit erheblichen Kosten verbunden sei, wie Bruno Buntschu sagt. (LID / Jonas Ingold)

Wo liegt Tilsit?

Tilsit liegt im Kanton Thurgau, wenn man die dortigen Käser fragt. Konkret: das Dorf Bissegg gilt als neue Heimat des Tilsiter. Der aus Russland stammende Käse hatte seinen Ursprung im gleichnamigen Dorf an der Grenze zu Litauen, das aber 1946 von der Landkarte getilgt wurde. Schweizer Auswanderer verbreiteten die Kunst des Käsens in vielen Ländern.

Von Tilsit kehrte der Thurgauer Otto Wartmann 1893 heim mit einem Käserezept. Er verfeinerte es auf dem Holzhof in Bissegg, Thurgau und verbesserte es. Auf dem Holzhof stellt heute die fünfte Generation der Familie Wartmann Tilsiter Switzerland her. Wie sie führen rund 30 Käsereien die Tradition des Tilsiter Switzerland fort. Die meisten sind Familienbetriebe zwischen Bodensee, Zürichsee und Säntis. (GB)

Grosse Differenzen bei Exportstatistik

Zwischen den Exportzahlen von Tilsiter und denjenigen der Oberzolldirektion (OZD) für das Jahr 2011 besteht eine erstaunliche Differenz: Während Tilsiter ein Minus von rund zehn Prozent verzeichnet, sieht die OZD ein Plus von fast zehn Prozent. Über die Gründe wird spekuliert, Abklärungen dazu laufen. Möglich ist, dass Käse, der früher zu Tilsiter gehörte, nun aber nicht mehr über die Sortenorganisation abgerechnet wird, weiterhin in der Statistik der OZD erscheint, nicht mehr aber in derjenigen der Sortenorganisation.

So wird etwa der Diabolo Rohmilchkäse der Käserei Lustenberger neuerdings nicht mehr als Tilsiter geführt, d.h. es werden weder Sortenbeiträge bezahlt, noch wird ein Exportbeitrag ausbezahlt. Dasselbe gilt für den Echten Thurgauer der Käserei Raehm. Diese Käse werden weiterhin produziert und exportiert, sind aber effektiv keine Tilsiter mehr.

Zudem munkelt man in der Branche, dass gewisse Handelsfirmen "übrigen Halbhartkäse" bei ihren Käsereien produzieren lassen, einen Teil unter einem speziellen Markennamen verkauft, ein anderer Teil dann aber gewaschen und konfektioniert wird und als AlpenTilsiter in den Export geht – ohne dass Sortenbeiträge bezahlt werden. (LID / Jonas Ingold)

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